Kommunalwahl in Krefeld Bezirksvertreter — die unterschätzte Gewalt

Krefeld · Bei der Kommunalwahl am 25. Mai werden auch die neun Krefelder Bezirksvertretungen gewählt. Mit Elmar Jakubowski (CDU) und Doris Nottebohm (SPD) berichten ein dienstältester und die dienstjüngste Vorsitzende über das Amt.

 Doris Nottebohm (SPD) auf der Empore über dem schmucken Sitzungssaal des Rathauses Fischeln: „Wir sehen unsere Anliegen als Vertreter unseres Bezirks“, sagt die SPD-Frau.

Doris Nottebohm (SPD) auf der Empore über dem schmucken Sitzungssaal des Rathauses Fischeln: „Wir sehen unsere Anliegen als Vertreter unseres Bezirks“, sagt die SPD-Frau.

Foto: Thomas Lammertz

Elmar Jakubowski (CDU)

Elmar Jakubowski ist seit 44 Jahren Mitglied der Bezirksvertretung Uerdingen und damit dienstältestes Mitglied eines solchen Gremiums in Krefeld. Seit 15 Jahren ist er Bezirksvorsteher und gehört auch als solcher zu den dienstältesten der Stadt. "Die Bezirksvertretungen werden in ihrer Bedeutung unterschätzt; ihre Kompetenzen werden nicht so ausgeschöpft, wie es die Ortssatzung vorsieht; sie könnten grundsätzlich viel mehr Einfluss auf Entscheidungsfindungen der Stadt nehmen", sagt der 72-jährige CDU-Politiker.

 Elmar Jakubowski (CDU), Bezirksvorsteher und Vorsitzender des Uerdinger Heimatbunds, im Brempter Hof.

Elmar Jakubowski (CDU), Bezirksvorsteher und Vorsitzender des Uerdinger Heimatbunds, im Brempter Hof.

Foto: Bastian Königs

Die Bezirksvertretung hat Entscheidungen in allen Angelegenheiten zu treffen, die für den Stadtbezirk bedeutsam sind. "Wenn die Bezirksvertretung Entscheidungsrechte hat, sind sie bedeutsamer als die Entscheidungsrechte der Fachausschüsse", betont Jakubowski, stellt aber auch sogleich fest, dass die Bezirksvertretung kein Haushaltsrecht hat.

Besonders wichtig sind dem gebürtigen Uerdinger zwei Aspekte: Erstens, dass die Pflege des Ortsbilds der Bezirksvertretung obliegt. "Das bezieht sich nicht nur auf das Aufstellen von Brunnen und Denkmälern, sondern auf alle Baumaßnahmen, die für das Ortsbild prägend sind. Die Bezirksvertretung kann sogar die Reihenfolge von Baumaßnahmen festlegen, beispielsweise welche Straße wann saniert wird. Und sie hat, was oft vergessen wird, auch bei der Gestaltung von Fußgängerzonen mit zu entscheiden."

Zum Zweiten betont Jakubowski, der auch Vorsitzender des Heimatvereins ist, die Aufgabe der Bezirksvertretung, sich um die Unterstützung der örtlichen Vereine und um kulturelle Angelegenheiten wie Brauchtum und Heimatpflege zu kümmern.

Der Bezirksvorsteher wird von der Bezirksvertretung in der ersten Sitzung ohne Aussprache gewählt. Er leitet die Sitzungen und stellt die Tagesordnung auf. Er hat in bezirksbezogenen Angelegenheiten Rederecht in den Fachausschüssen und im Rat. Umgekehrt kann der Vorsteher auf Beschluss der Bezirksvertretung den Oberbürgermeister auffordern, an einer Sitzung der Bezirksvertretung teilzunehmen; "und das müsste der dann auch tun", erklärt Jakubowski zur Bedeutung des Bezirksvorsteheramts.

"Die Arbeit in der Bezirksvertretung Uerdingen sehen wir fraktionsübergreifend im gemeinsamen Handeln und Auftreten gegenüber dem Stadtrat; wir setzten uns zusammen und suchen nach der vernünftigsten Lösung, wobei es natürlich immer wieder zu Kompromissen kommt", sagt der Bezirksvorsteher. "Dabei können unsere Fraktionen im Rat das ein oder andere schon mal anders sehen als wir in Uerdingen." Er und der SPD-Fraktionssprecher in der Bezirksvertretung, der Uerdinger Jürgen Hengst, seien unlängst von SPD-Fraktionschef Uli Hahnen sogar als Kuschelbrüder bezeichnet worden.

Rheindeichsanierung und Tunneldurchstich, die Sanierung des Marktplatzes und der Abriss des Bunkers auf dem Röttgen sind Ergebnisse solcher Uerdinger Zusammenarbeit. "In allen Angelegenheiten legen wir Wert darauf, die Ratsfraktionen davon zu überzeugen, was wir für richtig halten", sagt der Bezirksvorsteher. Schließlich liegen die Entscheidungen letztlich immer beim Rat — auch gegen Beschlüsse der Bezirksvertretungen und der Ausschüsse. "Etwas gegen den Rat durchsetzen zu wollen, ist, als ob man in einen Pudding greift", formuliert Jakubowski schmunzelnd.

