Krefeld Ein Krefelder zwischen Himmel und Eis

Krefeld · 14 Monate im Eis: Marcus Heger ist Funker in einer Forschungsstation (unser Foto oben) in der Antarktis - bei bis zu minus 48 Grad. Ausgebildet wurde er in Krefeld.

Krefeld: Marcus Heger arbeitet im Ewigen Eis
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Krefelder Marcus Heger arbeitet im Ewigen Eis

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Foto: Marcus Heger

Während bei uns die Temperaturen ganz allmählich auf herbstliche Dimensionen sinken, sitzt IT- und Elektronik-Ingenieur Marcus Heger mehr als 13.000 Kilometer entfernt bei bis zu minus 48 Grad Außentemperatur in seinem Büro in der Antarktis und hält die Verbindung zwischen der Neumayer-Station III und dem Rest der Welt in Betrieb. Doch auch die Zeitverzögerung beim Telefonieren zeigt, dass sich der 39-Jährige nicht gerade um die Ecke befindet. Oder um es mit Googles Worten zu beschreiben: "Eine Route von Krefeld in die Antarktis kann nicht berechnet werden."

Doch gerade diese Abgeschiedenheit, die Entfernung und die beruflichen Herausforderungen sind es, die Heger schon immer an dem Arbeitsplatz im ewigen Eis gereizt haben. "Die Faszination war schon vor meinem Studium vorhanden. Ich hatte einen Artikel gelesen, dass die Möglichkeit besteht, hier zu arbeiten, und das über die Jahre des Studiums im Hinterkopf behalten", erklärt Heger. Was folgte, war ein Kommunikations- und Nachrichtentechnik-Studium am Campus Krefeld Süd im Fachbereich Elektrotechnik und Informatik mit einer Abschlussarbeit zum Thema Richtfunk. Als nach dem Studium die Möglichkeit bestand, sich für die Stelle in der Kälte zu bewerben, hat er sofort zugeschlagen. "Ich wusste ja, dass ich nicht der erste Krefelder wäre, der auf der Neumayer-Station III arbeiten würde. Christian Göbel, auch ein ehemaliger Student, war 2011 auch hier, und von ihm habe ich mir am Campus noch einige wertvolle Tipps geholt." Außerdem hat der Funkamateur noch einige freiwillige Zusatzkurse zum Thema Flugfunk beim Aero Club Krefeld auf dem Egelsberg in Krefeld-Traar besucht. Was nach der Zusage folgte, war ein medizinisches wie fachliches Vorbereitungsprogramm für die 14 Monatige Überwinterung.

Nach viereinhalb Monaten Vorbereitung beim AWI in Bremerhaven ging es dann mit dem Flugzeug nach Kappstadt und von dort mit einer Transportmaschine in die Antarktis auf eine Gletscherlandebahn der russischen Station, ehe eine DC3 ihn zur Neumayer-Station III brachte. Nach fünf Tagen Anreise bezog er sein Container-Zimmer und lernte seinen Arbeitsplatz und Zuhause für die nächsten 14 Monate kennen.

Zuständig ist er als IT- und Elektronikingenieur nicht nur für die Kommunikation in die anderen Kontinente, sondern auch für den Austausch mit Schiffen und Flugzeugen sowie für Satellitenverbindung, Server und Datensicherung. Dass es dazu auch mal mit dem Schnee-Mobil hinausgeht, um Sendemasten und Kabelverbindungen zu prüfen, ist nicht von Nachteil, nutzt er die Gelegenheiten doch, um ein paar Aufnahmen von Pinguinen und Robben zu machen.

Wie groß die Umstellung auch und besonders im Alltag ist, musste er beim Fotografieren erfahren. "Ich weiß nun, dass man den Auslöser und die Knöpfe der Kamera nicht mit nackter Hand bedient, dafür ist es hier einfach zu kalt. So etwas macht man aber auch nur einmal, danach weiß man das", scherzt Heger. Generell müsse man auch in anderen Zeiten denken, da man aufgrund der Menge an Kleidung, die man tragen müsse, lange zum Anziehen brauche und auch alle Bewegungen schwerfälliger werden. Eine ganz andere Veränderung nimmt Heger seit März wahr. "Hier ist jetzt Winterzeit, und unser Team von 50 Leuten ist auf die Überwinterungsmannschaft von neun Personen zusammengeschrumpft. Auch gibt es nun erst mal keine neuen Lebensmittel; wir halten mit dem aus, was wir an Vorräten haben, bis das Versorgungsschiff Polarstern wieder durchkommt."

Doch für die lange Dunkelzeit, die nun folgt, in der die Sonne zwei Monate lang nicht aufgeht und Lagerkoller oder Winterschlafmodus einzusetzen drohen, ist vorgesorgt in der Station. So kann man in einem Sportraum, einer Sauna, beim Kicker, Billard oder beim Lesen dem Verlust des Zeitgefühls vorbeugen. Generell hält die Natur in der Antarktis so einige Besonderheiten parat. "Es gibt hier beispielsweise keine Gewitter, aber dafür Wind mit Geschwindigkeiten von bis zu 150 km/h. Außerdem kann man im Winter in der Polarnacht die gesamte Milchstraße und last but not least auch die Polarlichter auf einzigartige Weise sehen. Im Sommer scheint dafür die Sonne den ganzen Tag und geht zwei Monate lang nicht unter."

Trotz dieser Ablenkungen und spannenden Erfahrungen gibt es so ein paar Dinge, die der Funker vermisst. Weniger sind es dabei seine Hobbys als eher die Freunde und Familie und vor allem, "woran man zuvor nicht gedacht hat: die Farben und Gerüche. Einfach mal wieder was natürliches Grünes, die Natur und Bäume sehen, wäre schön."

(RP)
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