Krefeld Angeln am Rhein - immer ein Erlebnis

Krefeld · "Bis auf den Aal kann man alle Fische aus dem Rhein bedenkenlos essen", sagt Uwe Ludwig. Der Kaarster ist Fischereiaufseher der Rheinfischereigesellschaft und Mitglied im Krefelder Angelsportverein.

 Uwe Ludwig, Mitglied im Krefelder Angelsportverein, ist als Fischereiaufseher der Rheinfischereigesellschaft für Neuss bestellt, und überdies hinaus war er bis vor Kurzem auch noch Referent für Umwelt- und Gewässerfragen.

Uwe Ludwig, Mitglied im Krefelder Angelsportverein, ist als Fischereiaufseher der Rheinfischereigesellschaft für Neuss bestellt, und überdies hinaus war er bis vor Kurzem auch noch Referent für Umwelt- und Gewässerfragen.

Foto: UL

"Der Fisch aus dem Rhein war schon seit Jahrzehnten nicht mehr so gut wie momentan." Derjenige, der das sagt, ohne dabei rot zu werden, muss es wissen. Uwe Ludwig, Mitglied im Krefelder Angelsportverein, ist als Fischereiaufseher der Rheinfischereigesellschaft für Neuss bestellt, und überdies war er bis vor Kurzem auch noch der Referent für Umwelt- und Gewässerfragen in den Diensten des Rheinischen Fischereiverbandes von 1880 mit Sitz in Sankt Augustin. Darum angelt er auch im Rheinabschnitt vor Krefeld, und er würde diese Stelle um nichts in der Welt eintauschen wollen. "Es gibt kaum einen Ort, wo es spannender ist zu fischen, als im Rhein", sagt er.

Fluss ist eben nicht gleich Fluss, und gerade der Rhein birgt Geheimnisse. "Du weißt nie genau, was du am Haken hast", sagt Ludwig, "weil immer wieder neue Fischarten anbeißen, von denen man dachte, sie würde es hier nicht mehr geben." Eine Flunder habe er beispielsweise einmal am Haken gehabt. Die galt hier jahrelang als höchst selten, ist aber inzwischen wieder häufiger gefangen worden.

Das Auf und Ab beim Vorkommen an Lebewesen im Rhein ist keine Seltenheit. Die Population der Chinesischen Wollhandkrabbe, die Anfang des 20. Jahrhunderts vermutlich als Larve mit dem Ballastwasser von Handelsschiffen aus dem Reich der Mitte nach Europa eingeschleppt wurde, hat sich zunächst rasch im Rhein verbreitet und ist zur regelrechten Plage geworden. Heute ist der Bestand wieder stark zurückgegangen. Dafür hat sich die Schwarzmaul-Grundel stark vermehrt. Das wiederum freut Barsche und Zander, weil die gerne jene Grundeln fressen - obschon sie sich manchmal die Zähne daran ausbeißen. "Der Zander stößt von oben auf die Grundel herab, und manchmal bricht er sich dann an den Steinen am Grund einen Zahn ab", erläutert Ludwig. Über 40 Fischarten sind inzwischen heimisch im Rhein - auch ein Zeichen für die wieder gute Qualität des Wassers. Der Maifisch etwa, der früher im Rhein weit verbreitet und dann fast ausgestorben war, ist vor einigen Jahren zurückgekehrt. Neuester Heimkehrer ist der Nordseeschnäpel, der zuletzt Rudi Hell am Ufer vor Grieth ins Netz seines bis ins 19. Jahrhundert gebräuchlichen niederländischen Schiffstyp Aalschokker namens Anita II gegangen war. Hell, 79 Jahre alt, gilt übrigens als letzter Aalfänger in NRW und deshalb als regelrechte Berühmtheit, so dass sogar schon ein japanisches Fernsehteam über ihn berichtet hat - aber das nur am Rande.

In Koblenz gibt es vielversprechende Ansiedlungsprogramme für den Lachs, der allmählich den Weg zurück in den Rhein findet. Gleiches gilt für den Wolfsbarsch, der schon im römischen Reich ein beliebter Speisefisch war und heute unter dem Namen "Loup de Mer" (obschon das wörtlich eigentlich Seewolf heißt) in der Küchensprache bekannt ist. Allerdings: Solch einen Brocken an die Rute zu bekommen, ist mit viel Glück verbunden. Krefeld gilt in Sachen Angeln als Brassen- und Barben-Region. Darum baumeln hier meistens Rotaugen oder Brassen am Haken. Letztgenannte sind bei Fischessern nicht immer gut gelitten, haben sie doch ziemlich viele Gräten. "Darum werden sie oft für Frikadellen verwendet oder kommen durch eine Grätenschneidemaschine, so dass sie filetiert werden", sagt Uwe Ludwig. Außerdem gilt Krefeld, beziehungsweise der Bereich der Flachwasserzonen des Gebietes der Spey als Hechtrevier - die Gegend dort ist allerdings Naturschutzgebiet. Was sich in den vergangenen Jahren nicht verändert hat, ist ein weitere Punkt, der für das Angeln am Rhein spricht: der Schiffsverkehr. "Die Schiffe als Hintergrund beim Angeln zu haben, ist schon spektakulär", sagt Ludwig. Die Fische lassen sich übrigens von den vorbeifahrenden Pötten, selbst von den Partyschiffen, nicht mehr beeinflussen. "Die kennen das ja gar nicht anders."

Dennoch hat der Hobbyangler eine Veränderung im Wesen der Fische ausgemacht: Sie verlegen ihre Beutezüge immer mehr in die Abendstunden hinein, wenn's also draußen dunkler ist. Das hat nichts mit dem Schiffsverkehr am Tag zu tun, sondern mit ihren Feinden. "Im Krefelder Sporthafen sitzen jeden Morgen bis zu 400 Kormorane und lauern auf Beute", sagt Ludwig. Je dunkler es wird, desto mehr Schutz haben die Fische also, um sich vor den Vögeln zu verstecken. Das klappt allerdings nicht immer. Häufig zieht Ludwig Fische aus dem Wasser die auf dem Rücken Bissspuren von Vogelschnäbeln aufweisen.

Wer nun selbst Angeln möchte (und über die entsprechenden Lizenzen verfügt), dem rät Uwe Ludwig, es in den Einfahrten zu den Häfen zu probieren. Denn dort trifft das wärmere Wasser aus dem Hafen auf das kältere direkt aus den Fluss, und durch die Wasserverwirbelung sammelt sich dort häufig Futter an. "Darum sind die Einmündungen dann häufig Rückzugsgebiete für den Zander, der hier seine Beute findet." Für den wiederum es es sogar von Nachteil, dass der Rhein wieder sauberer wird: Den beliebten Speisefisch zieht für gewöhnlich die trüberen Gewässer vor.

Apropos Essen: Einen Fisch, so empfiehlt nicht nur Ludwig, sondern auch der Gesetzgeber, sollte man besser nicht aus dem Rhein essen: den Aal. "Der Aal durchwühlt den Boden auf der Suche nach Nahrung. Dadurch nimmt er die Schwermetalle auf, die dort vor allem nach den Chemieunfällen in den achtziger Jahren immer noch angelagert sind, und reichert sie in seinem eigenen Fett an. Sie sind häufig mit Dioxin belastet, darum sollte man sie nicht essen", erläutert der Experte. "Aber sonst sind alle Fische wieder genießbar."

(RP)
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