Konzert in Krefeld Fans aus ganz Europa wollten Dylan hören

Krefeld · Dylan hören - die rund 5000 Fans, die gestern Abend zum Konzert in den Königpalast gekommen waren, kamen aus der ganzen Region und aus halb Europa. Manche sind mit Dylan alt geworden, manche sind durch Vaters feierlich an den Sohn vererbte Plattensammlung zum Fan geworden. Ein Querschnitt.

Krefeld: Fans beim Bob Dylan-Konzert
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Fans beim Bob Dylan-Konzert in Krefeld

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Dylan hören - die rund 5000 Fans, die am Donnerstagabend zum Konzert in den Königpalast gekommen waren, kamen aus der ganzen Region und aus halb Europa. Manche sind mit Dylan alt geworden, manche sind durch Vaters feierlich an den Sohn vererbte Plattensammlung zum Fan geworden. Ein Querschnitt.

Bob Dylan ist 76 Jahre alt, tourt wie ein Besessener, als würde er ewig leben, und zieht immer noch Generationen in seinen Bann. Die Autokennzeichen am Donnerstag vor dem Königpalast sprachen eine klare Sprache: Fans aus halb Deutschland waren angereist. Dylan hat sich in die Ewigkeit des Musikhimmels eingesungen und - siehe Nobelpreis - auch in die Geschichte der Literatur.

Die Geschichten, die seine Fans erzählen, sind auch schön - schön für die Ewigkeit eines Menschenlebens: Der Krefelder Künstler Frät (59) zum Beispiel erzählt, wie er als Jugendlicher mit seiner damaligen Freundin nachts auf einem feuerroten Starflite-Mofa durch die Nacht gefahren ist und lauthals "Blowin' in the wind" gesungen hat. So etwas vergisst man nicht. Die Freundin von damals ging irgendwann - Dylan blieb.

Gleichwohl ist Dylan auch ein Generationenprojekt. Den Jugendlichen von heute sagt sein Name nicht unbedingt etwas. "Meine Schüler kennen ihn eher nicht", sagt etwa Eva Nolden. Sie ist Deutschlehrerin und gehört mit 37 Jahren zu Generation Nummer zwei nach der ersten Dylan-Generation, der diese zerquälte, unerhört echte, wie vom Schicksal gegerbte und zerschnitzte Stimme ganz Neues und uralt Gewusstes vom Leben erzählte. Sie ist mit ihrem Mann Frank (35) da; er wiederum ist als 14-Jähriger auf Dylan aufmerksam geworden. "Ich habe irgendjemanden auf einer Westerngitarre Blowin' in the wind spielen gehört, und das fand ich toll", erzählt er.

Er wurde darüber zum Plattensammler. "Ich hab sein ganzes Werk, alle Studioalben", sagt er, "und das wird auch gehört." Von Dylans Spätwerk ist er nicht sonderlich angetan. Als er nun die Chance hatte, Dylan zum ersten Mal live zu hören, hat er zugeschlagen. "Ich wohne um die Ecke, wir sind zu Fuß hier" sagt er.

Annelie und Stefan Michael aus Kempen wiederum sind keine Dylan-Fans, aber die Chance vor der Haustüre, ihn zu erleben, wollten sie nutzen: "Einfach mal Dylan sehen" - ein Weltstar, eine lebende Legende, auch ohne Fan zu sein vergisst man das nicht.

Schon eher Fan, wenn auch ein skeptischer, ist Wolfgang Wetzel aus Nettetal. "Ich will Vorurteile abbauen", sagte er, "der knödelt doch rum." Und berichtet, dass Dylan auf einer Tour mit Mark Knopfler, Leadgitarrist von Dire Straits, ausgebuht wurde. Stimmt: Auch hartgesottene Fans sagen, dass Dylan es mitunter fertigbringt, in manchen Konzerten sein eigenes Werk gnadenlos zu verhunzen. Ein echter Fan hingegen ist Wetzels Ehefrau Christa. "Er hat mich ein Leben lang begleitet", sagt sie und meint Dylan, nicht ihren Mann.

Ein echter Dylan-Fan ist auch Helga Schlickmann, mit 70 Jahren fast ein Altersgenosse des 76-jährigen Sängers. Sie hat Dylans Musik auf Jugendfestivals kennengelernt, wo Coverbands dessen Lieder gespielt haben. Auch in der Kopie haben sie Wucht entfaltet und bei Christa eine lebenslange Freundschaft begründet. Ihr Mann Horst ist seiner Frau zuliebe mitgekommen. Außerdem haben sich die Eheleute mit ihren Kindern verabredet, die aus Düsseldorf dazustoßen. Dylan als Familienfest.

Ben Tibo dürfte eine der weitesten Anreisen nach Krefeld gehabt haben. Der 28-Jährige ist eigens für das Konzert zwölf Stunden aus Alpe d'Huez mit dem Auto nach Krefeld gefahren. Der Ort nahe Grenoble ist eigentlich eher als legendäres Etappenziel der Tour de France denn für Musik bekannt. Tibo aber reist dem Musiker schon seit Jahren hinterher. "Ich habe jetzt schon 17 Konzerte von ihm gesehen", erzählt er in fast akzentfreiem Englisch. Darauf angesprochen, lacht er. "Vermutlich habe ich schon so viel Dylan gehört", erwidert der fröhliche Franzose, der nicht einmal ein Ticket hat. Und ihm fehlt auch das Geld, eines zu kaufen. Er steht am Eingang und hält ein Schild hoch, mit dem er andere Besucher, die ein Ticket übrighaben, bittet, ihn einfach mitzunehmen. "Bisher hat das immer geklappt", sagt er. "Und wenn nicht, habe ich viele nette Leute getroffen." Fan wurde er durch den Film "No direction home". "Ich habe ihn gesehen, die Bilder von Dylan, und etwas ist in mir passiert." Das ist zehn Jahre und die erwähnten 17 Konzerte her.

Julien Deper hat nicht ganz so eine weite Anreise. Er kommt aus der Nähe von Brüssel und besitzt auch eine Karte. Den 39-Jährigen als Dylan-Fan zu beschreiben ist wohl eine Untertreibung. "Ich habe bisher etwa 40 Konzerte von ihm gesehen", erzählt er. Er ist selbst Künstler. Neben einer Tätigkeit als Fotomodell verdient er sein Geld als Autor und hat in Belgien nach eigener Aussage gute Verkaufszahlen. Vordringlich schreibt er Gedichte. Natürlich auf Französisch. Sein erstes Konzert des US-Sängers besuchte er im Alter von 13 Jahren mit seinem Vater. Der war eigentlich Rolling-Stones-Fan. Den Sohn zog es eher zu Jimmy Hendrix, dem Blues und eben zu Dylan. Auch in Krefeld will er dabeisein, und es wird sicher nicht sein letztes Konzert sein.

Zum allerersten Mal sind dagegen Jasmin Jänicke und Maria Rödiger bei einem Dylan-Konzert. Sie sind beste Freundinnen und gemeinsam da. "Maria hat mir das Ticket geschenkt und ich freue mich wahnsinnig", erzählt die 27-Jährige Jänicke. Ihre 30 Jahre alte Freundin lächelt "Sie ist meine beste Freundin und hilft mir unglaublich viel. Ich bin alleinerziehend, und sie ist immer für mich und mein Kind da. Da wollte ich einfach mal danke sagen." Beide lieben Dylan seit frühesten Kindertagen. Ihre Mütter hörten die Musik rauf und runter, und das sei hängengeblieben, berichten sie unisono.

Die Anreise ist für beide nicht so weit. Wenn auch Jänicke aus dem Sauerland stammt, so wohnen doch beide in Krefeld. Ein Lieblingslied hat die Wahlkrefelderin nicht. "Die Stücke der frühen 90er finde ich insgesamt am besten. Aber eigentlich sollte die Frage eher lauten, ob mir ein Lied nicht gefällt", sagt sie.

Sie spielt die Stücke auch selbst auf der Gitarre. "Aber nur daheim für mich oder mal mit Freunden am See." Für Rödiger gibt es sehr wohl einen Favoriten: Blowin' in the wind. Die Vorfreude ist beiden anzumerken. Mit einem Musiker, der vor der Halle Gitarre spielt, stimmen sie sich schon einmal auf das Konzert ein.

(RP)
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