Krefeld Borussia-Fangesänge in der Theaterpremiere

Krefeld · Beste Stimmung herrschte bei der Revue "Wir sind Borussia". Auch Fans mit KFC-Schal amüsierten sich bei der Show.

 Die Fans fassen den Plan, das Kölner Maskottchen Hennes zu kidnappen: (v.l.) Ronny Tomiska, Michael Ophelders, Paul Steinbach und Philipp Sommer.

Die Fans fassen den Plan, das Kölner Maskottchen Hennes zu kidnappen: (v.l.) Ronny Tomiska, Michael Ophelders, Paul Steinbach und Philipp Sommer.

Foto: m. Stutte

Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen Stadttheater und Fußball? Vielleicht nicht allzu viele - aber: An Tragödien fühlt man sich beim Fußball hin und wieder schon erinnert. Da macht es Sinn, auch einmal einen Fußballverein und sein Drumherum auf die Bühne zu holen.

 Ein Wunderwerk der Maskenbildnerei: Günter Netzer (Bruno Winzen; hinten: ein Originalfoto aus den 70ern).

Ein Wunderwerk der Maskenbildnerei: Günter Netzer (Bruno Winzen; hinten: ein Originalfoto aus den 70ern).

Foto: Matthias Stutte

Bei der Mönchengladbacher Borussia besteht an solchen Tragödien kein Mangel. Ob nun ein Büchsenwurf ohne neutrale ärztliche Kontrolle einen 7:1-Sieg gegen Inter Mailand ungültig machte oder ob in einem Spiel gegen Real Madrid drei regelkonforme Tore nicht anerkannt wurden: Im Laufe der Jahre hat sich schon so einiges angesammelt.

Die Geschichte der niederrheinischen Borussia, der Aufstieg vom Provinz-Bolzklub zu einer europäischen Spitzenmannschaft in den 1960er und 1970er Jahren, die großen Triumphe und bitteren Enttäuschungen für Verein und Fans während des vergangenen halben Jahrhunderts: Sie stehen im Mittelpunkt einer Revue, die im vergangenen Jahr in Mönchengladbach auf dem Spielplan stand, Zuschauerrekorde brach und jetzt im Krefelder Theater Premiere hatte.

Martin Maier-Bode und Tobias Wessler haben ein Fußballgefühl bühnenreif gemacht - und das Premierenpublikum feiert nach Kräften.

Zahlreiche Borussen-Schals im Publikum machen unmissverständlich klar, dass Fußballfans und Theaterfreunde gleichermaßen gekommen sind - sofern nicht bei zahlreichen Zuschauern beide Zuneigungen ohnehin in einer Person zusammenkommen. In der Pause fällt allerdings ein anders gefärbter Schal auf; er gehört eindeutig einem Fan des KFC Uerdingen 05. Was hat er vor, will er womöglich den Borussen-Fans die Feierlaune verderben?

Weit gefehlt. Hinter dem bekennenden KFC-Fan verbirgt sich ein ehrenwertes Mitglied des Verwaltungsrats. Christoph "Tito" Dahmen ist von Hassgefühlen auf andere Vereine weit entfernt. Gekommen, meint er schmunzelnd, sei er nicht so sehr aus eigenem Antrieb. Seine theaterinteressierte Frau habe ein Premieren-Abonnement, er selbst sei "mitgeschleppt" worden. Zwar müsse er sich "als Krefelder hin und wieder auf die Zähne beißen". Die Aufführung mache ihm trotzdem großen Spaß.

Begeistert verfolgen die Zuschauer im vollen Theatersaal das Bühnengeschehen. Die Borussen-Geschichte erscheint in zwei wechselnden Szenerien. Einmal findet sich ein Fan-Stammtisch in der "Borussen-Klause" ein (Ausstattung: Udo Hesse). Rahmenhandlung ist die Planung und Durchführung einer Entführung des Kölner Geißbocks Hennes. Dabei werden immer wieder Streiflichter auf Höhen und Tiefen der Vereinsgeschichte gerichtet. Von besonderem Unterhaltungswert ist das Duo Netzer/Delling. Die Maskenbildner-Abteilung hat ganze Arbeit geleistet. Bruno Winzen ähnelt Günter Netzer mehr als seinem eigenen Foto im Programmheft der neuen Theaterspielzeit. Er und Christopher von und zu Lerchenfeld (als GerhardDelling) sprechen keine echten, überlieferten Dialoge nach, sondern lassen Borussen-Geschichte in frei erfundenen Gesprächen wieder lebendig werden. Die allerdings treffen mit einer guten Mischung von Imitation und Parodie genau den Stil des echten Kommentatoren-Duos. Alle neun Schauspieler der Kneipenszene agieren auch als erstaunlich gute Musical-Sänger; sechs Tänzerinnen bringen Revue-Schwung in den Abend (Choreografie: George Giraldo). Und die Musik von Willi Haselbek und seiner Band runden den Showcharakter ab.

Mit lebhaftem Beifall und Borussen-Schlachtrufen feierten die begeisterten Zuhörer die Premiere. Dass während der Aufführung die real existierende Borussia vom Niederrhein bei der Namenscousine in Dortmund mit 6:1 unter die Räder kam, ist, frei nach Billy Wilder, "eine andere Geschichte". Und: "Nobody is perfect".

Kartentelefon 02151 805

(RP)
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