Krefeld Drehort Bahnhof: 99 Filmsekunden für Berlin

Krefeld · Ihr Handwerk beherrschen sie alle: Trotzdem sind sie aufgeregt und erwartungsvoll. Für Laura Thomas, Katja Malinowski und Ruth Mensah ist es eine Premiere. Sie kennen sich zwar schon länger, drehen aber erstmals gemeinsam einen Film und nehmen damit am größten Kurzfilmfestival für Deutschland, Österreich und der Schweiz - dem 99-Fire-Films-Award - teil. Überraschend gab's noch prominente Unterstützung. Schauspieler Jonathan Hutter aus dem Ensemble des Theaters Krefeld und Mönchengladbach übernimmt die männliche Nebenrolle.

 Laura Thomas spielt die Hauptrolle in dem 99 Sekunden langen Kurzfilm, den die Krefelderin mit ihren Freundinnen Katja Malinowski und Ruth Mensah produziert hat.

Laura Thomas spielt die Hauptrolle in dem 99 Sekunden langen Kurzfilm, den die Krefelderin mit ihren Freundinnen Katja Malinowski und Ruth Mensah produziert hat.

Foto: Thomas Lammertz

Die Krefelder Musikszene um Bands wie Provinztheater, Mondo Mashup Soundsystem und das Horst Hansen Trio hat Laura Thomas (31), Katja Malinowski (37) und Ruth Mensah (24) zusammengebracht. Die Chemie unter den drei Frauen stimmte - über den Musikgeschmack hinaus. Und auch die Interessen passten irgendwie zusammen: schreiben, fotografieren, Videos drehen, schauspielern.

 Katja Malinowski (links) und Ruth Mensah stehen hinter der Kamera für den Krefelder Kurzfilm.

Katja Malinowski (links) und Ruth Mensah stehen hinter der Kamera für den Krefelder Kurzfilm.

Foto: Lammertz Thomas

Nun stand das erste gemeinsame Kreativprojekt an. Die drei drehten einen 99 Sekunden langen Kurzfilm auf dem Krefelder Hauptbahnhof und in ihren Wohnungen. Dafür hatten sie genau 99 Stunden Zeit, um ihren Beitrag rechtzeitig nach der Themenbekanntgabe am vergangenen Freitag im Internet bei den Veranstaltern des "99-Fire-Films-Award 2017" hochzuladen und die Hoffnung auf das Preisgeld in Höhe von 9999 Euro zu wahren.

 Jonathan Hutter aus dem Ensemble des Stadttheaters übernimmt die männliche Rolle. Rechts: Laura Thomas.

Jonathan Hutter aus dem Ensemble des Stadttheaters übernimmt die männliche Rolle. Rechts: Laura Thomas.

Foto: Lammertz Thomas

Laura Thomas hat die Truppe für das Vorhaben angemeldet und damit den Startschuss gegeben. Die gelernte Erzieherin lebt schon seit einigen Jahren in Krefeld. Mit 24 Jahren begann sie noch einmal etwas Neues. Sie wurde Schauspielerin und war zuletzt unter anderem in dem Stück Nathans Kinder im Kreschtheater in der Fabrik Heeder zu sehen.

Katja Malinowski kam aus Berlin an den Rhein in die Seidenstadt. Die Mutter einer fünfjährigen Tochter ist als Fotografin und Regisseurin unterwegs. Einem breiten Publikum sind ihre Videos für den Sänger Bosse bekannt, der mit deutschen Songs wie Taxi, Wartesaal, Kraniche und Engtanz bis auf Platz eins der deutschen Charts stürmte. Ruth Mensah ist die Jüngste im Bunde und aus Düsseldorf. Sie schreibt Drehbücher, Theaterstücke, Kurzgeschichten, Gedichte und überlegt sich, die traditionelle Form einer Lesung attraktiver zu machen. Da muss auch schon mal das Publikum mit ran und aus seiner bequemen Zuhörerrolle erwachen.

Bei dieser Konstellation war schnell klar, wie die Rollen verteilt sind. Was fehlte: ein männlicher Darsteller für eine Nebenrolle. Da führte dann der Zufall Regie. Plötzlich war Jonathan Hutter aus dem Ensemble des Stadttheaters Krefeld und Mönchengladbach da. Der gelernte Clown und Publikumsliebling der RP-Leser aus der vergangenen Spielzeit machte mit.

Die Hektik der Reisenden auf dem Krefelder Hauptbahnhof bot das richtige Ambiente für ihren Stoff: Mit den Formulierungen "allein unter vielen" oder "gemeinsam einsam" ist der Kern des Stoffes schon prägnant beschrieben. "Wir wollten eine ruhig erzählte emotionale Geschichte drehen, die nicht zu ernst, aber dennoch eine Botschaft transportiert", berichtet Katja Malinowski. Die Pointe wird natürlich nicht verraten, hat aber mit einem befreienden Lachen zu tun, weil jeder schon einmal etwas ähnliches erlebt hat. Sie ist ein "poetischer Hoffnungsschimmer".

Die Stadt Krefeld mit ihren Aktivitäten und vielen schönen Orten bekommt von den drei Frauen übrigens sehr viele Komplimente. Vor allem die Menschen haben es den Filmemacherinnen angetan. Die seien sehr offen, aufgeschlossen, unaufgeregt, voller Energie und gar nicht arrogant. "Jeder hat Lust, etwas zu machen, und es gibt glücklicherweise kein ausgeprägtes Konkurrenzdenken", betonten die drei.

Den 99-Fire-Films-Award gibt es seit neun Jahren. Er wird von Vertretern aus Industrie und Wirtschaft finanziert. Gesucht werden die besten Nachwuchsfilmemacher und die kreativsten Video-Macher aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der Wettbewerb ist ein Kurzfilm- und Content Creator Wettbewerb mit mehr als 10.000 Teilnehmern und jährlich mehr als 2500 eingereichten Filmen. Er gilt als das Sprungbrett für kreative Nachwuchstalente im digitalen Bewegtbildzeitalter. So schaffte es Adi Wojaczek (Gewinner "Bester Film 2015") auf die Shortlist des wichtigsten Filmpreises der Welt: des Oscars.

Der Wettbewerb ist allerdings auch nicht frei von Kritik. Die Teilnehmer treten die Rechte an ihrem Beitrag ab. Nach Sichtung der Beiträge und Sitzung der Jury findet am 16. Februar die Preisverleihung mit mehr als 600 geladenen Gästen aus Unterhaltung, Medien, Wirtschaft, Politik und Sport im Admiralspalast Berlin statt. Darüber hinaus wird ein Publikumspreis vergeben.

(sti)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort