Krefeld Bürgergemeinschaft Bismarckviertel will Charakter des Quartiers erhalten

Krefeld · Der Rechtsnachfolger der Jentges'schen Grundbesitz GmbH will auf Politik und Verwaltung zugehen.

 Klaus Egert, Götz Wanninger und Stefan Lebens haben sich den Erhalt der Quartiere zum Ziel gesetzt.

Klaus Egert, Götz Wanninger und Stefan Lebens haben sich den Erhalt der Quartiere zum Ziel gesetzt.

Foto: TL

Das Bismarckviertel und angrenzende Gebiete zählen zu den architektonisch anspruchsvollsten Quartieren in Krefeld. Damit dies so bleibt, will der Vorstand der Bürgergemeinschaft den Weg zur Politik und zur Verwaltung suchen. Die aufgelockerte Bebauung mit Villencharakter und viel parkähnlichem Grün soll mit Hilfe von Bebauungsplänen auch für die kommenden Jahrzehnte gesichert werden.

Vorbild ist die Stadt Meerbusch, die bereits vor Jahren den Erhalt des Charakters ihrer Gartenstadt Meererbusch im Stadtteil Büderich zunächst mit Veränderungssperren und anschließend mit neuen Bebauungsplänen, in denen Hinweise des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtigt wurden, festschreiben konnte.

Ähnliches schwebt Klaus Egert, Götz Wanninger und Stefan Lebens von der Bürgergemeinschaft Bismarckviertel für den ehemaligen Jentges'schen Grundbesitz vor. Dabei geht es um die bevorzugten, aber zugleich noch stadtnahen Wohngebiete Krefelds. Dass sich mit dem Bismarck-, Musiker- und Stadtwaldviertel bis in den Westen Bockums hinein eine sehr gehobene und vielgestaltige Wohngegend erstreckt, um die viele Städte Krefeld beneiden, sei kein Zufall und ohne die visionäre Planung, die dem Jentges'schen Grundbesitz zugrunde gelegen habe, nicht vorstellbar, erklären sie. Nach Auflösung der Jentges'scher Grundbesitz GmbH wurde 1975 der "Jentges'sche Verein zum Schutz und zur Pflege von Wohn- und Erholungsgebieten" gegründet. Vor dem Hintergrund fehlender Nachwuchsmitglieder und zur dauerhaften Wahrung der Vereinsanliegen leiteten die letzten elf Mitglieder 2010 eine Übertragung des Vereins an die BG Bismarckviertel ein. Im Zuge der Übergabe wurden der Bürgergemeinschaft zwei Parzellen (insgesamt 100 Quadratmeter) überschrieben, zu deren Gunsten alle Grunddienstbarkeiten des Altbesitzes eingetragen waren.

 Wilhelm Jentges hat in Krefeld mit seiner Tätigkeit und seiner visionären Stadtplanung bemerkenswerte Spuren hinterlassen.

Wilhelm Jentges hat in Krefeld mit seiner Tätigkeit und seiner visionären Stadtplanung bemerkenswerte Spuren hinterlassen.

Foto: KE

Die Bürgergemeinschaft ist also legitimer Rechtsnachfolger und sieht ihre Rolle als Bewahrer der seinerzeit visionären Stadtplanung. Hintergrund der Entstehung des Jentges'schen Grundbesitzes sind verschiedene Entwicklungen im Grenzgebiet zwischen Krefeld und Bockum - im frühen 19. Jahrhundert noch eine feuchte, kaum nutzbare Wiesengegend voller Abwässer. Ab 1856 setzte eine Diskussion über die Errichtung eines Abflusskanals ein, um die sich in der Niederung stauenden städtischen Abwässer in den Rhein abzuleiten. Aber erst zu Beginn der 70er Jahre wurden entsprechende Baupläne in Auftrag gegeben. Nach einer knapp vierjährigen Bauzeit konnte der Kanal 1878 in Betrieb genommen werden. Dies trug - neben dem erheblichen Wasserverbrauch der vielen dort gelegenen Färbereien - dazu bei, dass der Grundwasserspiegel innerhalb weniger Jahre um zirka drei Meter sank. Das bisher kaum nutzbare Terrain wurde mit einem Male zu wertvollem Bauland, dessen Wert um mehr als das Zehnfache stieg. Hinzu traten baurechtliche Aspekte: Nachdem das preußische Fluchtliniengesetz von 1875 den Kommunen gestattet hatte, erstmals eigene Fluchtlinien- und Bebauungspläne aufzustellen, betrieb die Stadt eine Erweiterung nach Osten, in deren Rahmen zunächst eine Besiedlung entlang der Uerdinger Straße erfolgte.

Der führende Investor war Wilhelm Jentges (1825 - 1884), der bis zu seinem Tode fast alle Grundstücke beiderseits des Buschgrabens (heute Grenzstraße/Jentgesallee) erworben hatte, unter anderem die großen Güter des Wilhelmshofs, des Neu-Herberzhofs und des Großhüttenhofs. Sein Schwiegersohn und Nachfolger, Max Heydweiller hatte den Plan, das großflächige, noch ländlich geprägte Gebiet zu einem gehobenen Wohngebiet, einem attraktiven "Gartenstadtviertel", umzuwandeln.

Am 20. Dezember 1887 wurde erstmals ein Baugesuch Max Heydweillers genehmigt. 1891 ließ er auf eigene Kosten Straßenzug und Grünanlagen der Hohenzollernstraße anlegen, initiierte die Anlage auch von Bismarckstraße und Bismarckplatz. Doch die Planung eines Rhein-Maas-Kanals einschließlich Hafenanlagen quer durch das spätere Bismarckviertel hielt die Grundeigentümer zunächst von großflächiger Bebauung ab. Nach Aufgabe dieser Pläne im Jahre 1899 stieg der Wert des Grundes abermals um ein Vielfaches. Eine zweite, intensivere Bauphase setzte ein.

(sti)
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