Kolumne: Kr Wie Krefeld Der Herongen-Schock

Krefeld · Es gab viele hochemotionale Kommentare zu der Nachricht, dass das Krefelds Schullandheim Herongen möglicherweise geschlossen werden muss. So viele waren als Kind dort, so viele verbinden mit der Idylle im niederrheinischen Wald gute Erinnerungen. Man ahnt, was in den nächsten Jahren an Sparnöten auf Krefeld zukommt.

Die Nachricht kam auch zur rechten Zeit, um die Panne in der Kämmerei um den irrigen Alarmruf wegen eines angeblich neuen, riesigen Haushaltslochs einordnen zu können: Es war eine dieser Pannen, die jedem von uns in seinem Berufsleben schon mal passiert sind. Man steht da wie ein Vollidiot und möchte im Boden versinken. So sollte man kurz in den Spiegel schauen, bevor man zum nächsten Eimer Häme greift.

Der Herongen-Schock erinnert unsanft an Krefelds wahre Herausforderung: einen Sparkurs fahren zu müssen, der brutal auch Liebgewonnenes plattwalzen wird. Man darf gespannt sein, ob Politiker wie FDP-Fraktionschef Heitmann, der Kämmerer Cyprian in einer verbalen Entgleisung angegangen ist ("sich selber erschießen"), irgendwann die Kraft zu realen Sparentscheidungen haben. Denn eines steht fest: Das Argumentationsmuster, man müsse Doppelstrukturen in der Verwaltung ändern, um pünktlich zum St. Nimmerleinstag Millionen einzusparen, wird Düsseldorf nicht genügen. Die werden rasche Erfolge sehen wollen. Herongen ist zugleich ein Beispiel, wie man Dinge nicht gegeneinanderrechnen darf - etwa in der Klage, dass die Stadt für viel Geld Flüchtlingsheime einrichtet, aber eine Einrichtung für Krefelds Kinder schließen muss. Das Beispiel zeigt das Elend des deutschen Föderalismus: Flüchtlinspolitik wird im Bund gemacht, was völlig richtig ist. Doch bei der Finanzierung lassen Bund und Land die Kommunen im Stich. Laut Städte- und Gemeindebund hat das Geld, dass das Land NRW 2013 den Kommunen zur Unterbringung von Flüchtlingen überwiesen hat, nur 58 Prozent der Kosten gedeckt. Hier steckt der Skandal. Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen: Flüchtlinge aufzunehmen bleibt ein Gebot der Menschlichkeit und Signum einer humanen Gesellschaft. Aber der Bund muss auch die Mittel dafür bereitstellen.

Als politisch wacher Zeitungsleser, der seine Stadt liebt, bleibt einem vorerst nur zu hoffen, dass Bundesfinanzminister Schäuble irgendwann ehrlich genug ist einzugestehen, dass er nur eine "schwarze Null" vorweisen kann, weil Bund und Land Kosten in die kommunalen Haushalte drücken. Sollen unsere Landes- und Bundestagsabgeordneten endlich in Düsseldorf und Berlin eine Kampagne für die Kommunen starten.

JENS VOSS

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort