Krefeld Fischelner röntgen Schuhe für den Handel

Krefeld · Thomas Harmes, Dominic Köhler und Dominik Lessel haben die Mifitto GmbH gegründet, damit Schuhe und Textilien auf Anhieb passen. Der stationäre Handel spart Zeit für die Beratung und der Online-Handel Kosten für die Retouren

 Thomas Harmes (links) und Dominic Köhler haben große Handelsfirmen von ihrer Geschäftsidee der Mifitto GmbH überzeugt.

Thomas Harmes (links) und Dominic Köhler haben große Handelsfirmen von ihrer Geschäftsidee der Mifitto GmbH überzeugt.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Schlaflose Nächte liegen hinter Thomas Harmes und Dominic Köhler. Von ihrer Geschäftsidee überzeugt, setzten die beiden Fischelner vor vier Jahren quasi alles auf eine Karte, offenbarten sich dem Familienrat und kündigten ihre gut dotierten Jobs. Dann ging es daran, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Das Ziel der Unternehmung besteht darin, für Kunden beim Kauf von Schuhen und Textilien schnell und präzise die richtige Größe zu finden. "Davon profitieren sowohl der stationäre als auch der Online-Handel", erklärt Harmes, dessen Eltern bis zu ihrem Ruhestand ein Schuhgeschäft betrieben haben.

 Mifitto-Werbung auf Luftballon bei Sport Scheck in Köln.

Mifitto-Werbung auf Luftballon bei Sport Scheck in Köln.

Foto: TH

Das Geschäftspotenzial sei enorm. Jährlich geb es allein in Deutschland 250 Millionen Retouren. Das verursache dem Handel Kosten von durchschnittlich 15 Euro pro Rücksendung, Umweltbelastungen, Staus und Straßenschäden nicht mit eingerechnet, informiert Köhler. Und auch im stationären Fachhandel ließe sich die Zeit, die durch unnötiges Suchen nach der richtigen Größe vergehe, durch Kundenberatung besser nutzen, betont Harmes.

Mit dem IT-Spezialisten Dominik Lessel - ebenfalls aus Fischeln- war der dritte Mann schnell gefunden. In einem Büro am Ostwall startete das Trio von der Mifitto GmbH die ersten Versuche, Schuhe zu vermessen. Ein 40-Tonnen-Lastwagen blockierte die Fahrspur, um 1000 Paar Schuhe anzuliefern. "Wir haben die Außenmaße und die Wandstärken ermittelt und den Innenraum errechnet", erzählt Köhler. Die Methode versprach keinen Erfolg. Für 25000 Modelle in sechs Größen hätten wir zwei Jahre benötigt. Die Industrie hatte keine Lösung für das spezielle Problem parat. Da kamen die Krefelder auf die Idee, die Fraunhofer Gesellschaft um Hilfe zu bitten. Fraunhofer ist die größte Organisation für anwendungsorientierte Forschung in Europa.

Heute kann dieser Kontakt getrost als Glücksgriff bezeichnet werden. Die Experten bauten nicht nur einen weltweit einzigartigen Computertomographen für die Vermessung des Innenraums von Schuhen, sondern wollten sich darüber hinaus auch an der Firma der Krefelder beteiligen. "Wir wollten aber gar nicht so viel von unserer Firma abgeben", erklärt Harmes.

 Im stationären Handel wie hier bei Sport Scheck können spezielle Terminals die exakten Schuhgrößen ermitteln und Schuhe vorschlagen.

Im stationären Handel wie hier bei Sport Scheck können spezielle Terminals die exakten Schuhgrößen ermitteln und Schuhe vorschlagen.

Foto: TH

Man muss schon sehr von seiner Idee überzeugt sein, um bei einem solchen Angebot hart zu verhandeln, obwohl der Job gekündigt ist und die Banken zögern, die nötigen Geschäftskredite zu bewilligen. Harmes, Köhler und Lessel hatten die Nerven dazu. Heute ist Fraunhofer mit 20 Prozent an der Mifitto GmbH beteiligt, ist Technologie- und Finanzpartner gleichermaßen. An die Zukunft des Unternehmens glaubte übrigens auch die relativ kleine Volksbank in Viersen-Süchteln. Allein der besagte Computertomograph für die vollautomatische 3-D-Vermessung von 10.000 Schuhen am Tag verschlang einen siebenstelligen Betrag. Die Räumlichkeit ist mit einem sieben Tonnen schweren Bleimantel abgeschirmt.

Heute ist Mifitto ein großes Stück weiter. In Filialen wie Sport Scheck in München als größtem Sporthaus Europas stehen eine Art Fußscanner. Der Kunde stellt sich auf die Markierung und bekommt via Bildschirm Schuhe aus den gewünschten Segmenten angezeigt, die an seinem Fuß optimal passen. Für Ski-Schuhe ist das System noch mit einer Gewichtsmessung verbunden. Das Terminal ist mit der Warenwirtschaft des Geschäfts gekoppelt und gibt Auskunft über die Lieferbarkeit.

Für den Internethandel hat IT-Experte Lessel eine App und Software entwickelt, um die Angaben zu den Schuhgrößen mit Hilfe eines Fotos vom eigenen Fuß zu bekommen. Portale wie Tennis-Point, Melvin & Hamilton oder der Ebay-Tochter Brands For Friends nutzen die Mifitto-Software, um die je nach Modell, Schnitt und Firma unterschiedlichen Schuhgrößen anzuzeigen.

 Den Fuß auf ein weißes Blatt Papier stellen und fotografieren.

Den Fuß auf ein weißes Blatt Papier stellen und fotografieren.

Foto: TL

Inzwischen verfügt Mifitto über 600.000 Produktdaten. Und über Fotos von Schuhen, die erst noch in den Handel gelangen. "Wir bekommen die Schuhe für die neue Saison vorab von den Herstellern", berichtet Harmes - der Handel sei auch am Kauf der 3-D-Fotos für die Herstellung von Werbeprospekten oder Onlineportalen stark interessiert.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort