Warum Krefeld Es begann mit Ersatzteilen für einen Mythos

Krefeld · Die Firma Niemann hat seit 1964 in Deutschland Ersatzteile für die Piaggio-Kultroller geliefert. Gerd Frey hat aus der Hinterhof-Werkstatt ein mittelständisches Unternehmen gemacht.

 Ein Düsseldorfer "Jong", der heute gern in Krefeld lebt: Gerd Frey,

Ein Düsseldorfer "Jong", der heute gern in Krefeld lebt: Gerd Frey,

Foto: T.L.

Uerdingen Das Jahr 2007 war eine kritische Phase für den Standort Krefeld. Das Unternehmen Niemann + Frey hat sich prächtig entwickelt; aus dem Ersatzteil-Depot im Hinterhof, das seit 1964 Ersatzteile für die Kult-Roller von Piaggio lieferte, war ein hochkarätiger Zulieferer für Motorrad- und Rollerhändler geworden, der seinen Kunden auch spezielle Eigenentwicklungen anbietet. Kurz: Die Firma war gewachsen, bereits 1995 war man in ein größeres Gebäude in Krefeld-Oppum gezogen und jetzt musste wieder ein größeres Firmengebäude her. Das ist der Moment, in dem Geschäftsführer darüber nachdenken, ob man nicht die Stadt wechseln sollte. Gerd Frey ist in der Stadt geblieben. Er hat die kleine Firma Niemann 1990 übernommen, weil er ihr Potenzial erkannte. Die Fotos aus den Anfängen zeigen wundervolle Hinterhofromantik: So stellt man es sich vor, wenn ein Liebhaber seine Werkstatt zum Unternehmen hochfummelt. Firmengründer Richard Niemann war so ein Liebhaber, und er begann in einer Zeit, in der die Deutschen längst italienverliebt waren und dieser Liebe nun als Touristen auch mehr und mehr nachgehen konnten. Und der Piaggio-Roller brummelte ohnehin seit dem Film "Ein Herz und eine Krone" mit Gregory Peck und Audrey Hepburn längst durch die Seelen der Deutschen.

Niemann + Frey wuchs, und irgendwann waren aus vier Mitarbeitern 80 geworden. 2007 begann Frey, über eine Vergrößerung mit Neubau nachzudenken. Andere Städte wie Rheinberg lockten mit günstigen Grundstückspreisen. Frey entschied sich am Ende für Krefeld aus einem Bündel von Gründen - sie zeigen, wie schmal der Grat ist, auf dem sich entscheidet, ob eine Stadt ein wachsendes Unternehmen verliert oder behält.

Zunächst lobt Frey die Krefelder Wirtschaftsförderung (WFG) und die Krefelder Bauverwaltung, als er seine Pläne für einen Neubau konkretisierte: Die WFG habe einen Runden Tisch in den Räumen der WFG mit allen beteiligten Dienststellen organisiert. "Wir haben fünf Wochen für den Bauantrag gebraucht, und innerhalb von vier Wochen kam das OK der Stadt. Das fand ich bestens", resümiert Frey.

Und das billigere Grundstück anderswo? Der Kostenvorteil wog am Ende nicht die Zwänge auf, denen Frey unterlag: "In unserem Unternehmen sind für den reibungslosen Ablauf drei Faktoren entscheidend: die Mitarbeiter, die Immobilie und die EDV. Es ist nie gut, wenn man mehr als einen Faktor ändert."

Frey hätte auch nicht einfach mal eine Saison aussetzen und in Ruhe umziehen können - das hätte wirtschaftlich einen Einbruch bedeutet, mit dem er die Zukunft des Unternehmens riskiert hätte. Und auch bei einem Umzug ins relativ nahe Rheinberg hätte er wertvolle Mitarbeiter verloren. "Wenn man sich von einer Stadt verabschiedet, verabschiedet man sich von Mitarbeitern", sagt Frey. Und in seiner Branche - er liefert über Nacht Ersatzteile europaweit - müssen alle Abläufe präzise ineinandergreifen, sonst kann er nicht pünktlich liefern und verliert Kunden. So änderte Frey am Ende nur einen Faktor: Er blieb in Krefeld und baute dort neu. Übrigens: Sein Partnerunternehmen hat den Bau schlüsselfertig und vertragsgemäß innerhalb von sechs Monaten im vereinbarten Kostenrahmen errichtet. Krefeld war für Frey nicht ausschließlich eine geschäftliche Entscheidung. Er siedelte 1990 als Düsseldorfer Jung' nach Krefeld über und ist hier heimisch geworden. Er mag die Stadt, die Lebensqualität, die sie bietet. Auch das hilft hierzubleiben.

(RP)
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