Krefeld Ehrung für Josef-Hafels-Hauptschule

Krefeld · Die Jury des AOK-Wettbewerbs "Starke Kids Netzwerk" war beeindruckt von einem Projekt, bei dem der Erste-Hilfe-Dienst bei Schülern zu einem sozialen Dienst ausgeweitet wurde.

 "Diese Kinder sind uns anvertraut, und ich darf sie nicht wegschubsen.": Schulleiterin Birgit Oelmüllers-Hoff über die Arbeit an der Josef-Hafels-Hauptschule.

"Diese Kinder sind uns anvertraut, und ich darf sie nicht wegschubsen.": Schulleiterin Birgit Oelmüllers-Hoff über die Arbeit an der Josef-Hafels-Hauptschule.

Foto: L.S.

Eigentlich ist sie ja die Frau, die um Auflösung ihrer Schule gebeten hat - und nun sitzt man vor einer Lehrerin, die nichts von dem ist, das man erwartet: nicht resigniert, nicht zynisch, nicht sarkastisch, nicht jammernd oder schimpfend. "Vielleicht liegt das an meinem rheinischen Naturell", antwortet Birgit Oelmüllers-Hoff lachend auf die Frage, warum da trotz des Rufes nach Selbstauflösung keine Resignation zu spüren ist. Am Ende des Gesprächs hat man eine Reihe von Sätzen notiert, die zart und warm von den Schülern sprechen: "Es ist ja nicht so, dass unsere Schüler nicht nett sind. Sie haben nur besonderen Unterstützungsbedarf. Diese Kinder sind uns anvertraut, und ich darf sie nicht wegschubsen."

Jetzt hat die Josef-Hafels-Hauptschule für ein Projekt den ersten Preis bei dem AOK-Wettbewerb "Starke Kids Netzwerk" zuerkannt bekommen - er wurde bei einer Feierstunde übergeben. Der Preis ehrt Projekte, die innovativ und nachhaltig mit Kindern arbeiten. Die Josef-Havels-Hauptschule hat den ohnehin bestehenden Erste-Hilfe-Dienst von Schülern zu einer Art Sozialdienst ausgeweitet. Hintergrund sind Aggressionserfahrungen. "Wir haben Schülergruppen, bei denen Auseinandersetzungen nur in körperlicher Form und nicht auf verbaler Ebene stattfinden" - aus teils simplen Gründen: Die Schule mit ihren rund 310 Schülern hat 30 sogenannte DAZ-Kinder - DAZ steht für Deutsch als Zweitsprache -, die kein Deutsch können und im Streitfall ihre Position, ihre Wut, ihren Frust, ihre Angst nur körperlich zum Ausdruck bringen können. Die Schule hat die Schüler im Sanitätsdienst zusätzlich geschult und zu Streitschlichtern ausgebildet. "Die sollen wahrnehmen, wenn sich ein Konflikt anbahnt, und da reingehen, sei es selbst oder indem sie Hilfe holen." Dabei wurde versucht, auch Jugendliche einzubinden, "die es in sich haben", sagt Oelmüllers-Hoff - Jugendliche, die bei Streit auch selbst dazu neigen zuzulangen. Indem ihnen Verantwortung für den sozialen Frieden zugewiesen wird, stärkt man ihr soziales Empfinden und ihr Selbstbewusstsein.

Darin steckt für Oelmüllers-Hoff eine der zentralen Herausforderungen ihrer Arbeit. "Vielen unserer Kinder fehlen Vorbilder von Leuten, die etwas erreichen wollen. Und sie haben wenig Selbstwertgefühl, trauen sich nicht viel zu." Die Kinder stärken ist oft der Schlüssel zu besseren Leistungen. Oelmüllers-Hoff betont, dass Gewalt nicht das Hauptproblem ist: "Es ist eine Facette unter vielen." Auch die 70 Inklusionsschüler aller Kategorien seien keineswegs das Problem, betont sie, das sei längst geübt und gelernt. "Ich bin eine Verfechterin der Inklusion", betont sie, "die Mitschüler fühlen sich für die Schüler mit Behinderung verantwortlich, sie nehmen sie an und unterstützen sie. Dadurch gewinnen sie eine hohe soziale Kompetenz."

Nein, das, was die Hauptschule im Kern überfordert, sei die Zusammenballung von Problemen. Oelmüllers-Hoff geht davon aus, dass eine bessere Durchmischung von Schülern mit und ohne besondere Probleme die Bildungsarbeit erleichtert und für die Schüler erfolgreicher macht. Der erzieherische Anteil an ihrer Schule sei immer größer geworden - "bei dieser Zusammensetzung ist es fast nicht möglich, die Bildungsstandards der Hauptschule zu erreichen". Es sei wichtig, dass Erziehung und Wissensvermittlung ins Gleichgewicht kommen: "Warum gehen denn Kinder in die Schule? Damit sie rechnen, lesen und schreiben lernen."

(RP)
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