Krefeld Bundesverwaltungsgericht stoppt Bau der Hochspannungsleitung

Krefeld · Der Bau der Hochspannungsleitung durch den Krefelder Westen ist vorerst gestoppt. Am Dienstag hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig überraschend entschieden, der Krefelder Klage weitgehend stattzugeben.

2012: "Initiative gegen den Doppelkonverter" protestiert auf dem Kirchplatz
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Es ist ein unerwartetes Urteil: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am Dienstag nach der Krefelder Klage den Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der 380-kV-Höchstspannungsfreileitung zwischen Fellerhöfe und St. Tönis für rechtswidrig erklärt. Im Kern kritisiert das Gericht, dass die Folgen für Mensch und Umwelt nicht ausreichend geprüft worden seien und der Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung deshalb formal rechtswidrig sei. Jetzt muss die Umweltverträglichkeitsprüfung nachgeholt und ein neuer Planergänzungsbeschluss erlassen werden.

Bürger werden erneut angehört

Wichtigste Konsequenz für Krefeld: Amprion muss die Acht-Millionen-Euro-Investition in Krefeld vorerst stoppen. Die Leitung, die eigentlich schon im April 2014 in Betrieb genommen werden sollte, darf vorerst nicht weitergebaut werden. Die betroffenen Bürger würden im Verfahren mit ihren Bedenken und Forderungen jetzt neu angehört, erklärte die Stadtverwaltung gestern. Der Baustopp bedeutet aber auch, dass der für die Energiewende nötige Ausbau der Leitungen nicht vorankommt.

Die 7,4 Kilometer lange Höchstspannungsfreileitung dient einem Lückenschluss im 380-kV Netz. Auf einem Teilstück verläuft sie unmittelbar am Ortsrand Krefeld. Dort befindet sich Wohnbebauung, der sich die Trasse bis auf 30 Meter nähert.

Das Bundesverwaltungsgericht betitelte die Pressemitteilung zur gestrigen Entscheidung mit der Überschrift: "Klage gegen Höchstspannungsfreileitung bei Krefeld überwiegend erfolgreich."

Amprion gibt sich optimistisch

Die Bewertung des Urteils fällt bei der Stadt Krefeld als Kläger und bei Amprion unterschiedlich aus. Für Amprion kommt das Urteil überraschend. Auf eigenes Risiko hin hatte das Unternehmen für die 23 in Krefeld geplanten Masten die Fundamente schon gelegt. Amprion-Sprecher Andreas Preuß erklärte gestern: "Der Planfeststellungsbeschluss wurde nicht aufgehoben, aber außer Vollzug gesetzt. Der Mangel kann in einem ergänzenden Verfahren behoben werden."

Die Stadt Krefeld, die sich von Rechtsanwalt Philipp Heinz vertreten ließ, teilte mit: "Wie von der Stadt gefordert, muss die Umweltverträglichkeitsprüfung in einem Planergänzungsverfahren mit dem Ziel einer ergebnisoffenen Entscheidung nachgeholt werden." Die Stadt hatte nach einem Ratsbeschluss das Klageverfahren angestrengt, um im Sinne der Krefelder zu erreichen, dass die Leitung als Erdkabel verlegt oder alternativ weiter weg von der vorhandenen Wohnbebauung im Bereich Tackheide realisiert wird.

Konkret verlangt das Gesetz laut Gericht für Höchstspannungsfreileitungen mit einer Länge zwischen fünf und 15 Kilometern und Nennspannung über 110 Kilovolt eine Vorprüfung, die die Frage klären soll, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Ist dies der Fall, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vorzunehmen. Die Bezirksregierung als Beklagte hatte aber auf Basis eines von Amprion vorgelegten Gutachtens erheblichen Umweltauswirkungen im Hinblick auf die Belastung der Wohnbevölkerung mit elektromagnetischen Feldern verneint, weil nach Ansicht der Behörde die maßgeblichen Grenzwerte unterschritten würden.

SPD-Ratsherr Hengst: "Es hat sich gelohnt, für Krefelder Interessen zu kämpfen"

Dem lagen Berechnungen zugrunde, wonach die elektrische Feldstärke an zwei Immissionsorten 4,2 Kilovolt /Meter und 3,8 kV/m erreichte und damit unterhalb des Grenzwerts von 5,0 kV/m blieb. Die Belastung mit elektromagnetischen Feldern auch unterhalb der Grenzwerte sei in Abwägung zu berücksichtigen, urteilten die Richter. Da sich die Immissionen deutlich den Grenzwerten annähern, sei eine "erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen" möglich gewesen.

Amprion betonte am Dienstag, dass das Gericht die Rechtsauffassung Amprions "in allen anderen Punkten" bestätigt hat. "Dies gilt zum Beispiel bezüglich der Einhaltung der Grenzwerte für elektromagnetische Felder und Geräusche. Die Entscheidung, kein Erdkabel einzusetzen, wurde ebenfalls bestätigt", erklärte Sprecher Andreas Preuß.

SPD-Ratsherr Jürgen Hengst sagte gestern: "Wir freuen uns, dass das Gericht unsere Auffassung bestätigt. Es hat sich gelohnt, für Krefelder Interessen zu kämpfen."

(RP)
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