Krefeld Brandschutz geht vor: Flüchtlinge müssen auf Intimsphäre verzichten

Krefeld · Die Stadtverwaltung will aus Sicherheitsgründen in den Traglufthallen keine Trennwände aufstellen.

Flüchtlinge: Zelte, Kirchen, Schiffe - hier werden sie untergebracht
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Turnhallen, Kirchen und Schiffe: Wo Flüchtlinge wohnen können

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Foto: dpa, rwe jai

Es ist für die Verwaltung ein heikles Thema, das räumte auch Oberbürgermeister Frank Meyer ein. Was hat in einer Flüchtlingsunterkunft Vorrang: Menschenwürde oder Sicherheit? Die Linken hatten jetzt in einem Antrag von der Verwaltung gefordert, dass in den Krefelder Einrichtungen mehr Privatsphäre geschaffen werden müsse. "Hier sind Trennwände dringend erforderlich, um die Menschenwürde der Flüchtlinge wenigstens im Ansatz zu sichern", argumentierte Fraktionsvorsitzender Basri Cakir. Und auch in einem weiteren Punkt müssen sich Paare zurückhalten. "Räume, in die man sich zurückziehen könnte, um sexuelle Zärtlichkeiten auszutauschen, gibt es nicht", so eine Stadtsprecherin. "Dafür ist vor Ort einfach kein Platz."

Für die Verwaltung ist nachvollziehbar, dass das Bedürfnis nach mehr Privatsphäre für die Flüchtlinge vor Ort wichtig ist. "Ich habe für das Anliegen Verständnis. Wir versuchen, eine gewisse Privatsphäre herzustellen. Doch gerade in den Traglufthallen sind uns hier enge Grenzen gesetzt", so Stadtdirektorin Beate Zielke, die als Feuerwehrdezernentin auch für den Brandschutz zuständig ist. Schon der Einsatz von aufstellbaren Sichtschutzwänden kann im Ernstfall lebensgefährlich sein. "Sollten bei einem Feuer in der Halle die Trennwände umstürzen und dadurch die Notausgänge versperrt werden, könnte er zu einer Katastrophe kommen. Mobile Teile stellen ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar", warnte Ziele in der jüngsten Sitzung des Unterausschusses für Flüchtlingsfragen. "Sicherheit und Brandschutz haben absolute Priorität." Doch genau hier hakten die Linken nach. "Es muss doch Möglichkeiten geben, die beide Seiten berücksichtigen", so Cakir. "Das geht in anderen Städten auch. Hier ist einfach nur Kreativität und guter Wille gefragt." Den wollte Oberbürgermeister der Verwaltung nicht absprechen lassen: "Wir werden die Angelegenheit prüfen und über mögliche Alternativen nachdenken." Nicht nachdenken muss die Verwaltung über Rückzugsräume für Flüchtlingspaare. "Die Platzkapazitäten sind begrenzt, dafür gibt es derzeit keine Möglichkeiten", so eine Stadtsprecherin auf Anfrage. Allerdings bemühe man sich, Familien bevorzugt in Wohnungen unterzubringen.

Doch auch hier ist die Situation angespannt. Anfang März lebten in Krefeld 3505 Flüchtlinge. Davon waren 747 in Turnhallen, 299 in Traglufthallen, 1191 in Sammelunterkünften und 1268 in Wohnungen untergebracht. Doch laut Verwaltung wird die Suche nach finanzierbarem Wohnraum für Flüchtlinge nicht leichter. 300 Wohnungen waren der Stadt im Dezember von verschiedenen Seiten angeboten worden. "50 Wohnungen konnten wir anmieten", so Baudezernent Martin Linne. Die übrigen Objekte seien vom Preis oder vom Zuschnitt nicht nutzbar gewesen. Die in Krefeld gezahlten Mietkosten liegen zwischen vier und 7,50 Euro pro Quadratmeter.

Bei der Finanzierung der Flüchtlinge geht Kämmerer Ulrich Cyprian davon aus, dass die Kosten komplett von Land und Bund übernommen werden. Im Haushaltsplan 2016 stehen den Ausgaben von 30 Millionen Euro für geschätzte 3000 Flüchtlinge Einnahmen in derselben Höhe gegenüber. Ob diese Rechnung zum Jahresende in dieser Form aufgeht, weiß derzeit niemand.

(RP)
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