Krefeld Auftakt: Landtagskandidaten debattieren

Krefeld · Am Ende hatte man den Eindruck: SPD, CDU und FDP sind sich in Kernthemen näher als alle drei zu den Grünen. Die erste große Debatte zur Landtagswahl widmete sich vor allem dem Thema Wirtschaft.

 Es diskutierten (v.l.): Monika Brinner (Grüne), Benedikt Winzen (SPD); Moderator Gregor Werkle (IHK), Marc Blondin und Britta Oellers (CDU) sowie Birgit Koenen und Daniel Dick (FDP).

Es diskutierten (v.l.): Monika Brinner (Grüne), Benedikt Winzen (SPD); Moderator Gregor Werkle (IHK), Marc Blondin und Britta Oellers (CDU) sowie Birgit Koenen und Daniel Dick (FDP).

Foto: IHK

Der Schwerpunkt der ersten großen Veranstaltung zur Landtagswahl am 14. Mai lag auf dem Thema Wirtschaft - Ausrichter der Podiumsdebatte im Krefelder Hof waren IHK und die Gemeinschaft Junger Unternehmer (GJU). Es waren gekommen: Monika Brinner (Grüne), Benedikt Winzen (SPD), Britta Oellers und Marc Blondin (CDU) sowie Birgit Koenen und Daniel Dick (FDP). Die Debatte lässt einen eher ruhigen Wahlkampf erwarten. Bewegung und Unruhe im Saal kamen vor allem einmal auf, als die Grüne Monika Brinner eine Ausbildungsabgabe forderte - das gefiel den Unternehmern im Saal hörbar nicht, erst recht nicht, als Moderator Gregor Werkle (IHK) darauf hinwies, dass viele Betriebe schlicht keine geeigneten Bewerber fänden und dafür bestraft würden. Bemerkenswert: Auch Winzen sprach sich gegen eine Ausbildungsabgabe aus.

Immerhin: Auch ohne Streit erhielten die rund 200 Gäste aus Wirtschaft und Politik Eindrücke, wo die Fronten der Parteien verlaufen.

Wirtschaftspolitik Hier wirkte Brinner an einer Stelle doch arg dunkelgrün gefärbt, als sie zum Stichwort Wirtschaftsförderung die Förderung von Frauen anführte - "dadurch kommt auch Wirtschaft in Schwung". Später sprach sie sich für eine nachhaltige Entwicklung und die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen aus. Industrieförderung, sagte sie, sei "kein Lieblingskind der Grünen", relativierte das aber später nach scharfer Kritik an diesem Satz von Oellers - alle übrigen sahen die Industrie als wichtigen Pfeiler für Wohlstand im Land.

Oellers sprach von "Vorfahrt für die Wirtschaft"; CDU und FDP forderten die Abschaffung des Tariftreue- und Vergabegesetzes und sprachen sich generell gegen "Regulierungswut" aus. Dick beklagte, dass der grüne NRW-Umweltminister Remmel auf Bestimmungen aus Berlin und Brüssel immer noch einen draufsetzt: So sei von Berlin zehn Prozent Biotopverbundfläche vorgeschrieben; NRW mache 15 Prozent.

Gewerbeflächen SPD, CDU und FDP waren für die Ausweisung von mehr Gewerbeflächen; Marc Blondin betonte, dass nur 2,2 Prozent der Fläche in NRW für Gewerbe genutzt würden. Daniel Dick (FDP) beklagte wie Blondin, dass die Ausweisung neuer Flächen zu lange dauere. Benedikt Winzen (SPD) setzte das Augenmerk auf interkommunale Zusammenarbeit. Blondin forderte, Gewerbegebiet entlang von Autobahnen zu ermöglichen - so wie in den Niederlanden. Hygieneampel FDP und CDU forderten unumwunden die Abschaffung, Brinner plädierte dafür, es als Verbraucherschutzansatz zu probieren und eventuell nachzubessern; sie betonte, dass sich auch die Aufregung um den Raucherschutz gelegt habe; heute würden es die Leute genießen, sich in rauchfreien Zonen bewegen zu können.

Steuern CDU und FDP brandmarkten die Grunderwerbssteuer in NRW als zu hoch; beim Thema Gewerbesteuer sprach sich Winzen für Absprachen zwischen Kommunen aus, um Wettbewerb zu vermeiden. Er verteidigte die (mit SPD, CDU und Grünen verabschiedete) Gewerbesteuererhöhung in Krefeld als "maßvoll"; Blondin beklagte, dass die Erhöhung nötig gewesen sei, weil die Kommunen in NRW nicht genügend Geld vom Land bekämen; ohne bessere Finanzausstattung "kommen wir aus der Steuerschraube nicht raus". Winzen wies das zurück; Krefeld habe zuletzt erhebliches Geld vom Land bekommen; er erwähnte ein Zwei-Milliarden-Programm des Landes für die Kommunen.

Winzen wehrte sich zudem dagegen, Krefeld mit Monheim zu vergleichen. Die Stadt hat bekanntlich mit drastischen Gewerbesteuersenkungen zahlreiche Betriebe angelockt. Eine Großstadt wie Krefeld habe andere öffentliche Aufgaben als eine Kleinstadt, machte Winzen geltend.

Fachkräftemangel Alle sprachen sich dafür aus, bei jungen Leuten dafür zu werben, nicht unbedingt ins Studium zu gehen, sondern eine Ausbildung zu beginnen.

Infrastruktur Die erkennbar größte Schwachstelle der SPD: Winzen räumte ein, dass in der Vergangenheit zu wenig in Straßen- und Brückenausbau investiert worden sei, betonte aber, dies werde aufgearbeitet. Innere Sicherheit CDU, SPD und FDP waren für die Einstellung von mehr Polizisten; Oellers beklagte den Mangel an Wertschätzung für die Polizei und forderte, die Kennzeichnung von Beamten durch Nummern an den Uniformen abzuschaffen. Winzen warf CDU und FDP vor, unkonkret zu bleiben; die SPD habe angekündigt, 2300 Polizisten pro Jahr einzustellen. Auffällig: Eigentlich ist das Thema ja ein Angriffspunkt für die Union, doch schlugen hier kaum Funken. Die SPD hat gut pariert.

Fazit: Auffällig war, dass die grünen Positionen stellenweise am weitesten weg waren von SPD, CDU und FDP. Diese drei wiederum ließen Unterschiede erkennen, die aber nicht unüberbrückbar wirkten. Mehrfach schossen sich FDP und CDU eher auf die Grünen ein als auf die SPD. Unter Koalitionsgesichtspunkten betrachtet: SPD, CDU und FDP sind sich mitunter näher als alle drei zu den Grünen - heißt: Wenn's numerisch passt, sind die Grünen schneller aus der Regierung 'raus, als ein Apfel vom Baum fällt.

(RP)
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