Krefeld Auf ein Wegbier mit der Kebekus

Krefeld · Carolin Kebekus ist gut am Glas. Daraus macht sie kein Geheimnis. "Man muss seine Potenziale kennen", findet sie. Bei ihren Auftritten in München, da wüssten sie nicht einmal, was ein Wegbier ist. Dabei sei das der einzige Wunsch auf ihrer Liste "Was die Prinzessin backstage braucht."

 Carolin Kebekus ist die Frau mit den Dutzenden Stimmen, die nicht nur gut am Mikro ist, sondern auch am Glas, wie sie selbst sagt.

Carolin Kebekus ist die Frau mit den Dutzenden Stimmen, die nicht nur gut am Mikro ist, sondern auch am Glas, wie sie selbst sagt.

Foto: Lothar Strücken

In Krefeld aber versteht das Publikum: Ein Wegbier, das ist ein Bier für den Weg. Das sagt ja schon der Name. Und nach zweieinhalb Stunden Show im ausverkauften Königpalast würde man genau das gerne mal mit ihr trinken, mit ihr um die Häuser ziehen, während sie dabei über proseccoschlürfende Hungerhaken herzieht, die nach zwei Wochen Essens-Abstinenz "mal an einer Erbse riechen".

Nach Krefeld komme sie gerne: "Das sage ich überall, aber da lüge ich!", sagt sie. Als beim Thema Karneval das Publikum "Krefeld Helau" ruft, erwägt die Kölnerin kurz, die Bühne zu verlassen. Doch dann sagt sie: "Alaaf ist wie das Amen in der Kirche, aber Helau ist auch noch okay, das ist so wie evangelisch sein." Nach ihrer neuen Show "Alpha Pussy" geht man mit Gesichtsmuskelkater nach Hause, ausgelöst von lautem Lachen, von verschämtem Kichern und von schmerzverzerrten Grimassen während Ausführungen, von denen man sich wünschte, sie wären hinter Schlafzimmertüren und Badezimmertüren verschlossen geblieben.

Hemmungen hat die "Alpha Pussy" aus Köln-Ostheim keine. Tabu-Themen gibt es nicht, alle bekommen ihr Fett weg. Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker für ihre Armlängenabstands-Empfehlung nach der Silvesternacht. Die Kirche. Veganer. Youtube-Blogger. Innenminister Thomas De Maizière: "Der Mann weiß, wie man Panik verhindert." Und Helene Fischer ganz besonders: "Ich hab Angst vor der. Die ist überall. Wir müssen endlich aufwachen!" Die beiden werden wohl keine Freundinnen mehr. Manches ist politisch. Manches ist ernst und auch selbstkritisch. Kebekus klagt den "Gender Pay Gap" an, der von der Gesellschaft hingenommen würde. Sie sagt, Humor sei der einzige Weg mit der allgegenwärtigen Angst vor dem Terror umzugehen; kritisiert auch ihre eigene Mediennutzung. Sie sei da abgestumpft, immer auf der Suche nach den krassesten Bildern, wenn eine Bombe fällt, will sie am liebsten Blut sehen, wackelige Bilder auf Youtube vom Ort des Geschehens. Bilder in der Tagesschau, auf denen man aus kilometerweiter Entfernung irgendwo am Horizont ein paar Rauchschwaden erkennen kann? "Laaangweilig!" Die Höhepunkte der Show sind aber die kleinen Alltagsgeschichten, die Einblicke in das Familienleben der Kebekusses. Wenn die Comedian vom Tatortgucken mit ihrer Mutter erzählt, die das alles so spannend findet, dass sie mit kölsch-schlesischem Dialekt von der ersten Minute an jeden Schritt des Kommissars hinterfragt, den Mörder durch die Mattscheibe vom tödlichen Schuss abzuhalten versucht und von ihrer Tochter hellseherische Fähigkeiten fordert, ist das zum Schreien komisch.

Und wenn sie erzählt, dass sie es zwar liebt, wenn ihre Mutter ihr Essen in Tupperdosen mitgibt, es danach aber drei Wochen lang kein anderes Thema als eben diese Dose mehr gibt: "Schatz, denkst du an die Tupperdose? Warum hast du den Deckel nicht mitgebracht? Ich könnte wahrscheinlich sterbenskrank im Krankenhaus liegen und meine Mutter würde sagen `Gute Besserung Schatz, aber du denkst an die Dose, oder?`", dann ist das Gelächter der 6500 Zuschauer groß.

"Diese Mama Kebekus, ist die mit meiner verwandt?", fragen sich wohl viele. Carolin Kebekus zeigt sich voller Energie, jede Bewegung sitzt, jeder Gesichtsausdruck passt. Sie ist die Frau mit Dutzenden Stimmen, dabei hat sie die Youtube-Bloggerin, die in Tutorials Produkte empfiehlt wie eine "fünfzigjährige Douglas-Henne" genauso drauf wie den rauen Macker in der Disco. Wenn ein Witz mal unter die Gürtellinie geht, kommt danach garantiert einer, über den man wieder laut lachen kann. Und wenn sie zum Finale ihre "Helau"-Version von Adeles Hit "Hello" zum Besten gibt, weiß man: Kebekus ist nicht nur gut am Glas, sondern auch am Mikro.

(tak)
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