Krefeld Diebstähle auf Friedhöfen gehen weiter

Krefeld · Unbekannte versuchten, vom Familiengrab von Inge Beckers auf dem Hauptfriedhof ein verankertes Kreuz zu stehlen.

"Es war für mich einfach unvorstellbar. Als der Anruf kam, war ich völlig geschockt. Dass es Menschen gibt, die Tote bestehlen, ist mir unbegreiflich", sagt Inge Beckers. Bis zur vergangenen Woche war die Welt für sie noch in Ordnung. Dann kam am Freitagmorgen der besagte Anruf. Am anderen Ende der Leitung war das Gärtnerunternehmen, das sich in ihrem Auftrag um das Familiengrab und die letzte Ruhestätte ihres Mannes auf dem Krefelder Hauptfriedhof kümmert.

Karl Kronenberg von der gleichnamigen Krefelder Gärtnerei teilte der Seniorin mit, dass Diebe versucht hätten, das Kreuz auf der Familiengrabstätte zu stehlen. Das zwischen zwei Grabsteinen stehende Messingkreuz stand nicht mehr fest und gerade. Der unbekannte Täter - es könnten auch mehrere gewesen sein - hatte den Betonsockel gelockert. Allerdings war es ihm nicht gelungen, das rund 1,50 Meter hohe Kreuz zu entwenden, da es erstens sehr gut im Betonsockel verankert ist und zum zweiten auch einiges an Gewicht aufweist. Einer der Gärtner von Kronenberg hatte bei routinemäßigen Pflegemaßnahmen sofort gesehen, dass sich jemand an dem Kreuz zu schaffen gemacht hatte. "Die Messingvasen, die früher auf den Gräbern standen, habe ich schon vor Jahren entfernt. Ein Griff und sie wären weg gewesen. Aber dass jemand versucht, solche religiösen Dinge zu entwenden, ist für mich unfassbar", sagt Beckers. Auch der Griff nach Grablampen aus Bronze ist bei Dieben vermehrt zu verzeichnen. "Dabei geht es den Tätern nur um das Metall", so die Polizei.

Für Inge Beckers ist klar, dass sie aufgrund des versuchten Diebstahls auf jeden Fall Anzeige erstatten wird. Etwas anderes hat die Senioren auch bereits getan. Sie hat bei der Stadt Krefeld angerufen und nachgefragt, warum der Krefelder Hauptfriedhof nachts nicht mehr abgeschlossen wird. "Früher gab es einen Rentner, der abends die Tore schloss. Anscheinend ist dafür kein Geld mehr vorhanden", kreidet Beckers der Stadt an.

Manuel Kölker von der städtischen Pressestelle spricht von einem Auslaufmodell bezüglich des Verschließens der Friedhöfe. Rentner, die aus Alters- oder Krankheitsgründen aufgeben, werden nicht mehr ersetzt. "Wo es diesen Rentnerdienst noch gibt, läuft er. In Fischeln, Oppum, Stratum und Hüls werden die Friedhöfe so noch über Nacht abgeschlossen", so Kölker.

Für den Hauptfriedhof ist das Modell hingegen ausgelaufen. Laut Stadt liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass die Zahl der Diebstähle bei verschlossenen oder nicht verschlossenen Friedhöfen sinkt oder steigt. Zusammenhänge seien mit Blick auf die Diebstahlshäufigkeit nicht erkennbar. Neben der Tatsache, dass die verstorbenen Menschen bestohlen werden und die grabpflegenden Verwandten über solche Taten tief betroffen sind, sieht Karl Kronenberg einen weiteren nicht unerheblichen Aspekt dieser Diebstähle. "Bei vielen der von Diebstahl betroffenen Gräber handelt es sich um alte Baudenkmäler, auf denen Platten wie zum Beispiel mit Wiederauferstehungsszenen das Bild mit prägen. Diese Platten werden gestohlen. Zurück bleiben hässliche Löcher, die das Gesamtbaudenkmal als solches schädigen", sagt Kronenberg.

Bei den gestohlenen Platten handelt es sich dabei oft um patiniertes Blech und keine Bronze. Das heißt, das Blech hat nur einen minimalen Wert von einigen wenigen Euros. Ein sinnloser Diebstahl, der Kultur zerstört und dabei für den Dieb noch nicht einmal lohnend ist. Eine Vorgehensweise, die schon an Vandalismus grenzt, der die betroffenen Hinterbliebenen schwer trifft. Aber egal, was entwendet wird und um welchen Wert es sich handelt, die Taten als solche sind einfach unfassbar.

(RP)
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