Krefeld Casino wird unter Denkmalschutz gestellt

Krefeld · Der Landschaftsverband reagiert auf den Abrissantrag von Bayer Real Estate. Ein Gutachten besagt, dass das Casino architektonisch und sozialgeschichtlich wertvoll sei: Chefs und Angestellte hätten dort noch strikt getrennt gegessen.

 Fügt sich schlank in die Uferlandschaft ein. Das Bayer-Casino.

Fügt sich schlank in die Uferlandschaft ein. Das Bayer-Casino.

Foto: Königs

Das Amt für Denkmalschutz beim Landschaftsverband Rheinland (LVR) spricht sich für die vorläufige Unter-Schutz-Stellung des Bayer-Casinos in Uerdingen aus und reagiert damit auf den Abrissantrag, den Bayer Real Estate bei der Stadt Krefeld gestellt hat (wir berichteten). Dies teilte die LVR-Denkmalpflegerin Helmtrud Köhren-Jansen am Rande einer Veranstaltung in Krefeld mit. Damit darf das Kasino erst einmal nicht abgerissen werden. "Das Casino in Uerdingen ist bedeutend für die Geschichte der Bayer A.G., die Stadt Krefeld und für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse", heißt es in einem vorläufigen Gutachten des LVR.

In der Regel folgt die bei der Stadt angesiedelte Untere Denkmalbehörde dem Votum des LVR. Bayer Real Estate (BRE) hält die Erhaltung des Gebäudes für zu teuer; vor allem der energetische Zustand lasse weder eine Sanierung noch eine künftige Nutzung realistisch erscheinen. Ein Verkauf lehnt BRE aus strategischen Gründen ab: Für den Chempark biete das Areal rund um das Kasino "den letzten möglichen Zugang zum Rhein".

Das Bayer-Casino wurde von dem aus Krefeld stammenden Architekten Helmut Hentrich geplant und 1961 eingeweiht. In dem LVR-Gutachten heißt es, an der Erhaltung des Casinos bestehe "aus architekturgeschichtlichen und geschichtswissenschaftlichen Gründen ein öffentliches Interesse".

Neben der architektonischen Qualität — so besitze das Casino "eine der am konsequentesten gestalteten Metall-Glasfassaden seit der Textilingenieurschule von Bernhard Pfau (1951-54) am Frankenring" — veranschauliche das Casino auch ein Stück Sozialgeschichte: Die Modernität der Architektur kontrastiert demnach eigentümlich mit der strikten Hierarchisierung zwischen Direktion, Angestellten und Arbeitern, die im Inneren des Gebäudes zum Ausdruck kommt: "Die innere Struktur des Casinos veranschaulicht die soziale Trennung der Werksangehörigen und ist daher sozialgeschichtlich bedeutend", heißt es in dem Gutachten.

"Während das Casino äußerlich wie aus einem Guss erscheint, ist das Gebäude im Innern stark hierarchisch in die Bereiche für das Casino-Personal im Untergeschoss und im Funktionskern, die Werksangestellten, die leitenden Angestellten und den Trakt für Werksleitung und ihre Gäste gegliedert." Die Hierarchie setzte sich sogar bei den Küchen fort: Es gab zwei Küchen, eine für Angestellte und eine für die Werksleitung und deren Gäste. Nach Auskunft der Bayer Real Estate habe sich die räumliche Trennung von Werksleitung und Angestellten "erst in jüngerer Zeit" aufgelöst. Demnach habe im Falle Uerdingen die Werksleitung ihr Essen auch im Speisesaal eingenommen, "wodurch der Direktionstrakt zuletzt nicht mehr genutzt wurde, obwohl das noch möglich gewesen wäre", resümiert das Gutachten.

Zukunftsweisend und zu seiner Zeit selten sei das Konzept der Selbstbedienung über die Cafeteria gewesen. Großkantinen mit Selbstbedienung zur Beschleunigung der Essensausgabe und Tablett-Rücknahme bei gleichzeitiger Personaleinsparung setzten sich erst im Verlauf der 60er Jahre durch.

Mit Blick auf die Denkmalwürdigkeit hatte BRE angeboten, vor einem Abbruch eine "umfassende bau- und nutzungshistorische Dokumentation des ehemaligen Kasino-Gebäudes" vorzunehmen. Diese Möglichkeit sieht die Denkmalschutz-Gesetzgebung für Gebäude vor, deren Erhalt für den Eigner unzumutbar ist.

(RP)
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