Krefeld Die Zukunft des Klinikums

Krefeld · Das Klinikum, das zu 74,9 Prozent von Helios übernommen wurde, steht vor einem Neuanfang. Helios-Geschäftsführer Uwe Klingel erläutert, wie sich das Haus entwickeln soll. Ein Gespräch über Schulungen für Ärzte, neue Strukturen und Gewinnaussichten.

Was ändert sich zum 1. Januar am Klinikum?

Klingel: Wir haben kein Patentrezept in der Schublade. Jedes Krankenhaus muss individuell betrachtet werden, mit seinem regionalen Einzugsgebiet, seinen regional bedingten Unterschieden und den regional vorhandenen Einheiten. Deshalb analysieren wir jedes Krankenhaus, das wir übernehmen, neu. Sicher ist, dass wir in Hüls einen neuen Verwaltungsleiter etablieren werden, weil uns dieses Haus sehr wichtig ist.

Wir sich auch äußerlich etwas ändern: Wann hängt das Helios-Logo?

Klingel: Wenn die Bezirksregierung den Kauf genehmigt, werden wir auf jeden Fall unsere Fahnen und unser Logo aufhängen. Das ist dann eine sichtbare Änderung, dass die Helios-Kliniken in Krefeld angekommen sind.

Was sind die ersten Arbeitsschritte, die Sie planen?

Klingel: Wir werden uns dem Thema Medizin widmen und die vorhandenen Daten auswerten. Es wird wahrscheinlich bis Februar dauern, bis wir die Schnittstellen für die Computersysteme gebaut haben. Dann können wir die Daten des Klinikums in unser Qualitätsmanagementsystem überführen.

In Hüls und am Klinikum stehen Baumaßnahmen an. Wann geht es damit los?

Klingel: In Hüls werden wir im Mai beginnen. Das Haus erhält neue Fenster und einen neuen Anstrich. Der OP-Bereich und die Stationen werden renoviert. Für das Klinikum haben wir jetzt die Bebauungspläne eingesehen und suchen jetzt Architekten.

Nach dem Ratsbeschluss haben Sie angekündigt, dass Sie auch an den Strukturen des Klinikums etwas ändern werden. Was haben Sie vor?

Klingel: Das Klinikum wäre nicht verkauft worden, wenn die Struktur gestimmt hätte. Wir haben bisher nie erlebt, dass wir die Strukturen eines Krankenhauses nicht anpassen müssten. Erst aber müssen wir sie analysieren.

Wird sich in der Geschäftsführung in Krefeld personell etwas ändern? Wie sorgen Sie dafür, dass das Klinikum in Zukunft nach Helios-Art geführt wird?

Klingel: Das know-how kommt zum einen über mich hinein. Zum anderen haben wir ein Integrationsteam aufgestellt, das beratend vor Ort tätig ist. In die verschiedenen Bereiche kommen Fachleute aus unseren Zentralbereichen. Sie sorgen dafür, dass beispielsweise in der Medizin oder in der Zentralsterilisation nach unseren Qualitätsstandards gearbeitet wird.

Ihr Geschäftsführerkollege Francesco de Meo erklärte jüngst in einem Interview die wirtschaftliche Entwicklung, die Sie nach einer Übernahme erwarten. Danach soll die Ebitda-Marge, also das Verhältnis von Ertrag vor Finanzergebnis zum Umsatz, deutlich steigen: Nach dem ersten Jahr soll das Verhältnis bei drei Prozent liegen, nach fünf Jahren bei 15. Wie wollen Sie das schaffen?

Klingel: Das Klinikum hatte in vielen Bereichen Berater. Die Berater brauchen wir nicht mehr. Deshalb laufen die entsprechenden Verträge aus oder wurden gekündigt. Wir sparen außerdem vom ersten Tag an beim Einkauf. Krefeld kommt in unseren zentralen Einkaufsverbund und spart damit ungeheuer viel Geld. Wir haben in unserer Zentrale ein Team für die Budgetverhandlungen, das im Jahr 30 Pflegesatzverhandlungen führt. Dieses Team bringt viel mehr Erfahrungen mit als sie an einem Krankenhaus haben können, wo solche Verhandlungen nur einmal im Jahr geführt werden.

Wann rechnet sich der Kauf des Klinikums für Sie?

Klingel: Vom ersten Tag an. Das Klinikum hat einen enormen Verbrauch. Das steigert unsere Einkaufsmacht. Bisher haben wir nach jeder Übernahme an dem Krankenhaus Spezialisten entdeckt, die das Wissen in unserem Haus vergrößert haben. Da profitieren dann alle unsere Häuser davon.

Und wie viele Millionen werden Sie noch in das Klinikum stecken müssen, bis es Gewinn bringt?

Klingel: Das können wir heute noch nicht beantworten. In den nächsten zwei Jahren erwarten wir sicherlich noch keinen Gewinn.

Wollen Sie in der Region noch mehr Krankenhäuser erwerben?

Klingel: Wir wollen Krefeld zum Zentrum einer Region machen. Es ist erklärter Wille unseres Unternehmens, dass wir jährlich um 150 Millionen Euro Umsatz wachsen wollen. Das geht nicht ohne Zukäufe. Ob das gelingt, hängt dann allerdings von den Verkäufern ab.

Wie wird sich die Gesundheitslandschaft in Krefeld verändern. Wird es mehr Konkurrenz geben?

Klingel: Wir brauchen die niedergelassenen Ärzte und wollen mit ihnen Kooperationen schließen. Wir wollen auch die anderen Krankenhäuser einbinden und entscheiden das rein sachlich. Es macht keinen Sinn, dass wir etwas anbieten, was woanders schon hervorragend etabliert ist.

Wie wird sich das Cäcilienhospital entwickeln? Welches Profil soll das Haus bekommen?

Klingel: Sie können aus einem Sportboot keinen Tanker machen. Das Cäcilienhospital wird nicht das Angebot eines 600-Betten-Hauses haben. Ich glaube aber, dass es eine positive Zukunft hat. Hüls hat ein sehr gutes Einzugsgebiet. Es ist uns wichtig, das wir vor Ort die niedergelassenen Ärzte stärker einbinden. Dann werden wir mehr Erfolg haben. Die Geriatrie mit der internistischen Abteilung zu verbinden halte ich für eine gute Idee. Genauso wie die Einrichtung der komplementären Onkologie.

Wie wird das Klinikum in fünf Jahren aufgestellt sein?

Klingel: Wir haben das Ziel, die gute medizinische Qualität, die da ist, zu steigern. Wir wollen ein Haus, das gut mit den niedergelassenen Ärzten zusammenarbeitet. Und wir wollen ein Klinikum, das mehr Patienten versorgt. Gegenwärtig behandeln wir 35\x0f000 Fälle pro Jahr. Ich möchte, dass es in zehn Jahren 45\x0f000 sind.

Wie viele Stellen werden Sie bis dahin abbauen?

Klingel: Das kann ich noch nicht sagen. Es wird auch sehr unterschiedlich sein. Ich bin aber sicher, dass wir auch neue Ärzte einstellen werden.

Vor der Fusion kursierte im Klinikum das Wort von der "Sprinterprämie”. Sie zahlen eine Abfindung an Mitarbeiter, wenn sie gehen. Und je schneller die Mitarbeiter sich zum Abschied entscheiden, um so mehr bekommen sie.

Klingel: Das Wort von der Sprinterprämie hat einen etwas negativen Beigeschmack, der so nicht stimmt. Es ist doch gar nichts dagegen einzuwenden, wenn wir eine Abfindung zahlen und jemand in beiderseitigem Einvernehmen ausscheidet. Dafür haben wir einen Sozialfonds eingerichtet.

Der liegt bei 20 Millionen Euro. Damit können Sie sehr viele Abfindungen zahlen.

Klingel: Ja, aber der Fonds enthält auch Gelder für die Weiterbildung. Unser erstes Ziel soll nicht sein, dass wir uns von Mitarbeitern trennen. Wenn wir an einer Stelle für einen Mitarbeiter keine Verwendung mehr haben, prüfen wir, ob wir ihn qualifizieren und dann woanders einsetzen können. Außerdem haben wir ein Qualitätssicherungssystem, das auch die Ärzte schult.

Vor der Fusion warnten Kritiker, Mehrheitsgesellschafter Fresenius könnte Helios verkaufen und dann hätte Krefeld möglicherweise einen Partner, den es gar nicht will.

Klingel: Als die sechs Helios-Eigentümer vor zwei Jahren ihre Anteile abgegeben haben, war es erklärter Wille, jemanden zu finden, der eine langfristige Strategie mit den Krankenhäusern verfolgt. Diese Erwartung hat Fresenius bisher nicht enttäuscht. Jetzt hat Fresenius den Helios-Geschäftsbereich in den Vorstand geholt. Auch das ist ein klares Signal für ein langfristiges Engagement.

Dieter Hilla führte das Gespräch.

(RP)
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