Krefeld Dem Fagottist ist nichts zu schwer

Krefeld · Martin Kuuskmann zeigte sich beim Sinfoniekonzert als Musiker der Spitzenklasse. Das Publikum war begeistert.

Ein einsamer, sicher angesetzter Hornruf und verhalten leise Streicher standen am Beginn des vierten Sinfoniekonzerts. Im Seidenweberhaus führte Carl Maria von Webers Ouvertüre zur Oper "Oberon" zuerst einmal tief in die Gefühlswelt der deutschen Romantik. Klangvolle tiefe Streicher und präzise Einwürfe der Holzbläser sorgten für eine zauberhafte Stimmung.

Dass von der Oper "Oberon" heute fast nur noch die Ouvertüre gespielt wird, ist nicht Weber anzulasten, sondern seinem Librettisten. Die Musik hat es in sich. Nach dem subtil musizierten Adagio brachten die Niederrheinischen Sinfoniker mit großer Spielfreude die packenden schnellen Partien zum Klingen.

Generalmusikdirektor Mihkel Kütson hat es sich zur Aufgabe gemacht, in regelmäßigen Abständen Instrumente in den Vordergrund zu stellen, die nur selten solistisch eingesetzt werden. Nach Basstuba und Schlagzeug war jetzt das Fagott an der Reihe. In seiner heutigen Bauart gibt es das tiefe Blasinstrument seit den 1830er Jahren. Dass der Solist des Abends, Martin Kuuskmann, einst mit Kütson gemeinsam die Schulbank drückte, war, wie glaubhaft versichert wird, kein Grund, ihn nach Krefeld einzuladen. Entscheidend war vielmehr die Tatsache, dass Kuuskmann es als Fagottist der Spitzenklasse inzwischen zu Weltruf gebracht hat. Immerhin haben zeitgenössische Komponisten für den 1971 in Tallinn geborenen Künstler bis heute elf Fagottkonzerte geschrieben.

Dazu zählt auch das Werk des amerikanischen Komponisten mit griechischer Herkunft Christopher Theofanidis. Der weiß, dass es dem locker auftretenden Kuuskmann nicht nur um die Beherrschung der hohen Schule des Fagottspiels geht, sondern um Grenzüberschreitung. Also verlangt seine Komposition lauter technische Kühnheiten. Ganz tiefe Töne müssen ebenso sicher kommen wie ganz hohe. Riesige Intervall-Sprünge sind zu bewältigen; Geschwindigkeitsrekorde stehen ohnehin auf der Tagesordnung. Kuuskmann, dem offensichtlich nichts zu schwer ist, bewältigte alle Herausforderungen mit Bravour. Auch in der Zugabe, mit der er sich für den begeisterten Beifall bedankte, demonstrierte er, wie gut er den Ton zu modulieren versteht. Mal klingt es bewusst grob, mal zart, mal lustig, mal wie typisch Fagott und manchmal auch wie ein Saxofon.

Über Kütsons Konzeption der siebten Sinfonie Beethovens lässt sich in einem positiven Sinn diskutieren. An sich könnte die Frage der angemessenen Tempi beantwortet sein, denn Beethoven selbst hat Metronom-Angaben vorgegeben. Das Problem: Die Wissenschaft ist sich nicht einig, ob das Metronom des Komponisten vielleicht defekt war. Kütson orientierte sich an Beethovens Zahlen, und das war gut so. Der "Trauermarsch" beispielsweise klang gerade nicht nach Staatsbegräbnis. Bei allem Ernst enthielt die Wiedergabe nichts Traniges, die Musik wirkte wie gut durchlüftet. Und nicht zuletzt dem Schlusssatz bekam das flotte Tempo ausgezeichnet, zumal Kütson und seine Musiker darauf achteten, dass - trotz des schnellen Tempos - Feinheiten wie Crescendi oder dynamische Unterschiede nicht verloren gingen.

(RP)
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