Krefeld BayTreff-Abriss: Stadt prüft vorher den Denkmalwert

Krefeld · Das 4000 Quadratmeter große Grundstück an der Duisburger Straße beherbergt ein Stück Uerdinger Industriegeschichte. 1895 eröffnete dort die Kathreiner Malzkaffee Fabrik, die in der Spitze 500 Menschen beschäftigte. Heute ist die Liegenschaft im Eigentum der Covestro AG, die angekündigt hat, den Komplex (Stichwort BayTreff) abreißen zu wollen. Ehe die Stadt dazu die Genehmigung erteilt, will sie den Denkmalwert der historischen Gebäude prüfen.

Malzkaffeefabrik: Stadt prüft Denkmalwert
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Noch liegt der Stadtverwaltung kein Antrag für eine Abriss- oder eine Baugenehmigung für das Grundstück in Uerdingen an der Duisburger Straße 42 vor. Stadtsprecher Dirk Senger erklärte auf Anfrage unserer Zeitung, dass die historischen Gebäude dort bislang nicht unter Denkmalschutz stünden. "Bei einem Abrissantrag würde aber eine Prüfung erfolgen", erklärte er weiter. Die Covestro AG als Eigentümer des 4000 Quadratmeter großen Areals hat ihre Absicht öffentlich gemacht, das Grundstück freizuräumen und eine neue Nutzung zu prüfen. Derzeit seien die Experten dort mit der Klärung baurechtlicher Fragen beschäftigt, teilte ein Sprecher mit.

Mit der Ankündigung des Abrisses des so genannten BayTreffs und weiterer Gebäude geht der Auszug zahlreicher Vereine und Gruppen wie der Foto-Film-Club, der Schachklub, der Briefmarken- Sammlerverein, die Sängervereinigung, das Akkordeon-Orchester, das Symphonie-Orchester und die Laienspielgruppe einher. Auch die Eingliederungswerkstatt muss dort ihre Pforten schließen (wir berichteten) und sucht nach einem neunen Quartier.

Dass mit der Stadt Krefeld in Sachen Denkmalschutz nicht gut Kirschen essen ist, musste Covestro bereits leidvoll erfahren. Wie viele andere Liegenschaften hat Covestro nach der Ausgliederung aus dem Bayer-Konzern zum 1. September 2015 auch das Kasino am Rheinufer übernommen. Das Bauwerk steht in der Denkmalliste der Stadt Krefeld, die aus diesem Grund auch eine Abrissgenehmigung verweigerte und vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf im Sommer 2016 Recht bekam.

Ob die ehemalige Kathreiner Malzkaffeefabrik in Uerdingen aus dem Jahr 1895 einen Denkmalwert besitzt, bleibt einer Prüfung der Fachbehörde überlassen. Die Geschichte des Unternehmens Kathreiner und dessen Markenprodukte Caro-Kaffee und Kneippscher Malzkaffee in ganz Deutschland Berühmtheit erlangten.

Die Geschichte des Unternehmens begann schon vor fast 200 Jahren. 1829 gründete der Münchener Kaufmann Franz Kathreiner nach seiner Dienstzeit als Königlich Bayerischer Feldwebel einen Betrieb, der sich auf die Herstellung von Brennöl spezialisierte und ein Jahrzehnt später als Kolonialwarenhandlung betrieben wurde. In der Folge wechselten die Eigentümer. Darunter ein Geheimer Kommerzienrat, dessen Mutter aus dem Hause des Porzellanfabrikanten Karl Hutschenreuther stammte. Vor dem Ersten Weltkrieg galt das Unternehmen als größtes Kolonialwarengeschäft Deutschlands. Nach dem Krieg wurde es eine Aktiengesellschaft. Die Malzkaffee-Fabrik fusionierte mit einer Firma aus Ludwigsburg und setzte mit ihrem im Volksmund Muckefuck genannten Kaffeeersatz aus Gerste, Roggen und Zichorie ihre Erfolgsgeschichte fort. Die blaue Kathreiner-Packung mit dem Bild des Pfarrers Kneipp ist gleichsam eine der ersten Markenartikel in Deutschland. Die Gerichte beschäftigten sich schon 1895 mit Plagiaten und untersagten der Konkurrenz, ihre Produkte als Kneippschen Malzkaffee anzubieten und zu verkaufen.

Kathreiner expan- dierte. Der rheinische Ableger erfolgte 1895 mit der Eröffnung der Malzkaffeefabrik in Uerdingen. Erst danach entstanden weitere Produktionsbetriebe in Frankfurt an der Oder (1906), Rüppur bei Karlsruhe (1906) und Magdeburg (1909). Kurze Zeit später verfügte die Firma über acht Produktionsstätten im In- und Ausland. Wegen der Anlieferung der Rohstoffe in großen Mengen erfolgten die Ansiedlungen in einem Hafengebiet oder zumindest in deren Nähe wie in Uerdingen am Rhein. Die Kompagnons des Hauses Kathreiner wurden zu dieser Zeit zu Hoflieferanten "Seiner Heiligkeit des Papstes Pius X. und der Heiligen Apostolischen Päpste" ernannt. In Krefeld-Uerdingen ging es hingegen weniger exklusiv zu. Die bis zu 500 Beschäftigten mussten Tag für Tag kräftig in die Hände spucken, um der Nachfrage gerecht zu werden. 1976 wurde der Betrieb in Uerdingen offiziell geschlossen.

Die Kathreiner AG als Muttergesellschaft setzte ihre Tätigkeit bis Ende der 1990er Jahre fort. Nach dem Mauerfall expandierte sie mit SB-Warenhäusern, Supermärkten und Baumärkten vor allem in den Neuen Bundesländern und machte einen Umsatz von mehr als zwei Milliarden Euro. Doch das Glück währte nicht lange. Der Konkurrenzkampf zwang die Kathreiner AG letztlich in die Knie. Viele Märkte wurden von Lidl, Spar und Tengelmann übernommen. Die Produktion des Malzkaffees hat Nestlé übernommen und stellt den Caro Landkaffee noch heute her.

(sti)
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