Krefeld Ein Streifzug durch die Linner Alde Kerk

Krefeld · Mit einem selbst entwickelten dreiviertelstündigen3D-Rekonstruktion der Linner "Alde Kerk" hat der Krefelder Tüftler und archäologische Prospektor Detlef Stender einen wichtigen Beitrag zur Visualisierung der Stadtgeschichte erstellt.

 Detlef Stender macht mit seinem Film über die Alde Kerk in Linn ein Stück Geschichte erlebbar. In dem 45-Minuten Film, der als Blueray-Disc erhältlich ist, wird die Kirche auf der Grundlage von Ausgrabungsplänen entwickelt.

Detlef Stender macht mit seinem Film über die Alde Kerk in Linn ein Stück Geschichte erlebbar. In dem 45-Minuten Film, der als Blueray-Disc erhältlich ist, wird die Kirche auf der Grundlage von Ausgrabungsplänen entwickelt.

Foto: Lammertz

Der Linner Hobby-Archäologe Detlef Stender macht mit moderner 3D-Technik Geschichte erlebbar: in vierjähriger Arbeit hat der Diplom-Ingenieur sich alle filmischen Techniken angeeignet, um dann einen 45-Minuten-Film zu produzieren, in dem er die Geschichte der Alde Kerk in Linn erzählt.

"Man muss Archäologie mit allen heutigen Techniken lebendig machen, dann verstehen die Leute auch, um was es geht", sagt er. Sein Film braucht sich vor den Terra X-Produktionen des Fernsehens nicht zu verstecken. Die Linner Alde Kerk mit ihrem Pfarrhof wird auf der Grundlage von Ausgrabungsplänen des Museums Burg Linn entwickelt, eingebettet in die Alltags- und Sittengeschichte der ottonischen Zeit, für die Ausschnitte aus Bildern von Pieter Breughel dienen. Als Vorlage für Würfelkapitelle, Turmbauten, Gärten, Friedhöfe dienen die zeitgleich errichteten Umlandkirchen, von Fischeln bis Kaiserswerth. Den Krefelder Bürgern wird durch den Tüftler Stender ein Stück Geschichte zugänglich gemacht, wie es sonst nur Fachleute erhalten.

Besuchern des Arbeitszimmers von Detlef Stender fallen zunächst die kunstvoll nachgebauten Modelle von Schiffen des 16. Jahrhunderts auf. Das Großmodell des schwedischen Königsschiffes "Vasa" ist in einem beleuchteten Aquarium untergebracht. Die Fensterseite wird von der aus vielen verschiedenen Modulen bestehenden Computeranlage eingenommen, in der Bücherwand auf der gegenüber liegenden Seite stehen fast ausschließlich Bücher über Archäologie. Kein Zweifel, der 63-jährige Diplom-Ingenieur ist ein Tüftler, ein sehr erfolgreicher obendrein.

Stender wuchs in einer künstlerisch begabten Familie auf, die Maler, Pianisten und Sänger hervorbrachte. "Mein Hobby war immer die Archäologie", erzählt der bei der Deutschen Bahn beschäftigte Maschinenbauer. "Das wurde intensiver, als ich mit 21 Jahren im Gelleper Hafen und dann auch im Krefelder Stadtgebiet mit der archäologischen Prospektion (archäologische Untersuchungen) begann." Der Hobby-Prospektor entdeckte antike Scherben und Baumaßnahmen wie das eisenzeitliche Gräberfeld in Vennikel, das später der Erweiterung des Elfrather Sees weichen musste. Als er seiner Schwester am Ortseingang von Vorst auf dem Gelände des Hakeshofs beim Neubau eines Hauses half, entdeckte er ein römisches Gräberfeld, über das später ein Doktorand eine 500-seitige Promotionsarbeit schrieb. In 40-jähriger Prospektorenarbeit entdeckte Stender die Urzelle Oppums, das Siedlungsgebiet Oberend, die Puppenburg in Stratum und neben einigen weiteren, in der Region Krefeld verstreut liegenden römischen Tempeln und Landgütern 15 mesolithische Grabplätze am Hülser Berg. Die Beschäftigung mit der Mittelsteinzeit, die vor 5000 Jahren endete, ließ ihn zum Experten reifen, der mit Wissenschaftlern korrespondierte.

Dann stieß Stender auf einen Artikel des ehemaligen Direktors des Linner Museums Albert Steeger, der sich auf einen Grabungsbericht von Karl Rembert bezog, dem ersten Direktor des Linner Landesmuseums. Dieser beschäftigte sich mit der "Alde Kerk" genannten ersten Linner Kirche, die um das Jahr 1090 erstmals erwähnt, 1279 durch ein Hochwasser des Rheins zerstört worden sein soll. Noch heute verweist der Linner Flurname "Alde Kerck" auf den Standort am Linner Mühlengraben.

Stender sprach mit dem bäuerlichen Eigentümer der Parzelle und entdeckte auf dem durch jahrelanges Tiefpflügen veränderten Gelände eine Vielzahl über den Acker verstreuter alter Scherben. Diese verwiesen auf eine ältere Datierung als bei Rembert. In den Jahren 1989 und 1990 hat dann der Linner Museumschef Christoph Reichmann auf dem Gelände eine groß angelegte archäologische Grabung durchführen können, die weiteren Aufschluss über die "Alde Kerk" ergab.

(oes)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort