Box-Weltmeisterin Derya Saki "Boxen kann ich Mädchen nur empfehlen"

Krefeld · Die Krefelderin Derya Saki fing mit 17 Jahren eher durch Zufall an zu boxen. Sie war damals schüchtern und zurückhaltend. Der Sport hat sie selbstsicherer gemacht, sagt die heute 24-Jährige. Ein Gespräch mit einer Boxweltmeisterin.

 Box-Weltmeisterin Derya Saki sagt von sich, dass sie als Kind zurückhaltend, fast schon schüchtern gewesen sei. Durch ihre Sportart sei die 24-Jährige selbstbewusster geworden und fühle sich innerlich stärker.

Box-Weltmeisterin Derya Saki sagt von sich, dass sie als Kind zurückhaltend, fast schon schüchtern gewesen sei. Durch ihre Sportart sei die 24-Jährige selbstbewusster geworden und fühle sich innerlich stärker.

Foto: Thomas Lammertz

Wie kommt man als Frau dazu, zu boxen?

 Angst vor schweren Verletzungen hat Derya Saki kaum, außer, dass bei einem Treffer ihre Augen in Mitleidenschaft gezogen werden könnten. Im Training trägt sie einen Kopfschutz, wie er im Amateurboxen vorgeschrieben ist.

Angst vor schweren Verletzungen hat Derya Saki kaum, außer, dass bei einem Treffer ihre Augen in Mitleidenschaft gezogen werden könnten. Im Training trägt sie einen Kopfschutz, wie er im Amateurboxen vorgeschrieben ist.

Foto: Thomas Lammertz

Saki Ich bin durch meinen Bruder Ferhat dorthin gekommen, da war ich 17 Jahre alt. Er hat hier in Krefeld bei Manni Faber trainiert und mich mal mitgenommen. Da habe ich schnell gemerkt, dass das auch ein Sport für mich wäre.

Muss man dazu aggressiv sein?

Saki Nein, gar nicht. Ich entwickel auch keine Hassgefühle für meine Gegnerin, so bin ich nicht. Mit meiner letzten Gegnerin war ich vor dem Kampf sogar noch zusammen essen.

Muss man da nicht aufs Gewicht achten?

Saki Kurz vor dem Kampf schon. Ich wiege normalerweise um die 62, 63 Kilo. Im Leichtgewicht, also in meiner Gewichtsklasse, darf ich 61 Kilo wiegen. Vor dem Kampf muss dann eben eine Zeit lang auf Süßigkeiten verzichten, dann passt das schon.

Worin liegt für Sie die Faszination des Boxens?

Saki Im Kampf mit sich selbst. Du gehst im Training immer an deine eigenen Grenzen und fühlst dich danach auch richtig erleichtert. Nach dem Training habe ich immer das Gefühl, dass der Tag einen Sinn gehabt hat. Darum ärgere ich mich auch, wenn ich im Training schlecht war.

Würden Sie den Sport auch anderen Mädchen empfehlen?

Saki Auf jeden Fall. Ich habe das ja an mir selber gemerkt. Früher war ich deutlich zurückhaltender, fast schon schüchtern. Das hat sich inzwischen gelegt. Ich fühle mich auch stärker, selbstbewusster als vorher.

Wie haben denn Ihre Eltern reagiert als Sie gesagt haben, dass Sie ab sofort boxen wollen?

Saki Mein Vater fand das zunächst nicht so toll, aber nicht wegen der Sportart an sich, sondern weil er Angst hatte, dass ich mich verletzen könnte. Das hat sich aber inzwischen gelegt. Meine Eltern sind bei jedem meiner Kämpfe dabei, und meine Mutter ist meistens nervöser als ich. Mein Vater ist inzwischen zu meinem größten Fan geworden, sammelt jeden Schnipsel aus jeder Zeitung, in der etwas über mich steht.

Und Ihre Freunde?

Saki Och, das fanden eigentlich immer alle gut, dass ich boxe. Die Jungs wollen ab und zu Sparring mit mir machen.

Sie tragen um den Hals eine Kette, auf der eine Hand zu sehen ist. Hat die Kette eine besondere Bedeutung?

Saki Die Hand ist ein Schutzsymbol. Sie ist die Hand von Fatima, der jüngsten Tochter des Propheten Mohammeds.

Brauchen Sie als Boxerin besonderen Schutz, zum Beispiel gegen harte Treffer?

Saki Naja, wenn ich ehrlich bin: In einem Boxkampf hast du so viel Adrenalin im Körper, da merkst du die Treffer eigentlich kaum. Da geht es im Training schon mal härter zu.

Sie sehen auch nicht so aus, als hätten Sie bei Ihrem WM-Kampf viel abbekommen.

Saki Nein, das habe ich auch nicht, obwohl die sieben Runden mein bislang längster Profikampf waren. Im Training ist das schon mal anders. Da bei uns im Gym die Frauen in einer Fitnessgruppe trainieren, mache ich mein Sparring gegen die Jungs. Da geht es härter zur Sache, die Jungs schlagen schon härter. Aber Härte im Training muss sein, auch gegen mich selbst.

Fällt es Ihnen schwer, selbst zuzuschlagen?

Saki Nein, meine Gegnerin will das ja auch.

Was ist Ihr bester Schlag, was müssen Sie verbessern?

Saki Puh, mein Trainer sagt, mein rechter Aufwärtshaken ist richtig gut, aber ich finde, dass er zu selten kommt. Ansonsten muss ich an meiner Deckung arbeiten. Kraft und Kondition sind schon jetzt ganz okay, aber die Bewegungsabläufe kann ich noch verbessern. Dafür trainiere ich aber derzeit an fünf Tagen die Woche.

Haben Sie keine Angst vor Verletzungen?

Saki Ich hatte mal den Daumen gebrochen, aber das war halt Pech. Aber um meine Augen habe ich schon etwas Angst. Schlimm war mal eine Verletzung der Netzhaut im Auge. Das heilt zwar sehr schnell wieder ab, aber bis es abgeheilt ist, tut es einfach nur sauweh. Da ich eigentlich eine Brille tragen muss, habe ich meine Augen lasern lassen, um keine Kontaktlinsen im Kampf zu benötigen. Darum sind sie etwas empfindlich. Und ab und zu mal ein blaues Auge gehört dazu. Außerdem ist meine Mutter Kosmetikerin, die hat da ein paar Tricks auf Lager, dass man das nicht so sieht.

Hilft sie auch beim Frisieren? Ihre langen Haare sind beim Kampf ja zu ganz eng anliegenden Zöpfen geflochten.

Saki Nee, das macht meine beste Freundin. Jetzt vor dem WM-Kampf hat sie das am Abend vorher gemacht, weil es schon gut eine Stunde dauert, bis die Haare so liegen.

Wie geht es sportlich mit Ihnen weiter? Wie lange kann man überhaupt boxen?

Saki (lacht) Boxen kann man, solange man noch im Ring stehen kann. Mein erstes Ziel als Boxerin war, irgendwann mal einen Weltmeistergürtel zu gewinnen. Das habe ich jetzt erreicht. Aber dieser Gürtel soll nicht mein letzter Gürtel sein. In drei Jahren möchte ich zufrieden sein mit mir als Boxerin. Dazu gehört auch, dass ich im Ring zeigen kann, was ich alles drauf habe. Das habe ich bislang noch nicht.

Steht Ihr nächster Kampf schon fest?

Saki Nein, da wird gerade noch verhandelt. Ein Traum wäre natürlich, wenn ich meinen Gürtel in Krefeld verteidigen dürfte.

DAS INTERVIEW FÜHRTEN OLIVER SCHAULANDT UND JENS VOSS

(RP)
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