Die wichtigesten aktuellen Maßnahmen in Uerdingen sind die Rheinfront mit dem Projekt Rheinblick, die Wiederbelebung des Bahnhofs sowie die Attraktivierung der Fußgängerzone, insbesondere der Oberstraße. Zurzeit, so Jakubowski, sammelt die Bezirksvertetung Erfahrungen anderer Städte mit der Aufwertung problematischer Fußgängerzonen.

Die Heimatkunde und -pflege bezeichnet der Bezirksvorsteher als sein liebstes Hobby. Wenn es die Zeit außerhalb des politischen Engagements zulässt, liest, schwimmt und wandert der ehemalige Leitende Gesamtschuldirektor gern. Ob sich das Zeitpendel künftig zugunsten seiner Freizeit neigt, ist äußerst fraglich. Denn für eine Wiederwahl als Bezirksvorsteher steht der 72-jährige Berufs-Uerdinger wieder zur Verfügung.

Doris Nottebohm (SPD)

Doris Nottebohm hat jetzt die erste fünfjährige Wahlperiode als Fischelner Bezirksvorsteherin hinter sich und ist damit in Krefeld die dienstjüngste Inhaberin eines solchen Amts. "Die Besonderheit in Fischeln ist, dass wir zum ersten Mal eine Koalition gebildet haben — mit den Grünen und dem Bezirksvertreter der Linken", sagt die 61-jährige SPD-Politikerin.

Bevor sie in dieses Amt gewählt wurde, war sie Sprecherin der SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung Fischeln. "An mein neues Amt musste ich mich erst einmal gewöhnen und mir anfangs sagen lassen, dass ich in meiner neuen Position moderierende Funktion habe", sagt die gebürtige Oberhausenerin, die vor 30 Jahren nach Fischeln gezogen ist.

"Wichtig ist uns allen, dass wir nach Ausdiskutieren unterschiedlicher Meinungen die Fischelner Interessen vertreten", betont Nottebohm. Dabei habe sie häufig das Gefühl gehabt, dass Vorstellungen ihrer Bezirksvertretung in den Ausschüssen und im Stadtrat anders gesehen würden. "Wir sehen unsere Anliegen als Vertreter unseres Bezirks, während sie von den Kollegen im Rat aus gesamtstädtischer und ihrer fachspezifischen Sicht, beispielsweise als Mitglied des Regionalrats, gesehen werden."

"Ich wünschte mir, dass Fischeln im Stadtrat eine größere Lobby hätte. Schließlich trägt Fischeln Verantwortung für ganz Krefeld, weil hier nicht nur landwirtschaftliche Flächen für Logistikunternehmen, sondern im Südwesten und östlich der K-Bahn-Trasse auch Wohnbauflächen ausgewiesen werden, damit Krefeld seine 230 000 Einwohner halten kann." Gerade letztgenanntes Areal will die Fischelner Bezirksvertretung als Naherholungsfläche und zum Schutz von Flora, Fauna und Bodendenkmälern freihalten, erklärt Nottebohm, die seit 40 Jahren im Umweltschutz aktiv und Vorsitzende des Fördervereins Fischelner Bruch ist.

Nottebohm beklagt, dass die Bezirksvertretung zwar Straßen benennen und ähnliche bezirksbezogenen Dinge beschließen, Entscheidungen zu drängenden Fragen im Stadtbezirk aber nur zur Kenntnis nehmen dürfe. "Ich würde der Bezirksvertretung schon mehr Kompetenzen wünschen", sagt die SPD-Politikerin.

Die Kölner Straße ist eine dieser drängenden Fragen. "Für die nun endlich für das nächste Jahr avisierte Sanierung haben wir in der Bezirksvertretung seit zehn Jahren die entsprechenden Anträge gestellt, die von Rat und Verwaltung aber immer mit dem Hinweis auf fehlendes Geld abgelehnt wurden", beklagt Nottebohm. Dasselbe gelte für den barrierefreien Ausbau des Rathauses, wofür inzwischen zwar die Zusage vorliege, nun aber der Nothaushalt dazwischen komme. "Für Fischeln gibt es nur Mittel, wenn sie von Bund oder Land kommen, oder wenn der Druck aus der Bevölkerung groß wird." Immerhin freut sie sich, dass Fischeln wieder einen Bezirksstellenleiter bekommen hat.

Dass in dem Stadtbezirk dennoch viel klappt, sei den Ehrenamtlern zu verdanken. "Wir haben hier drei Bürger- und viele andere Vereine, den Werbering sowie Siedler- und Straßengemeinschaften", lobt die Bezirksvorsteherin mit echtem Fischelner Patriotismus.

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(erer)
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