Krefeld Der Uhu von Oppum hat überlebt

Krefeld · Die Brustverletzung muss furchtbar gewesen sein: Der Leib war aufgerissen, die Muskeln durchtrennt. Wie der Uhu so zugerichtet wurde, ist unklar - vermutlich ist er mit einem Wagen kollidiert.

 Der Uhu von Oppum hat überlebt.

Der Uhu von Oppum hat überlebt.

Foto: hup-pri

Gefunden wurde er am 12. November in Oppum auf dem Haseldonk. So traurig die Umstände dieser Vogelsichtung waren: Der Fund war eine ornithologische Sensation, weil Uhus hier seit Menschengedenken nicht heimisch sind. Nun sieht alles nach einem Happy End aus: Das Tier ist genesen und soll bald ausgewildert werden.

Das sagt sich so: genesen. Zootierärztin Stefanie Markowski und Pfleger wie Yvonne Wicht haben in den vergangenen Wochen um das Leben des Greifvogels gekämpft. Am Anfang stand eine Operation, in der der Vogel - salopp gesagt - wieder zusammengeflickt wurde. Fachlich-wissenschaftlich ging es um eine lebensrettende Operation, die wie alle Operationen verlief: Narkose des Tieres, Freilegung der Wunde und des Operationsfeldes (die Federn wachsen wieder nach), feinchirurgische Behandlung aller Risse und Brüche.

Woher weiß man, wie man einen Uhu operieren muss - hat man einen Anatomieatlas neben dem OP-Tisch liegen? Markowski lacht: "Nein, ich bin spezialisierte Tierärztin für Wildtiere, und die Anatomie ist bei jedem Vogel ziemlich ähnlich."

Sorge hat ihr eine Quetschung des Rückenmarks gemacht: "Man konnte sehen, dass er nicht mehr richtig greifen konnte." Hier kam die tierärztliche Kunst an ein Ende: Markowski musste schlicht abwarten, ob der Rückenmarksnerv irreparabel verletzt war. "Wir hatten das große Glück, dass er nur eine vorübergehende Schwellung im Bereich der Wirbelsäule hatte; es gab schon bald eine Tendenz zur Besserung."

Sobald es dem Uhu besserging, kam er in eine größere Voliere - allein. Er musste nach Wochen der Ruhe die Brustmuskulatur für die Flügel wieder trainieren. Gefüttert wurde er mit Mäusen - Uhus Leibspeise sozusagen. In der Phase des Aufpäppelns hat Tierpflegerin Yvonne Wicht ihrem Schützling einen Namen gegeben: Bilbo.

Doch richtig zahm wird ein Uhu nicht - für ihn, das Wildtier, bleibt der Umgang mit und die Nähe zu Menschen Riesenstress, berichtet Markowski. Deshalb haben sie und ihr Team den Vogel auch weitgehend abgeschirmt und den Kontakt zu ihm auf ein Minimum reduziert. Bei dem Pressetermin kam der Vogel dann auch nur für einige Minuten aus seiner Voliere. Entspannt wirkte er nicht: Er hielt den Schnabel leicht geöffnet und ließ eine Art Fauchen hören.

Für Naturfreunde ist sein Anblick eine große Freude, und für die Öffentlichkeit ist der Termin ein wichtiges Signal: Naturschutz trägt Früchte. Der Uhu war Mitte der 50er Jahre fast ausgestorben. "Es gab nur rund 50 Brutpaare in Deutschland", sagt Markowski. Ansiedlungsprogramme waren dann erfolgreich; heute gibt es allein in Niedersachsen rund 1000 Brutpaare, und auch am Niederrhein ist der Nachtjäger wieder heimisch, wenn auch nur in wenigen Paaren. So ist der Uhu, dieser wundervolle Greifvogel mit den unfassbar leuchtenden Bernsteinaugen, gerettet: der Oppumer Bilbo wie seine ganze Art. Bilbo soll bald mit Hilfe der Nabu wieder in die Freiheit entlassen werden.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort