Krefeld Der menschliche Impuls

Krefeld · Ulrich Tillmanns ist Pathos fremd. Wenn der 60-Jährige über seine Arbeit mit Flüchtlingen spricht, redet er klar strukturiert, ruhig, nüchtern. Der menschliche Impuls erwächst aus dem Ganzen seines Berichts. Tillmanns hat einen Kreis von rund 35 Betreuern von Flüchtlingen aufgebaut - die meisten sind Sprachmittler, aber auch Betreuer und Paten von Flüchtlingen. Warum?

 Ulrich Tillmanns hat drei Antworten auf die Frage, warum man Flüchtlingen helfen soll.

Ulrich Tillmanns hat drei Antworten auf die Frage, warum man Flüchtlingen helfen soll.

Foto: Lammertz

Tillmanns nennt drei Beweggründe. Der erste, schlichteste ist der menschliche Impuls zu helfen: "Wenn jemand einen Autounfall hat und Hilfe braucht, dann hilft man eben und fragt nicht groß, ob derjenige, der da verunglückt ist, Hilfe verdient oder selbst schuld an seinem Unglück ist oder ein Recht auf Hilfe hat. Man hilft eben."

Antwort Nummer zwei ist grundsätzlicher: "Es ist auch unsere ethische Pflicht, Menschen in Not zu helfen." Erst recht im wohlhabenden Europa gegenüber Menschen, die in ihrer Heimat durch Krieg und Verfolgung und Armut keine Zukunft mehr sehen. Hass und Feindschaft in Deutschland gegenüber den Fremden sieht er mit Sorge - aus Mitgefühl und aus handfesten Vernunftsgründen: Hass vergiftet ein Gemeinwesen; Hass verstellt den Blick dafür, das Naheliegende, das Vernünftige, das Richtige zu tun. Denn zum Dritten, so sagt Tillmanns auch, sei Hilfe auch aus wohlverstandenem Eigeninteresse sinnvoll. "Viele der Flüchtlinge, die zu uns gekommen sind, werden bleiben. Wenn wir jemanden sprachlich fit machen für eine Arbeit oder eine Ausbildung in unserem Land, gewinnen wir einen Beitragszahler, der 45 Jahre lang das Seine zum Bruttosozialprodukt beiträgt. Tun wir es nicht, haben wir einen Transferempfänger mehr - mit allen Problemen, die damit verbunden sind." Herz und Kopf bestätigen sich gegenseitig; Realpolitik und humanitäre Pflicht stützen sich. Das alles sagt Tillmanns ohne erhobenen Zeigefinger; da spricht kein Moralprediger.

Auf die Frage, was ihm Weihnachten bedeutet, sagt er: "Familie, Ruhe, und ich hoffe doch: Frieden."

(RP)
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