RP-Serie Krefelder Märtyrer Christlicher Gewerkschafter hingerichtet

Krefeld · Nach dem missglückten Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 musste sich Franz Leuninger als Mitverschwörer verantworten. Er wurde zum Tode durch den Strang verurteilt und am 1. März 1945 in Berlin Plötzensee hingerichtet.

 Franz Leuninger war Mitglied des Katholischen Arbeitervereins in Krefeld, wo er nach der Heirat mit seiner Frau mehrere Jahre gewohnt hat.

Franz Leuninger war Mitglied des Katholischen Arbeitervereins in Krefeld, wo er nach der Heirat mit seiner Frau mehrere Jahre gewohnt hat.

Foto: CG

Nach dem versuchten Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 musste sich Franz Leuninger als Mitverschwörer vor dem Volksgerichtshof verantworten. Der Katholik und Gewerkschafter wurde zum Tode verurteilt und am 1. März 1945 in Berlin Plötzensee durch den Strang hingerichtet. "Es ist nicht leicht, mit 46 Jahren auf dem Schafott zu sterben", soll der gebürtige Westerwälder, der nach der Heirat mit seiner Frau eine erste Wohnung in Krefeld bezogen hat, seinem Bruder gesagt haben, der ihn in der Haft besuchen durfte.

Leuninger war stets klar, dass der Nationalsozialismus Deutschland, Europa und die Welt ins Unglück stürzen werde. Er gehörte recht früh einem konspirativen Kreis an. Er selbst war auserkoren, nach einem erfolgreichen Attentat gegen den Führer das Amt des Oberpräsidenten in Schlesien zu übernehmen. Darüber hinaus unterstützte er Weggenossen, die ins Visier der Nazis und der Geheimen Staatspolizei geraten waren. Wenige Wochen nach dem missglückten Anschlag auf Hitler wurde Leuninger verhaftet. Im Haftbefehl sei zu lesen gewesen, dass er darin eingeweiht gewesen sei, dass "gewisse Kreise des Adels und der Wirtschaft zur Herbeiführung eines Sonderfriedens mit den Westmächten eine Änderung der Regierung anstrebten".

Die Biografie des christlichen Gewerkschafters ist vor allem von seiner Familie gut dokumentiert. Er gilt als Märtyrer, der für seinen Glauben gestorben ist. Ernst Leuninger hat im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz recherchiert und die Resultate im deutschen Martylogium für das 20. Jahrhundert festgehalten. Über das Leben und den Tod von sechs Krefelder Märtyrern informiert eine Ausstellung der St. Christophorus Pfarrei, die noch bis zum 24. Januar in den Räumen der St. Hubertus Gemeinde am Hohen Dyk 130 zu sehen ist. Franz Leuninger ist dort nicht vorgestellt.

Als Kind armer Eltern blieb dem guten Schüler der Weg ins Gymnasium verwehrt. Er arbeitete in jungen Jahren als Steinträger auf dem Bau. Sein älterer Bruder klärte ihn darüber auf, was Gewerkschaften für die Arbeiter bedeuten. Mit nicht einmal 14 Jahren verdiente er sein Geld als Bauhilfsarbeiter und trat der Christlichen Gewerkschaft bei. Im Ersten Weltkrieg wurde er als Soldat eingezogen. 1924 heiratete er; sein Weg führt ihn nach Krefeld. Im Christlichen Bauarbeiterverband machte er Karriere. Er wurde zunächst Vertrauensmann, später hauptamtlicher Lokalsekretär in Aachen, anschließend im Verbandssekretariat in Euskirchen und danach in Krefeld. In der Seidenstadt trat er dem katholischen Arbeiterverein bei.

1927 wurde er dann nach Breslau berufen. Seine politische Heimat sah er beim Zentrum. Von 1930 bis 1933 war er Mitglied der Breslauer Stadtversammlung. In einer Wahlveranstaltung im Glatzer Land hatte Leuninger im November 1932 gesagt, "dass alle hier ihre Heimat verlieren werden, wenn Hitler an die Macht komme". Die Kombination Gewerkschaft und Zentrum machte politisch eher links orientierte Kollegen durchaus skeptisch. Doch Leuninger ließ keinen Zweifel daran, dass er im Interesse der Arbeitnehmerschaft notfalls auch gegen seine eigene Partei ins Feld ziehen wolle. Sein Sinn für Gerechtigkeit stand aus parteipolitischer Räson nicht zur Disposition.

Nach der Zerschlagung der Gewerkschaften durch die Nationalsozialisten betätigte sich der Vater dreier Söhne in einer Siedlungsgesellschaft mit dem Namen "Deutsches Heim". Dort bot er systemkritischen Menschen Arbeit. Leuninger bekam Kontakt zu Ludwig Beck, den Generalstabschef des Heeres und einen der führenden Köpfe des Widerstands, und dem Leipziger Oberbürgermeister Carl Friedrich Goerdeler.

Nach Leuningers Hinrichtung durfte die in den Westen geflüchtete Familie keine Todesanzeige veröffentlichen.

(RP)
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