Krefeld Die Sammlung Paul Prött erforschen

Krefeld · Die Sparkassen-Kulturstiftung unterstützt wissenschaftliche Untersuchungen noch nicht bearbeiteter Sammlungsbereiche. Dazu gehört die wertvolle Sammlung Paul Prött, eines mittellosen Malers. Es ist völlig unklar, wie sie nach Krefeld kam.

 Stellen das neue Projekt des Deutschen Textilmuseums vor: (v.l.) Dr. Isa Fleischmann-Heck, stellvertretende Leiterin des Textilmuseums, Lothar Birnbrich, Sparkasse-Kulturstiftung Krefeld, Ingeborg Müllers, Vorsitzende des Kulturausschuss, Gregor Micus, Kulturdezernent, Dr. Annette Schieck, Leiterin des Textilmuseums, und Projektbetreuerin Dr. Uta-Christiane Bergemann mit Objekten der Sammlung Prött.

Stellen das neue Projekt des Deutschen Textilmuseums vor: (v.l.) Dr. Isa Fleischmann-Heck, stellvertretende Leiterin des Textilmuseums, Lothar Birnbrich, Sparkasse-Kulturstiftung Krefeld, Ingeborg Müllers, Vorsitzende des Kulturausschuss, Gregor Micus, Kulturdezernent, Dr. Annette Schieck, Leiterin des Textilmuseums, und Projektbetreuerin Dr. Uta-Christiane Bergemann mit Objekten der Sammlung Prött.

Foto: Lothar Strücken

Die Sparkassen-Kulturstiftung Krefeld unterstützt mit einem Betrag in Höhe von 250.000 Euro die fünfjährige Projektreihe "Ans Licht" des Deutschen Textilmuseums. "Mit dieser Schwerpunktförderung können wir Untersuchungen vornehmen, die wir uns sonst nicht leisten könnten", sagt Kulturdezernent Gregor Micus. Er und Museumsleiterin Annette Schieck bedankten sich bei der Kulturstiftung für die finanzielle Unterstützung.

In vielen Museen stehe die Forschung an der eigenen Sammlung nicht im Fokus, sondern beispielsweise große Sonderausstellungen. "Es ist uns sehr wichtig, unsere Sammlung zu bearbeiten, denn sie ist unser Schatz", sagt Schieck. "Es gibt aber Sammlungsbereiche, die noch nicht wissenschaftlich bearbeitet sind", so die Museumsleiterin. National wie international anerkannte Wissenschaftler erhalten nun die Aufgabe, jeweils einen thematisch und kulturell zusammenhängenden Bereich in Zusammenarbeit mit Museumsmitarbeitern zu analysieren, einen Bestandskatalog zu verfassen und ein Ausstellungskonzept zu entwickeln und umzusetzen. Es sind insgesamt vier Forschungs- und Ausstellungsvorhaben vorgesehen sowie ein Online-Auswahlkatalog zur Sammlung des Textilmuseums.

Ein solcher Fall ist das erste Projekt, die "Sammlung Paul Prött", mit ungefähr 800 Objekten. "Sie kamen 1943 nach Krefeld" , berichtet Projektbearbeiterin Uta-Christiane Bergemann. Die Jahreszahl ist auf einer Inventarliste vermerkt. "Die Sammlung wurde angekauft von einem Maler namens Paul Prött", so die Kunsthistorikerin. Er wurde 1880 in Hagen geboren, studierte in München und arbeitete als Maler und Grafik ab 1912 in Köln. Er malte vor allem Stadt- Landschaftsansichten. Seine Frau starb noch vor dem Ersten Weltkrieg und mit seiner Stieftochter zog er wohl in den 1920er-Jahren nach Berlin. Seine Tochter wanderte Anfang der 1930er-Jahre in die USA aus. Von dort unterstützte sie ihren mittellosen Stiefvater, der 1945 in Berlin verstarb. Hier enden aber schon die bisherigen Erkenntnisse über den Maler.

Im Jahr 1943 tauchte "seine" Sammlung im Wert von 120.000 Reichsmark in der Gewebesammlung in Krefeld auf. "Das entspricht heute mehreren Millionen Euro", so Bergemann. Und damit beginnen unzählige Fragen: Woher stammen die Objekte aus der Sammlung? Wie konnte sich ein mittelloser Maler eine solche Sammlung leisten? Wieso kam sie ausgerechnet nach Krefeld? Welche Rolle spielte der damalige Leiter der Gewebeschule und Nationalsozialist Paul Rank? "Je mehr man schaut, desto spannender wird es", sagt Bergemann. Erstaunlich sei auch, dass 1943 bereits zwei andere Sammlungen an die Gewebesammlung gingen. Diese wurden allerdings während des Bombenangriffs zerstört.

Die "Sammlung Paul Prött" wurde vor allem unter ethnographischen Gesichtspunkten zusammengestellt und enthält Bestandteile deutscher Trachten, Textilien aus diversen Gegenden Europas, dem Balkan und Asien, sowie Trachtenschmuck. "Es sind etwa 500 Textilien, ein Großteil aus Europa" , berichtet die Kunsthistorikerin. Zahlreiche stammen aus Süddeutschland und Österreich. Darunter finden sich auch 180 Objekte, die von anderen Bearbeitern erforscht werden, darunter islamzeitliche Gewebe, peruanische und asiatische Textilien, die in den anderen Projektteilen berücksichtigt werden. Ihre erste Aufgabe bestehe nun in der Sichtung, Erfassung, festzuhalten, um welches Material es sich handelt, wie die Verarbeitung erfolgte. "Die Objekte erzählen so Geschichten", so Bergemann. Alle Informationen fließen in einen Bestandskatalog in Buchform, in eine Ausstellung im Herbst 2018 und 2021 in einen Online-Auswahlkatalog zur Sammlung des Deutschen Textilmuseums. Das Museum veranstaltet im Zusammenhang mit der Erforschung der "Sammlung Paul Prött" am 7. und 8. September die Tagung "Textile Erwerbungen und Sammlungsstrategien europäischer Museen in der NS-Zeit".

Uta-Christiane Bergemann ist Kunsthistorikerin und Textilforscherin aus Bochum. Sie hat sich jüngst mit Trachten befasst und um die Erforschung der europäischen Stickereien des Deutschen Textilmuseums verdient gemacht. Zuletzt war sie als externe Kuratorin der Ausstellung "Der Kinder bunte Kleider" und als Mitherausgeberin des Tagungsbands "Das Bild vom Kind im Spiegel seiner Kleidung" am Deutschen Textilmuseum tätig. Einzelne Materialgruppen wie der Trachtenschmuck und die Goldhauben werden von Annette Schieck und Isa Fleischmann-Heck bearbeitet und vorgelegt.

"Es ist die vierte Schwerpunktförderung dieser Art", so Lothar Birnbrich, Vorstand der Sparkassen Kulturstiftung. Sie soll Stärken in den Blickpunkt rücken. "Wir wollen keinen Haushalt fördern, es soll etwas Besonderes sein", betont Birnbrich. Um die fünfjährige Förderung hatten sich verschiedene Institute und Einrichtungen beworben.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort