Krefeld Die ungewöhnliche Karriere eines preisgekrönten Filmemachers

Krefeld · Andreas Knuffmann ist gebürtiger Krefelder, war groß im Filmgeschäft und brannte dort aus. Als unabhängiger Filmemacher fand er seine Berufung. Sein neues Werk "Macao Gladiators" ist eine verrückte Geschichte über zwei Deutsche beim härtesten Motorrad-Straßenrennen der Welt. Und Knuffmann hat schon wieder neue Pläne.

 Andreas Knuffmann mit seinem Gold Award: Für den Film Macao Gladiator, eine 70-minütige Dokumentation, hat er bei den Filmfestspielen in Djakarta eine Ehrung als beste internationale Filmdokumentation erhalten. Für Knuffmann war dies auch Lohn für seine Entscheidung, die Glitzer-TV-Welt zu verlassen.

Andreas Knuffmann mit seinem Gold Award: Für den Film Macao Gladiator, eine 70-minütige Dokumentation, hat er bei den Filmfestspielen in Djakarta eine Ehrung als beste internationale Filmdokumentation erhalten. Für Knuffmann war dies auch Lohn für seine Entscheidung, die Glitzer-TV-Welt zu verlassen.

Foto: Andreas Knuffmann

Er hat das Filmgeschäft von allen Seiten kennengelernt, war erst begeisterter TV-Zuschauer, dann TV-Redakteur, schließlich TV-Produzent - und obwohl er sich einst erträumte, große Kinofilme zu produzieren, hat Andreas Knuffmann jetzt ein anderes Glück gefunden: Das TV-Geschäft in Lohn und Brot der großen Medienkonzerne zehrte an ihm. Als freier Filmemacher dreht Andreas Knuffmann nun die Geschichten, die er auf der Straße findet, berichtet von außergewöhnlichen Menschen mit besonderen Leidenschaften: "Macao Gladiators" ist so eine Story - eine Geschichte von der Straße. Sie erzählt vom härtesten Motorradrennen der Welt. In Indonesien ist dieser Film so beliebt, dass er mit einem "Goldenen Award" ausgezeichnet wurde.

Andreas Knuffmann wurde in Krefeld-Königshof groß. Als Kind lebte er als einer von vier Brüdern an der Von-Ketteler-Straße, seinen Eltern gehörte das Einrichtungshaus Knuffmann. Sohn Andreas besuchte die Grundschule Oberbruchstraße, wechselte später auf das Arndt-Gymnasium, war erfolgreicher Basketballer bei BBC Krefeld und Messdiener in Herz-Jesu Königshof. "Ich fühle mich immer noch als Krefelder, die Verbindung in die Stadt ist immer noch intensiv, auch im Geschäftsleben", sagt Knuffmann.

Seine ersten Filmerfahrungen hat er in Krefeld gemacht: "Als Zehnjähriger bin ich oft ins Kino Seidenfaden am Ostwall gegangen und habe mir die ersten Godzilla-Filme angesehen. Da habe ich schon gedacht: ,Irgendwann möchte ich auch einmal Filme machen und im Abspann stehen'", sagt Knuffmann. Er habe dann seine ersten Aufnahmen mit Super-8-Kamera von Familienfeiern gedreht. Doch anstatt nach der Schule ins Filmgeschäft zu gehen, musste er erst eine Schleife drehen. Die Filmhochschulen nahmen ihn nicht an. Andreas Knuffmann studierte also nach dem Zivildienst erst Betriebswirtschaftslehre in Aachen, Schottland und Frankreich. Seine Abschlussarbeit schrieb er 1992 in Paris - über das Kassenkontrollsystem bei Ikea. "Fast hätte ich auch Möbel verkauft."

Knuffmann wollte seinen Traum aber nicht aufgeben; und diese Hartnäckigkeit zahlte sich aus: Er hospitierte bei Sat1 und beim Sportstudio des ZDF in Mainz, bekam dann tatsächlich seine erste Stelle als Volontär und Nachrichtenreporter bei Sat.1, ehe er in den Bereich Fiktionales wechselte. Er arbeitete als Redakteur unter anderem beim "Bergdoktor", "Kommissar Rex", "Stockinger und "Die Wagenfelds" mit, war für den mit drei Grimme-Preisen ausgezeichneten TV-Dreiteiler "Sardsch" mit Hannes Jänicke verantwortlich. Als SAT.1-Chef Kogel dann die Außen-Redaktion in München, für die Knuffmann mit Familie aus Hamburg nach Bayern umgezogen war, schloss, nahm Knuffmann das Angebot der Hamburger Produktionsfirma Polyphon an. "So bin ich eben Produzent geworden", sagt Knuffmann, der unter anderem bekannte Serien wie das "Alphateam" entwickelte und produzierte. 150 Folgen lang, ein großer Sat1-Erfolg. "Da war ich plötzlich auf der anderen Seite des Schreibtisches." Und er zog wieder von München nach Hamburg zurück.

Erst lief alles gut, immer größere Erfolge, immer bessere Quoten, Einladungen auf Galas und Filmpreisverleihungen folgten. "Der Glamourfaktor hat einen irgendwie süchtig gemacht", bekennt Knuffmann. Doch genauso schnell, wie man im Geschäft ist, sei man auch wieder draußen. "Im Fernsehen ist viel Unechtes dabei. Die Gefahr, schnell verbrannt zu werden, ist enorm". Nur noch zu einigen seiner damaligen Weggefährten gebe es Kontakt. Mit Nick Wilder, Schiffsarzt beim Traumschiff, pflege er noch eine Freundschaft. Auch zu Hannes Jänicke bestehe immer noch eine Verbindung.

Knuffmann entdeckte die Kehrseite seines Berufs mit Mitte 30: "Da hatte ich den ersten Burnout, ich hatte einfach keinen Antrieb mehr." Eine ernste Krise habe er damals gespürt; und das, wo er doch als Familienvater Verantwortung für seinen Nachwuchs hatte. Zwei Kinder hatte er damals, beide stehen heute schon mitten im Leben. Tochter Anouk lebt und arbeitet in Kapstadt, Sohn David studiert in Hamburg. Im Rückblick weiß Andreas Knuffmann, was ihn so aus der Bahn geworfen hat. "Das hatte mit dem Tod meines Vaters zu tun. Er war immer eine enge Bezugsperson und plötzlich nicht mehr da."

Die TV-Branche habe ihm auf lange Sicht nicht gut getan, bilanziert Knuffmann. "Helmut Thoma sagte mir mal: Seien Sie vorsichtig! Die Branche frisst ihre eigenen Kinder und scheidet sie gebrochen wieder aus".

Nach dem Burnout zog er seine Konsequenzen und gründete sein Unternehmen "Boomerang Film". Seit nunmehr 15 Jahren arbeitet er als unabhängiger Filmemacher. Und er muss nun nicht mehr nur noch auf die Quote schielen. Die mache viel kaputt, sagt Knuffmann. So habe er zum Beispiel immer einmal eine Geschichte über seinen Bruder Michael drehen wollen. Er ist Spastiker, sitzt im Rollstuhl und lebt in Traar. Andreas Knuffmann sagt über ihn: "Er ist für mich ein Vorbild, so wie er sein Leben meistert." Dies zu verfilmen, habe ihn immer gereizt - "zu nah dran sind Sie - die Geschichte trägt nicht", sagten ihm die TV-Sender, denen er diesen Film vorschlug. Irgendwann, so sagt Andreas Knuffmann, werde er sich auch diesen Wunsch noch erfüllen. Er sei ja jetzt schließlich ein freier Mann.

Andreas Knuffmann hat realisiert, dass seine Zeit auf Erden endlich ist und er seine Schaffenskraft für Projekte einsetzen will, die etwas bewegen. "Seitdem lebe ich meine Leidenschaft", sagt Knuffmann - das heißt: Arbeit oft mit Mini-Etat mit großer Zeitinvestition. Aber: frei. "Das Gefühl, unabhängig zu sein, empfinde ich als das größte Geschenk."

Nur so bekam er Chancen wie die, den Film "Macao Gladiators" zu drehen: 35 Motorrad Rennfahrer aus aller Herren Länder treffen sich jedes Jahr in der asiatischen Spieler-Metropole Macao zu einem der legendärsten Motorsport-Spektakel der Welt. Die Motorradfahrer fahren durch enge Hochhausschluchten, nur wenige Zentimeter entscheiden zwischen perfekter Linie und Lebensgefahr. Jahr für Jahr gibt es bei dem engen Stadtkurs tödliche Unfälle. Knuffmann begleitete die beiden Rennfahrer Didier Grams und Marc Fissette - für ihn sind sie Gladiatoren, die ihre Angst vor der Gefahr überwanden.

In Indonesien hat die 70-minütige Dokumentation bei den Filmfestspielen in Djakarta einen "Gold Award" als beste internationale Filmdokumentation gewonnen. Außerdem war Knuffmann mit diesem Film Finalist beim Eurofilm-Festival in Malaga und beim Filmfestival Ficts in Mailand. Es sei immer ein großes Risiko dabei, solche Filme zu drehen, sagt Knuffmann. "Wir haben das Projekt vorfinanziert, sind volles Risiko gegangen." Vertriebsstrategien seien überlebenswichtig. Deshalb sei er jetzt auch als Händler bei Amazon gelistet, wo sein Film seit April verkauft wird. Den DVD-Vertrieb für seinen Film macht er mit dem Krefelder Unternehmer Stephan Kraus von Radio Viktoria auf dem Dießemer Bruch.

Der Norddeutsche Rundfunk sei ein wichtiger Partner, auch das Zweite Deutsche Fernsehen. Zu seinem festen Kundenstamm zählen auch TUI, BMW, SEAT und Carlsberg. "Die Werbewirtschaft investiert immer weniger in TV", sagt Knuffmann. Die deutsche TV-Landschaft sei mittlerweile ein "beinhartes Geschäft". Wenn er Filme anbietet, würde er immer häufiger hören: "Tolles Thema, wollen wir haben, aber wir können nicht mehr so viel zahlen." Er habe daraus gelernt, sich immer neu zu erfinden, neue Absatzmärkte zu suchen. "Was ich jetzt mache, erfüllt mich total."

Seine nächsten großen Projekte hat Knuffmann bereits geplant. Im Film "The Dying King" soll es um die verbrecherische Löwenindustrie in Südafrika gehen. Dieses Projekt realisiert er mit der Tierschutzorganisation "Vier Pfoten", die dagegen kämpfen will, dass männliche Löwen gezielt gezüchtet und dann im "Canned Hunting", in eigens eingerichteten Reservaten, zum Abschuss freigegeben werden. Im Film "The African Soul" wiederum geht es um einen Fußball-Weltstar und sein Engagement für Kinder in Afrika. Den Namen des Fußballers will Knuffmann noch nicht verraten. Die Gespräche und Verhandlungen in London sind in vollem Gange.

Andreas Knuffmann hat die Strategien erlernt, mit denen man als freier Filmemacher bekannt wird. "Es geht vieles über Preise und Auszeichnungen bei Festivals." Er hofft nun, dass "Macao Gladiators" ihm neue Türen öffnet.

Er war gerade in Nordirland mit dem Team und hat die Fortsetzung von "Macao Gladiators" gedreht. "Wir wohnen dann wie in einer WG zusammen, kochen und schneiden parallel, entwickeln abends Ideen für den nächsten Tag. Wie eine alte Rockband! Was Schöneres kann ich mir nicht vorstellen, als mit meinen Leuten so um die Welt zu ziehen und relevante Filme zu drehen."

Sein Vater habe ihm immer den Rat gegeben, bei zwei Entscheidungen besonders aufzupassen, sagt Andreas Knuffmann: die passende Frau und den richtigen Beruf zu finden. "Denn dann musst Du nie mehr arbeiten!" sagt Knuffmann, und schließt: "In Rente werde ich nicht gehen - eine Kamera habe ich eh immer dabei: Dazu lieben wir alle das, was wir tun, zu sehr!"

(RP)
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