Krefeld Der Jazzklub wird 35: Sonntag ist Party

Krefeld · Udo Lindenberg, Helge Schneider, Kraftwerk, Markus Lüpertz und viele andere Künstler hat der Jazzklub in den Keller an der Lohstraße geholt. Den ungewöhnlichsten Jazzkeller-Auftritt hatte ein Zirkuskamel im Jahr 1976.

 Wette erfüllt: ein Kamel am Tresen des Jazzkellers, rechts daneben Günter "Fongi" Holthoff.

Wette erfüllt: ein Kamel am Tresen des Jazzkellers, rechts daneben Günter "Fongi" Holthoff.

Foto: Jazzklub Krefeld

Die Geschichte mit dem Kamel begann an der Theke. Die Jazzkeller-Clique plauderte über einen Nordafrika-Urlaub. Schnell kam das Gespräch auf die Wüstenschiffe. Stammgast Ernst Plegge ließ sich zur Wette hinreißen: "Wenn hier ein Kamel reinkommt, spendiere ich fünf Hektoliter Bier." Günter "Fongi" Holthoff nahm ihn beim Wort. Als ein Wanderzirkus in Krefeld Station machte, war die Sache fix. Für 150 Mark durften die Keller-Gäste das Kamel ausleihen, das erstaunlich bereitwillig die schmale Treppe hinabstieg in den Club. "Der Ernst staunte nicht schlecht. Das Bier floss, und den Erlös haben wir einer Behinderteneinrichtung gespendet", erzählt Holthoff.

Das war 1976, und es ist nicht die einzige skurrile Geschichte, die dem Krefelder zum Jazzkeller einfällt. Denn es haben sich eine Menge Anekdoten rund um die kleine Bühne an der Lohstraße ereignet. Der Jazzklub, dessen Gründungsmitglied Holthoff ist, feiert nun sein 35-jähriges Bestehen. Die Geburtstagsparty am Sonntag, 23. November, ist bereits ausverkauft.

Die Bühne misst nur vier mal 2,50 Meter, aber in 35 Jahren hat der Jazzkeller viele darauf präsentiert, die Rang und Namen haben: Musiker wie Helge Schneider, Udo Lindenberg, Albert Mangelsdorff und auch Künstler wie Markus Lüpertz, Herbert Zangs und Star-Fotograf Peter Lindbergh zählten zu den Gästen, die Gruppe "Kraftwerk" hatte hier ihren ersten Bühnenerfolg.

Ein Blick zurück zu den Anfängen: Der hohe künstlerische Anspruch, den die Betreiber des Jazzkellers an seit jeher stellten, führte trotz guten Publikumszuspruchs Ende der 1970er Jahre zu einem gefährlichen finanziellen Engpass. Aber die Kellerkinder, allen voran Günter "Fongi" Holthoff, waren um eine rettende Idee nicht verlegen. 1979 gründete er mit Ekkehard und Ute Heier, Ute Kuschner, Michael Laumen, Harald Muermann, Georg Nichzienski, Barbara Paul, Rainer Schürcks und Dita von Szadkowski den Jazzklub Krefeld JKK. So schlugen sie zwei Fliegen mit einer Klappe. Der Jazzkeller war von der strengen Bindung an den Jazz befreit, konnte seitdem unabhängig wirtschaften und sich zu der Top-Spielstätte für hochrangige Livemusik unterschiedlichster Genres entwickeln, die er bis heute geblieben ist.

Der Jazzklub andererseits genießt als anerkannt gemeinnütziger Verein Steuervorteile und kann Zuschüsse von privaten Sponsoren und öffentlichen Händen einwerben, wobei er stets auch die Sympathie des Kulturamts, heute: Kulturbüros, der Stadt genoss. So agieren und kooperieren Jazzklub und Jazzkeller bis heute als zwei eigenständige organisatorische Schultern unter ein und demselben Kopf, dem Jazz in Krefeld.

Harald Muermann war der erste offizielle Vorsitzende, der in diesem Jahr verstorbene Schallplattenhändler Georg Nichzienski sein Nachfolger. Am längsten im Amt haben es Peter Popovic und Ulrich Pudelko ausgehalten, und nach Barbara Paul, Elke Koch und Karin Mast ist Martina Heffels gegenwärtig die vierte Frau an der Spitze des Vereins. Die zentrale Figur, der Garant für Kontinuität und Impulsgeber für viele zündende Ideen und immer neue Kooperationen, zum Beispiel mit dem Stadttheater, der Musikschule und den Schulen überhaupt - das war und ist Günter "Fongi" Holthoff, auch wenn er es inzwischen etwas ruhiger angehen lässt. Zur bevorstehenden Party am meint er schmunzelnd: "Ich habe noch mal Programmchef gespielt und freue mich aufs Feiern mit möglichst vielen Weggefährten aus unserer Gründerzeit". Martina Heffels ergänzt: "Unser künstlerischer Leiter Andreas Lessenich und ich feiern, dass die Mitgliederzahl in den letzten fünf Jahren von 200 auf mehr als 350 gestiegen ist und dabei der Altersdurchschnitt um zehn Jahre auf etwa 50 gesenkt wurde."

(RP)
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