Krefeld Brönner ist der Liebling der Frauen

Krefeld · Fast 700 Besucher in der Friedenskirche erlebten den musikalischen Wettstreit des Trompeters Till Brönner und des Bassisten Dieter Ilg in der gemeinsamen Suche nach der Originalität des Jazz.

 Till Brönner und Dieter Ilg präsentierten sich unterschiedlich in der stilistischen Ausrichtung: In der Summe lieferten die beiden ein Konzert, das das Publikum begeisterte.

Till Brönner und Dieter Ilg präsentierten sich unterschiedlich in der stilistischen Ausrichtung: In der Summe lieferten die beiden ein Konzert, das das Publikum begeisterte.

Foto: Thomas Lammertz

Mit 660 zahlenden Gästen war die Friedenskirche am Freitagabend praktisch ausverkauft, als Till Brönner und Dieter Ilg ihr Jazz-Konzert für Trompete und Kontrabass präsentierten. Und das begann wie die Filmmusik zu einem Krimi, und zwar zur Einleitung, bevor es spannend wird. Till Brönner demonstrierte den geradezu unverschämt ästhetischen Ton, der ihn berühmt machte, und Dieter Ilg zupfte in dichten kleinen Intervallen, aber eher distanziert nebenher. Dabei hieß das Stück "Will Of Nature", und dabei handelt es sich um eine gewaltige Kraft.

"Peng Peng" folgte als zweite Nummer und erinnerte schon eher an Jazz. Diesmal schöpfte Brönner vor allem aus seinem Fundus tonbildnerischer Kunststückchen, die alle makellos gelangen, aber kaum noch etwas von jener explosiven Mischung aus bitterem Schmerz und dennoch ungebrochener Lebensfreude derjenigen ahnen ließen, die den Jazz einst geschaffen hatten. Und bereits in diesem zweiten Stück deutete sich auch an, was sich im weiteren Verlauf immer deutlicher herausschälen sollte: Zumindest aus der Sicht des Jazz-Hörers erwies sich Ilg als der wesentlich interessantere Musiker dieses Abends.

Das Duo griff zum Beispiel das Handwerksburschenlied "Es, es, es und es" aus dem 19. Jahrhundert auf. Während Ilg das Thema zum Einstieg in erkennbarer Form vorgab, erinnerte Brönner in Sound und Flair eher an seichte Panflötentöne. Erst Ilg in seinem Solo-Part verhalf dem kernigen Temperament des Originals zumindest zu einem Teil seines Rechts, bis Brönner wieder sein Sirup darüber goss und diesmal wie zum St. Martinszug spielte. Ausgerechnet bei dem Beatles-Song "Eleonor Rigby" dagegen meinte Brönner, einen Touch von Funk wagen zu müssen, der bei fast jedem anderen Titel besser gepasst hätte. Auch hier bewies Ilg wieder das bessere Stilgefühl.

So essenzielle Zutaten wie Swing und Blues kamen ebenfalls fast ausschließlich von ihm, und mit seinem genialen Simultanspiel von Melodie und teilweise atemberaubenden Rhythmen brachte nur er Pfeffer und Soul in die Sache wie in Ornette Colemans "5th Of Beethoven". Mag dieser Mangel an Leidenschaft bei Musikern in Brönners Generation auch häufig anzutreffen und durchaus gesamtgesellschaftlich erklärbar sein - von künstlerischem Vorteil ist er nicht.

Mit seinem unglaublich reinen, weichen, warmen und lichten Ton eroberte er zwar, wie stets, vor allem die Herzen des weiblichen Publikums und setzte noch einen drauf, indem er Passagen seines Spiels elektronisch doppeln oder als Loop-Echo hinzufügen ließ. Doch bei allem in der Tat schwer zu übertreffenden spieltechnischen Können fehlte das Herzblut. Bei Brönner klang nichts, als müsse es zwingend so klingen. Ilg hingegen behauptete in diesem Smooth Jazz standhaft seine Verbindlichkeit.

(RP)
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