Neue Serie Erzählen Sie Uns Ihre Krefeld-Geschichte Erinnerung einer Textildesign-Studentin

Krefeld · Professor Annette Pöllmann gilt als Pionierin der Seidenmalerei. Sie kam 1948 nach Krefeld - und war fasziniert vom Flair.

 Annette Pöllmann hat in Krefeld ihre Heimat gefunden.

Annette Pöllmann hat in Krefeld ihre Heimat gefunden.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Textildesign hieß noch Druckgestaltung, als Annette Pöllmann sich für den Studiengang in Krefeld anmeldete. Von 1948 bis 1950 besuchte sie die Klasse von Elisabeth Kadow an der Textilingenieursschule, danach gehörte sie zur Meisterklasse von Professor Georg Muche. Die heute 89-Jährige gilt als Pionierin der Seidenmalerei. Ihr Wissen gab sie lange als Professorin an der heutigen Hochschule Niederrhein weiter. In ihren künstlerischen Arbeiten zeigt sich ihr offener Blick, der die Schönheit auch im Alltäglichen sieht. Ein knackig rotes, gut gewachsenes Radieschen kann die vollendete Form sein, die ihr zum Studienobjekt und zur Inspiration wird. Im vergangenen Jahr kuratierte sie die große Gebetsfähnchen-Ausstellung in der Josefskirche.

Professor Pöllmann, 1926 im sauerländischen Iserlohn in eine Lehrer-Familie geboren, ist ausgewiesene Weltenbummlerin - an einen entscheidenden Ortswechsel erinnert sie sich in unserer Serie - als sie ihr Elternhaus verließ und 1948 der Kunst wegen nach Krefeld kam:

"Meine Freundin sagte: "In Krefeld gibt's was mit Zeichnen, das passt zu Dir". So machte ich mich auf, verließ meine friedliche Stadt, um in Krefeld an der Textilingenieursschule zu studieren.

Ich hatte mit Hinterlist und Tücke ein Dachstübchen an der Friedrich-Ebert-Straße ergattert. Fuhr ich mit der Straßenbahn über die Uerdinger Straße, lagen links und rechts Trümmer.

In einer alten Fabrik an der Lewerentzstraße hing im Unterrichtsraum ein Bild, das mir Rätsel aufgab - ein "blaues Pferd". Ich wurde neugierig. Ich war fasziniert. Und so fremd mir auch die Unterrichtsmethode war, ich wusste sofort: Hier bin ich richtig.

Ich lernte Entwürfe für Druckstoffe zu gestalten. Es gab kurz nach dem Krieg keine Vorbilder wie Modejournale. Fantasie war gefragt. Und mir fiel immer was ein, so dass die Dozentin Elisabeth Kadow einmal zu mir sagte: "Sie können zehn Hände gebrauchen, um ihre Ideen auf Papier zu bringen".

Eine Stadt mit künstlerischem Flair nahm mich gefangen. Die Trümmer nahm ich nicht mehr wahr. Die tägliche Mennonitenspeisung - Haferflockensuppe - schmeckte vorzüglich.

Ich war traurig, die Stadt zu verlassen. Als Designerin arbeitete ich zehn Jahre lang im In- und Ausland. Ich hatte Heimweh nach Krefeld.

Manchmal werden Träume wahr. Ich kehrte zurück und wurde Leiterin der Klasse, in der ich zuvor studiert hatte. Manchmal höre ich die Stimme meines Vaters, als ich ihm mit Stolz mein Zeugnis mit guter Zensur im Zeichnen vorstellte. "Damit kannst Du keinen Hund hinter dem Ofen hervorlocken."

Ich bin alt, bin in Krefeld geblieben. Immer wieder erlebe ich, dass mich etwas inspiriert. Hier ist meine Heimat."

(ped)
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