Krefeld Ein neuer Blick auf NRW von unten

Krefeld · Der Geologische Dienst NRW feierte sein 60-Jähriges Bestehen. Die Geschichte der in Krefeld beheimateten Landesbehörde spiegelt die wirtschaftspolitische Entwicklung von Nordrhein-Westfalen mit ihren Brüchen wider.

Weit mehr als 200 Mitarbeiter und Gäste feierten in dem langgestreckten Foyer des Geologischen Dienstes NRW (GD-NRW) an der De Greiff-Straße das 60-jährige Bestehen der Landesbehörde, die 1957 mit 139 Mitarbeitern mitten in der Boomzeit des Wirtschaftswunders in der Seidenstadt gegründet worden war. Heute arbeiten über 210 Geologen in dem Dienstgebäude an der De Greiff-Straße, in das der bis dahin über das ganze Stadtgebiet verteilte GD-NRW 1969 eingezogen war. Zur Feier des Tages stellten NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin und der Direktor des Geologischen Dienstes, Ulrich Pahlke, gemeinsam das neue Online-Portal open-data-gd-nrw vor, das mit seinen Datenbanken, Laserscans und Basisinformationen Jedermann offensteht, der Rat einholen möchte.

In seinem Grußwort zeigte sich Oberbürgermeister Frank Meyer "mächtig stolz" darauf, dass der renommierte GD-NRW als einzige Landesbehörde in Krefeld angesiedelt sei. "Wir haben uns angewöhnt, auf der Suche nach unbekannten Welten den Blick immer nach oben zu richten, weniger nach unten. Dem Mittelpunkt der Erde sind wir nur nicht weiter als durch eine Tiefenbohrung von zwölf Kilometern nähergekommen." Meyer brachte als Geburtstagsgeschenk dem Direktor des GD-NRW, Ulrich Pahlke das Versprechen mit, bei der Sanierung des in der Nähe gelegenen Stadthauses dafür zu sorgen, dass die Landesbehörde von dort aus kulinarisch mitversorgt werden könne. Deren Kantine wurde vor einiger Zeit geschlossen. Ein Food-Truck bietet nur einen unvollkommenen Ersatz.

NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin lobte den GD-NRW als seine "Untergrundorganisation". Der Jubilar sei gesund und munter. Als politisch neutrale Landesbehörde erforsche sie den Untergrund im gesamten Landesgebiet und sammle Erkenntnisse zur Geologie, Lagerstättenkunde, Grundwasser, Bodenkunde und Geophysik. Diese stelle sie der Politik, der Verwaltung, der Wirtschaft und den einzelnen Bürgern gedruckt oder digital zur Verfügung. Heute sei der GD-NRW ein moderner Dienstleister, der mit seinen Daten für die Risikovorsorge bei Gefahren, die vom Untergrund ausgehen, immer wichtiger werde.

Nach GD-NRW-Direktor Ulrich Pahlke ist der Werdegang der Behörde eng verknüpft mit den Schwerpunktthemen der jeweiligen Dekade. So suchte man in den Jahren nach seiner Gründung erfolglos in NRW nach Thorium und Uran als Brennstoffe für Atomkraftwerke und schrieb ingenieurgeologische Gutachten für die Vorläuferanlage des heutigen Forschungszentrums Jülich. Heute ist demgegenüber die Suche nach einem Endlager für strahlenden Müll von höchster Bedeutung.

Nach den Untersuchungen des GD-NRW wäre NRW ein guter Standort für Flözgas gewesen. Die Politik entschied anders. Immerhin wird an umweltschonenden Methoden für Fracking weiter geforscht, die ins Ausland verkauft werden sollen. Ministerialrat Ulrich Kaiser (Wirtschaftsministerium) verdeutlichte, dass NRW seinen heutigen Wohlstand der intensiven Nutzung seiner Bodenschätze zu verdanken. Den Preis habe häufig die Umwelt bezahlen müssen. Umweltthemen rückten heute in den Fokus. So hätten 170 Jahre Bergbaugeschichte bis in große Tiefen ihre Spuren hinterlassen, etwa in Form veränderter Grundwasserstände, Bergsenkungen und Geländehebungen. Dafür entwickelt der GD-NRW Modelle und kann dabei auf ein Archiv mit 380.000 Bohrkernen zurückgreifen.

Nach dem schweren Roermond-Erdbeben 1992 ergaben Schürfe, die das GD-NRW anstellte, dass über eine längere Periode auch in NRW Erdbeben mit der Magnitude 7 auf der Richterskala zu erwarten seien. 2015 wurde das immer wieder modernisierte Messstellennetz in ein Erdbebenwarnsystem umgewandelt. Ab einer Magnitude 3 gibt dies eine Meldung an Landesregierung und -leitstelle der Polizei ab, die Angaben zur Zeit des Ereignisses, Lage des Epizentrums, Magnitude und Einschätzung der Erdbebenwirkung enthält.

Am Ende der Veranstaltung zeigte sich GD-NRW-Chef Pahlke zufrieden: "Die schmerzliche Phase ist seit einem Jahr vorbei, in der wir keine Neueinstellungen vornehmen konnten. Inzwischen haben wir eine namhafte Zahl junger hochqualifizierter Wissenschaftler einstellen können. So kann der positive Teamgeist weitergegeben werden, der bei uns herrscht."

(oes)
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