Krefeld Bundesweit einzigartiges Projekt im neuen Textilforschungszentrum

Krefeld · Das Gebäude des berühmten Architekten Bernhard Pfau an der Adlerstraße ist für neun Millionen Euro kernsaniert worden. Wissenschaftsministerin Svenja Schulze eröffnete es gestern nach dreijähriger Bauzeit.

 Die Professoren Gutmann und von Grünberg (links) informieren Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (rechts).

Die Professoren Gutmann und von Grünberg (links) informieren Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (rechts).

Foto: Thomas lammertz

Eine fast 100 Jahre währende Tradition stand auf der Kippe: Spätestens seit gestern steht endgültig fest, dass Krefeld seine identitätsstiftende Einrichtung behält - das Deutsche Textilforschungszentrum Nordwest (DTNW) an der Adlerstraße. Nach dreijähriger Sanierungsphase und neun Millionen Euro Investitionssumme wurde der mehrstöckige, kernsanierte Bau mit 3500 Quadratmetern Nutzfläche des Architekten Bernhard Pfau mit prominenten Gästen wiedereröffnet.

Landeswissenschaftsministerin Svenja Schulze zeichnete ein Bild des Wandels in der Textilbranche und der Staatlichen Textilforschungsanstalt von 1920 hin zur DTNW als Verbindung von Wissenschaft und Wirtschaft. Heutzutage liege der Fokus nicht mehr ausschließlich auf Bekleidung, Stoffen und Teppichen, sondern auf hochmodernen Anwendungen in den Bereichen Leichtbau, Medizinprodukten und Lebensmittelverpackungen. Professor Dr. Jochen S. Gutmann als Direkter des DTNW betonte es noch deutlicher. Statt Samt und Seide seien es vornehmlich Fasern aus Polymeren - das heißt Kunstfasern. Das sind die Stoffe, mit denen Weltfirmen wie Covestro und Lanxess im Chempark in Uerdingen ihr Geschäft betreiben und mit deren Produkten unter anderem Dächer für Sportstadien ebenso entstehen, wie ultraleichte, aber stabile Teile für die Automobilindustrie und für Windkraftanlagen.

 Die Labors wurden saniert und modernisiert.

Die Labors wurden saniert und modernisiert.

Foto: Lammertz Thomas

Das Besondere in Krefeld: Es sei die einzige Kooperation bundesweit, in der universitäre Forschung (Uni Duisburg/Essen) mit einer Hochschule für angewandte Wissenschaften (Hochschule Niederrhein) und einem rechtlich und organisatorisch eigenständigen Institut (DTNW) zusammenarbeiten und sich ergänzen. "Am DTNW entsteht aus dem reinen Erkenntnisgewinn ein konkreter Nutzen", sagte Professor Dr. Hans-Henning von Grünberg, Präsident der Hochschule Niederrhein.

Mit unverhohlener Genugtuung erklärte Oberbürgermeister Frank Meyer, dass allen Unkenrufen zum Trotz, das Textilforschungszentrum nicht zur RWTH Aachen abgewandert, sondern dort geblieben sei, wo es hingehöre - nach Krefeld, der Stadt für Samt und Seide. In diesen Chor waren gestern bei der Feierstimmung alle bereit, mit einzustimmen.

 Das Gebäude des Deutschen Textilforschungszentrums Nordwest an der Adlerstraße ist für neun Millionen Euro saniert worden. Drei Jahre haben die Arbeiten gedauert. Gestern war Wiedereröffnung.

Das Gebäude des Deutschen Textilforschungszentrums Nordwest an der Adlerstraße ist für neun Millionen Euro saniert worden. Drei Jahre haben die Arbeiten gedauert. Gestern war Wiedereröffnung.

Foto: Lammertz Thomas

Die Investitionssumme von neun Millionen Euro zeige ein klares positives Votum für den textilen Standort Krefeld, sagte Gutmann. Das sah vor sieben Jahren noch anders aus, die Zukunft des Standorts stand auf der Kippe. Ende 2011 gründeten die Hochschule Niederrhein und der Verein DTNW eine gemeinnützige Gesellschaft DTNW gGmbH. Mehrheitsgesellschafter dort ist die Hochschule Niederrhein mit 74,9 Prozent. Die gemeinnützige Gesellschaft dient der besseren Vernetzung mit der Wirtschaft als Auftraggeber und Geber von Spenden. Die Basis der Finanzierung garantiert das Land mit 490.000 Euro jährlich.

In den vergangenen 36 Monaten wurde das Gebäude bei laufendem Betrieb energetisch und sicherheitstechnisch saniert. Die Fassade wurde komplett erneuert, der Grundriss in Teilen verändert. "Das Gebäude steht zwar nicht unter Denkmalschutz", sagte Thies Kreitz aus dem gleichnamigen Düsseldorfer Architekturbüro, gleichwohl sei entsprechend Rücksicht genommen worden. Immerhin stamme der Bau von 1951 aus der Urheberschaft des berühmten Kollegen Bernhard Pfau.

Aus Brandschutzgründen ist eine zusätzliche Außentreppe errichtet worden. Im Inneren wurden die Labors auf den neuesten Stand der Technik gebracht, Wände, Decken und Böden neu verlegt und - quasi als Zitat einer nie verwirklichten Aufstockung auf acht Geschosse - eine alte Treppe ins Nirgendwo erhalten. Die komplette Haustechnik wurde erneuert. Für Materialprüfungen wurden darüber hinaus zwei Normklimaräume gebaut, die vom Fachbereich Chemie der Hochschule und der Öffentlichen Prüfanstalt genutzt werden.

Von den 3500 Quadratmetern Nutzfläche nehmen der Fachbereich Chemie 1000, die DTNW gGmbh 1000 und die Prüfanstalt 600 in Anspruch. Die restlichen 900 Quadratmeter sind Allgemeinflächen und Technikräume.

(sti)
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