Krefeld Bei Schmerzen immer sofort handeln

Krefeld · Unspezifische Rückenschmerzen sind die häufigsten Leiden der Deutschen. Experten des Alexianer-Krankenhauses raten, Schmerz abklären zu lassen, gleich zu behandeln und geben Tipps für das Leben mit chronischem Schmerz.

 Schmerzsprechstunde am Newsdesk der Rheinischen Post: (v.l.) Sandra Köhler, Dr. Helmut Eich, Dr. Kai Engelbrecht, Prof. Hans-Jürgen von Giesen und Veronika Malinowski beantworten Leserfragen.

Schmerzsprechstunde am Newsdesk der Rheinischen Post: (v.l.) Sandra Köhler, Dr. Helmut Eich, Dr. Kai Engelbrecht, Prof. Hans-Jürgen von Giesen und Veronika Malinowski beantworten Leserfragen.

Foto: Thomas Lammertz

Die Arbeit im Garten war ungewohnt. Am nächsten Tag rächte sich das. Die Hexe hatte auf den Lendenwirbelbereich geschossen: Bewegungsfreiheit extrem eingeschränkt; Schmerzen: hartnäckig; Lebensgefühl: um Jahrzehnte gealtert. Die Situation kennen viele. Aber wie geht man damit um? Hilft Wärme? Schonung? Ein Schmerzmittel?

Zum Thema "Schmerz" antworteten gestern fünf Experten der Alexianer GmbH Krefeld und Tönisvorst am Redaktionstelefon auf alle Fragen rund um den Schmerz: Prof. Dr. Hans-Jürgen von Giesen, Facharzt für Neurologie und Neurologische Intensivmedizin, Spezielle Schmerztherapie, Psychotherapie und Chefarzt der Klinik für Neurologie, Dr. Kai Engelbrecht, Facharzt für Anästhesie, Spezielle Anästhesiologische Intensivmedizin, Spezielle Schmerztherapie, Rettungsmedizin und Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Dr. Helmut Eich, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Spezielle Schmerztherapie und Chefarzt der Klinik für Abhängigkeitserkrankungen, Sandra Köhler, Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Oberärztin der Klinik für Orthopädie und Veronika Malinowski, Diplom-Psychologin der Klinik für Neurologie.

Rückenschmerzen

Etwa ein Drittel aller Menschen mit chronischen Schmerzen leiden unter ihrem Rücken. Bei fast 90 Prozent sind es unspezifische Rückenschmerzen. Das bedeutet, es sind keine somatischen, also körperlichen, Ursachen die Auslöser. Stress, Trauma und Depression äußern sich oft in Verspannungen und Blockaden. "Was viele dann falsch machen: Sie nehmen eine Schonhaltung ein", sagt von Giesen. Dabei ist Bewegung wichtig, damit sich die Muskulatur nicht verkrampft. Alles, was entspannt, tut gut: Bewegung, aber auch Akupunktur, Yoga und Pilates, die die Tiefenmuskulatur stärken sowie Spannungsübungen, die in vielen Sportstudios bereits angeboten werden.

Hexenschuss

Er ist die Folge einer falschen Bewegung. Eine Drehung, die noch mit Heben von schweren Gegenständen begleitet wird, oder der falsche Winkel bei Aussteigen aus dem Auto genügt - schon zieht es im Rücken. Dann hilft die feuchte Wärme einer Wärmflasche. Und die Experten raten: Sofort zum Orthopäden oder Chiropraktiker: Mit dem richtigen Griff und einer entsprechenden Übung lässt sich verhindern, dass sich die Gelenke verschieben und die Sache langwierig wird. "Man sollte auch gleich ein Schmerzmittel einnehmen, um Schonhaltung zu vermeiden und damit die Sache zu verschlimmern", sagt Köhler.

Kopfschmerz/Migräne

Migräne ist ein vaskulärer Kopfschmerz, das heißt: Er wird über die Gefäße an die Rezeptoren vermittelt. Wie Migräne entsteht, ist klar, aber was sie auslöst, ist noch nicht erforscht. Auch hier raten die Experten, besser frühzeitig Schmerzmittel einzunehmen, als später zu starken Wirkstoffen zu greifen. "Ein regelhaftes Einnahmeschema ist wichtig", sagt von Giesen. Schmerzgedächtnis

Um chronischem Leiden vorzubeigen raten die Ärzte, bei akuten Schmerzen besser "kurz hoch dosiert" Schmerzmittel einzunehmen und schnell wieder auszuleiten, als sich "lange über Wasser zu halten". "Der Körper hat ein Schmerzgedächtnis", so von Giesen. Und daher steigert er die Schmerzschwelle.

Chronische Schmerzen

Sie müssen komplex abgeklärt werden. Nicht immer kann absolute Schmerzfreiheit das Ziel sein. "Wenn die Schmerzen auf die Hälfte oder ein Drittel reduziert werden, steigert das die Lebensqualität sehr", sagt Malikowski. Die Furcht vor dem Schmerz, Stress und die Angst, es müsse eine schwere Krankheit dahinter stecken, bilden einen Teufelskreis. Den Ausweg bahnt eine mulimodale Therapie: Medikamente, Schmerzverarbeitung, Aktivierung und Bewegung und - je nach Erkrankung - Operation. "Wichtig ist, nicht in Fatalismus zu verfallen", sagt Engelbrecht.

Abhängigkeit

Viele Patienten schlucken über lange Zeit Schmerzmittel. "Auch Morphine werden heute gerade bei Rückenschmerzen oft verschrieben", berichtet Eich. Mit Folgen: "Irgendwann wirken sie nicht mehr. Und die Schmerzen, die der Patient spürt, sind eigentlich Entzugssymptome." Dann steht vor der Behandlung die Entgiftung.

(RP)
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