Krefeld Außergewöhnliche Tanzperformance am Stadtwaldweiher

Krefeld · Der Krefelder Stadtwaldweiher war Kulisse für das Stück "Wahrscheinlich Wintermond". Künstler Andreas Simon tanzte auf einem Ponton im See – und zwar völlig ohne Musik.

Der Krefelder Stadtwaldweiher war Kulisse für das Stück "Wahrscheinlich Wintermond". Künstler Andreas Simon tanzte auf einem Ponton im See — und zwar völlig ohne Musik.

Keine Musik. Die Tanzperformance von Andreas Simon auf einem Ponton im Stadtwaldweiher in Krefeld ist einzig untermalt vom Plätschern des Wassers. Und von gelegentlichen Zwischenrufen der Zuschauer, die zu Hunderten ans Ufer des Sees gepilgert sind, um das außergewöhnliche Spektakel zu verfolgen. Dann sind da noch die wilden Schreie des Tänzers selbst. Der unvermittelt losbrüllt, sich wälzt, urtümlich stöhnt und schnauft. Dann wieder nur still hin- und hergeht mit ruhigen Bewegungen, die sich im Wasser spiegeln. Ein Gesamtkunstwerk — "Wahrscheinlich Wintermond" ist eine Herausforderung für Kultur-Ungeübte.

Die Zuschauer aber sind geduldig. Verfolgen verwundert und neugierig den Auftritt des Tänzers. Bejubeln dankbar jeden Moment der Performance, in dem mehr zu sehen ist, als zeitlupenartige Bewegungen. Simon verlangt dem Publikum in dieser Hinsicht einiges ab. Seine Bewegungen, eine Choreografie von Sabine Seume übrigens, sind über weite Strecken des 45-minütigen Auftritts unendlich langsam, erinnern an das chinesische Schattenboxen Tai Chi. Die Körperbeherrschung des 52-Jährigen ist phänomenal, aber gleichzeitig auch strapaziös anzusehen. Geduld ist gefragt. Nicht jeder hat sie. Noch vor Ende der Veranstaltung sind die meisten Zuschauer gegangen.

Mit einem Boot rudert Simon um kurz vor 22 Uhr hinüber zum Ponton. Die Ufer des Stadtwald-Weihers sind zu diesem Zeitpunkt gut besucht. Viele haben sich Picknickkörbe oder mindestens eine Sitzgelegenheit mitgebracht und es sich auf der Wiese vor dem schön beleuchteten Stadtwaldhaus gemütlich gemacht, entschlossen, das Spektakel zu genießen. Neben dem Deuß-Tempel sind weiße Klappstühle aufgestellt. Auch der Tempel selbst ist beleuchtet, dazu Vollmond. Eine großartige Kulisse für den Auftritt. Dennoch verschwindet der Ponton langsam in der Dunkelheit. Simon zelebriert das Entzünden der am schwimmenden Steg installierten Leuchten bereits als Teil seiner Darbietung. Danach passiert erst mal wenig. Der Tänzer bewegt sich minimalistisch, geht von einer Seite zur anderen und wieder zurück. Balanciert auf einem Bein, reckt und streckt sich auf dem Boden, kriecht wie ein Tier — das alles in der Stille, denn: keine Musik. Dafür aber viel Raum für Interpretation.

Ein schöner Effekt ist die Spiegelung des Künstlers im Wasser. Das wenige Licht ist geschickt eingesetzt, um jede Bewegung auf der glatten Seeoberfläche wiederzugeben. Jubel brandet auf, als der Tänzer plötzlich unter wildem Geschrei über den Ponton rennt, sich hinwirft, windet — endlich ein bisschen Action. Dann wieder steht Simon am Rand der Plattform, blickt bewegungslos episch in die Ferne. Vom Uferrand ruft jemand: "Spring!". Gelächter. "Ich liebe dich", ruft der Künstler später in die Dunkelheit und irgendwer am Ufer antwortet. Was, ist nicht zu verstehen. Simon bringt den Ponton zum Schwingen, tolle Lichteffekte flackern über das Wellen schlagende Wasser. Dann wieder episches Gehen von rechts nach links und retour. In der Stille. Keine Musik.

(cpu)
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