Krefeld Das Gymnasium am Moltkeplatz wird 100

Krefeld · Am Montag vor 100 Jahren wurde das Schulgebäude am Moltkeplatz eingeweiht. Wir erinnern an die Planung des Baus, der als Prachtstück seiner Zeit - mitten im Ersten Weltkrieg - galt.

 Das "Moltke" im Mai 2015 - hundert Jahre nach seiner Eröffnung.

Das "Moltke" im Mai 2015 - hundert Jahre nach seiner Eröffnung.

Foto: Lammertz, Thomas

Es muss ein triumphales Gefühl für August Biebricher gewesen sein, als er am 1. Juni 1915 das Realgymnasium am Moltkeplatz betrat. Es waren die härtesten Kriegsmonate, und Oberbürgermeister Johannes Johansen machte deutlich: "Der Ernst der Zeit gestattet keine Feste." Aber er lobte auch überschwänglich Biebrichers Arbeit: das neue Schulgebäude, das Anlass böte, "dass wir mit froher Genugtuung den Tag festlich begehen, der uns dieses große Werk vollendet vor Augen führt. Das Werk ist wirklich groß". So beschreibt es die Niederrheinische Volkszeitung damals.

Das 100-jährige Bestehen wird nun am Montag, 1. Juni, mit einem großen Festakt gewürdigt. "Es ist unser Stadtschloss - gebaut, als es Krefeld wirtschaftlich noch richtig gut ging", sagt Klaus Reymann, als Architekt und Vorsitzender der Krefelder Baudenkmalstiftung mit der Restaurierung des inzwischen denkmalgeschützten Gebäudes und des Pflasters betraut. Die Restaurierungen sollen dem Bau mehr von seiner alten Strahlkraft zurückbringen. Denn einst war das Schulgebäude weitaus mehr als eine Lehranstalt: Es war der Mittelpunkt für ein geplantes Nebenzentrum.

"Das gesamte Viertel mit seinen Alleen hatte einen Gestaltungsplan. Heute ist er noch an der geradlinigen Straßenführung erkennbar. Damals waren sogar die Bäume für die jeweiligen Straßen festgelegt", erzählt Reymann. Diesen Alleen-Viertel-Charakter würde er gerne wieder in Krefeld sehen. Die gut betuchten Krefelder ließen sich dort damals vornehme Stadthäuser und Villen bauen. Jentgesallee, Wilhelmshofallee und Bismarckviertel wuchsen. Nicht alle, die in jenen Zeiten bauten, konnten sich für die bereits aufflammende Avantgarde, die Ludwig Mies van der Rohe und Gleichgesinnte damals vertraten, erwärmen. Sie mochten es gemütlicher, waren für den sogenannten Heimat-Stil empfänglich, wie ihn Buschhüter und Biebricher verfolgten.

Und Biebricher, der 1906 als Bauleiter für die Pauluskirche nach Krefeld gekommen war, verstand sich auf einen repräsentativen Stil, der mit wilhelminischem Auftritt dem großbürgerlich-klassizistischen Geschmack entsprach. Die Aula mit den 14 ionischen Säulen, dem Parkettboden und den grünen Damastvorhängen wurde als der "schönste Raum in Crefeld" gelobt, manche sagten, sie wüssten keinen schöneren Festsaal im ganzen Land.

Aber der klassizistische Prachtbau für Krefelds älteste Schule, die auf die Lateinschule aus dem 17. Jahrhundert zurückgeht, ging nicht geschmeidig durch alle entscheidenden Gremien: Fast zehn Jahre lang hatte der Architekt geplant, gezeichnet, verworfen, neu gedacht, vier Entwürfe vorgestellt und wieder überarbeitet. An den städtischen Planern scheiterte manche Idee. Eine war die, "welche den Mittelbau durch eine Plattform, die zugleich dem praktischen Motiv der astronomischen Beobachtung dienen sollte, betonte, und von Kuppel- und sonstigen unangebrachten Aufbauten auf dem Dache absah". Seine Lösung: Er schob den Mittelbau ein Stück in den Moltkeplatz hinein, indem er ihm einen kleinen Säulengang, den sogenannten Portikus, voranstellte. Dazu notierte Biebricher. "Wenn auch die Betonung des rein Zwecklichen eines Schulgebäudes durch diese mehr dekorative Hinzufügung des Giebelportikus litt, begrüße ich im Interesse des Baufortganges doch den dadurch erzielten Ausgleich der geschmacklichen Widerstände." Er hatte eine Reihe von Kompromissen zu machen, denn auch zum Direktorenwohnhaus, das nicht mehr erhalten ist, hatte der damalige Schulleiter genaue Vorstellungen beigesteuert.

Die Baukosten lagen damals bei 960 000 Mark. Für die Schule waren insgesamt 1,4 Millionen Mark veranschlagt, davon 100 000 für die Gestaltung des Moltkeplatzes. "Das ist viel Geld", sagte Johansen, aber er war davon überzeugt, dass alle Krefelder stolz seien "auf ein Werk, das für Generationen bestimmt ist und das für unsere Stadt ein hohes künstlerisches Gut bedeutet, um das uns viele beneiden werden."

Und so schwärmten denn alle von der imposanten Front, "die jede andere Gebäudefront in unserer Stadt, ja die Fronten vieler anderer öffentlicher Gebäude in großen Städten übertrifft". 133 Meter breit und bis zum Hauptgesims 15,50 Meter hoch, bis zur Turmbekrönung sogar 33,50 Meter - das waren imposante Maße. Beeindruckend waren auch die acht aus Muschelkalk gemeißelten Gestalten auf der Plattform über dem Giebelfenster. Der Krefelder Künstler Peter Stammen hat sie als Musen der Lernbereiche für die neue Schule geschaffen - Motivator, dass aus den Schülerreihen "Männer hervorgehen, die fähig und gewillt sind, zum Ruhme unserer Vaterstadt zu wirken."

(RP)
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