Interview mit Bezirksvorsteher Jürgen Hengst "Es läuft zurzeit gut für Uerdingen"

Krefeld · Wir sprachen mit dem Bezirksvorsteher von Uerdingen über den Frust von Planern, faktische Erfolge und Ziele für Uerdingen: 25 Millionen Euro sollen in den Stadtteil gepumpt, der Deich für Veranstaltungen ausgerüstet werden.

 "Als in Uerdingen der Hochbunker am Markt abgerissen wurde, gab es auch Leute, die gesagt haben: Das könnt ihr doch nicht machen, das gehört für mich zum Stadtbild dazu." - Jürgen Hengst im RP-Interview.

"Als in Uerdingen der Hochbunker am Markt abgerissen wurde, gab es auch Leute, die gesagt haben: Das könnt ihr doch nicht machen, das gehört für mich zum Stadtbild dazu." - Jürgen Hengst im RP-Interview.

Foto: B.K.

Sind Sie als langjähriger Planungspolitiker nicht vollkommen frustriert über die Dauer von Planungsprozessen? Man hat den Eindruck: Wenn das Wort Planung fällt, heißt das: Vertagt auf St. Nimmerlein.

Hengst Das gilt in vielen Städten und vielen Bereichen, nicht nur in Krefeld. Wie Dinge vorankommen, hängt in starkem Maße von den Konstellationen vor Ort ab, ob sich im Rat Mehrheiten bilden. Ich glaube, dass wir in Krefeld im Rat zwischen SPD und CDU im Kern das Selbstverständnis haben, dass wir etwas erreichen wollen. Insofern bin ich zurzeit überhaupt nicht frustriert.

Beispiel Uerdingen. Für Uerdingen wird gleich ein "Integriertes Handlungskonzept" geplant. Würde man nicht schneller vorankommen, wenn man, wie es so schön heißt, auf Sicht fährt und ein paar naheliegende Dinge entscheidet?

Hengst Es gibt eine Liste mit Maßnahmen, die wir in Uerdingen in den vergangenen zwei, drei Jahren durchgesetzt haben. Dazu kommt eine ganze Reihe von privaten Baumaßnahmen. Ich hoffe, dass 2019 Baubeginn für Rheinblick ist, wenn wir mit dem Chempark klarkommen.

Sie meinen, es ist eine optische Täuschung, dass nichts passiert?

Hengst Sagen wir mal so: Wenn etwas passiert in der Kommunalpolitik, dann nehmen die Leute das nicht zur Kenntnis, vielleicht als langsame Veränderung des Gesamtbildes. Wenn Dinge gut laufen, registriert man es nicht mehr. Ich glaube schon, dass es zurzeit gut läuft für Uerdingen. Und dieses sperrige Wort Integriertes Handlungskonzept ist schlicht die finanzielle Grundlage für das, was jetzt passieren soll. Wir sprechen von einem Förderrahmen von 25 Millionen Euro aus Bundesmitteln in den nächsten sieben, acht Jahren, bei einem städtischen Eigenanteil von 20 Prozent, der im Prinzip im Haushalt schon drinsteht. Wir werden das Gesamtpaket im November vorstellen.

Gibt es konkrete Vorhaben?

Hengst Es wird noch einige Maßnahmen am Rhein geben. Wir werden die Kronenstraße verkehrsberuhigen und öffnen zur Deichanlage hin, so dass man dort einen parkähnlichen Charakter hat. Wir wollen den Deich an Infrastruktur wie Strom, Gas und Wasser anschließen, damit wir dort Veranstaltungen durchführen können, und wir wollen das Quartierszentrum aufbauen.

Wäre es nicht ein Befreiungsschlag zu sagen: Quartierszentrum vielleicht, aber nicht in der ehemaligen Bücherei, weil die Sanierung zu teuer ist?

Hengst Nein. Ja, das kostet eine Menge Geld, wir reden von einem Betrag deutlich über einer Million Euro. Aber das Projekt ist in das Förderprogramm eingepreist. Das Quartierszentrum ist genau an dieser zentralen Stelle richtig, und das ist auch von der Bevölkerung getragen. Ich bin mir relativ sicher, dass wir dort etwas hinbekommen.

Warum die Scheu, dieses denkmalgeschützte Gebäude in private Hände zu geben? Vielleicht ist dort ja besser aufgehoben als bei der öffentlichen Hand.

Hengst Wir haben da keine Scheuklappen auf. Wenn es dieses Förderprogramm nicht gäbe, würden wir das eventuell auch vorschlagen. Wir haben das alte Rathaus an die Insterburger gegeben, und der Brempter Hof ist auch in privater Hand. Es hat aber in beiden Fällen erhebliche öffentliche Diskussionen gegeben. Es würde in Uerdingen einen kleinen Volksaufstand geben, wenn man die Herbertzhäuser mit dem Rathaus verkaufen würde.

Eine klassische Maßnahme auf Sicht könnte die Öffnung der Oberstraße für den Verkehr sein - warum nicht erst einmal für ein paar Jahre, um zu sehen, wie sich die Straße dann entwickelt.

Hengst Aus den beiden Workshops hat sich bislang eine Fifty-Fifty-Haltung dafür und dagegen. Ich persönlich kann mir eine Erprobungsphase durchaus vorstellen.

Warum ist es so schwer, ein solches Experiment anzugehen? Man müsste auf der Oberstraße nicht mal viel investieren.

Hengst Grundsätzlich ist es in der Politik eben manchmal so, dass allein Sachargumente nicht zählen. Auch die Debatte um das ehemalige Kasernengelände in Forstwald ist nicht nur geprägt von Sachargumenten. Da spielen Grundeinstellungen eine Rolle. Manchmal sind Leute dagegen und suchen dann Argumente. Man kann in der Politik solche Bauchgefühle nicht einfach übergehen. Als in Uerdingen der Hochbunker am Markt abgerissen wurde, gab es auch Leute, die gesagt haben: Das könnt ihr doch nicht machen, das gehört für mich zum Stadtbild dazu.

Man kann immer wieder hören, dass Uerdingen ein Parkproblem hat. Zeichnen sich dort Lösungen ab?

Hengst Es gibt die Idee, auf dem Platz am Röttgen eine Tiefgarage mit zwei Parkpaletten und darüber Wohnungen zu bauen. Diese Kombination würde das Ganze bezahlbar machen. Dann hätte man direkt neben dem Zentrum eine ausreichende Zahl von Parkplätzen. Den Wochenmarkt würde man auf den historischen Marktplatz verlegen.

JENS VOSS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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