Krefeld Gartensaison - die Zeit des Streitschlichters

Krefeld · Mit steigenden Temperaturen startet das Sommerleben auf Balkonen, Terrassen und Grünflächen. Schiedsmann Röder ist gefordert.

"Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem lieben Nachbarn nicht gefällt", so heißt es in Friedrich Schillers Wilhelm Tell. Ein Ausspruch, den Heinz-Günther Röder bestätigen kann. Der Krefelder ist seit 24 Jahren ehrenamtlich als Schiedsmann tätig. Im vergangenen Jahr kam es zu 87 Kontaktaufnahmen von Seiten der Krefelder Bürger betreffend Nachbarschaftsstreitereien, wobei daraus 21 Fälle entstanden sind. 19 davon konnte der Schiedsmann und ausgebildete Mediator lösen. Bei zwei Fällen hingegen tauchten die dazu geladenen Personen erst gar nicht auf.

Wer die Hilfe einer Schiedsperson sucht, erhält kein Urteil, bei dem es einen Sieger und einen Verlierer gibt. Bei den Schiedspersonen kommt es zu einem Vergleich, bei dem keiner verliert. Vielmehr können sich danach zwei Parteien wieder in die Augen schauen. "Wer ein Problem hat und sich durchringt, jemanden anderen zu fragen, der sollte ernst genommen werden. Ich nehme alle meine Klienten ernst und bleibe neutral, was allerdings nicht immer einfach ist", bemerkt Röder. Die Problematiken wechseln mit den Jahreszeiten. Die Art der Schiedsfälle sei daran gekoppelt, weiß der Diplomverwaltungswirt aus Erfahrung. Jede Jahreszeit bringt ihre persönlichen Probleme mit sich, wobei insbesondere Frühjahr und Sommer zu vermehrten Anfragen bei Röder führen. Wenn die Menschen sich aufgrund des entsprechenden Wetters mehr draußen aufhalten und dort quasi ein stückweit gelebt wird, sind die Zwischenfälle programmiert. Das reicht vom zu lauten Nachbarn über quakende Frösche im Teich bis hin zum Grillen.

Letzteres ist ein sehr beliebtes Streitthema, zumal hier keine generelle Klausel vorliegt und dementsprechend viel gestritten wird. Vor Gerichten kommt es zu Einzelfallurteilen, die weit voneinander abweichen. Ein Grundrecht aufs Grillen gibt es nicht, aber genauso wenig existiert ein absolutes Verbot. Bei solchen Fällen ist es Röder immer wichtig, dass geschaut wird, in welcher Form und wie stark ist ein Nachbar belastet. "Es gibt die verschiedensten Lösungsansätze. Wie wird gegrillt, mit was wird gearbeitet und wie weit steht ein Grill von der Grenze entfernt", sagt Röder. Stellschrauben, an denen problemlos gedreht werden kann und die zu Lösungen führen.

Frühjahr und Sommer fördern aber auch Problem wie zu hohe Hecken, stinkende Komposthaufen, über Grenzen wachsende Äste, zu laute Musik, Rasenmähen zu Unzeiten sowie zu nah an Grundstücksgrenzen gepflanzte Bäume und Sträucher zu Tage. Wenn der Sommer vorbei ist, sorgen im Herbst die heruntergefallenen Blätter vom Nachbarbaum unter anderem für weiteren Diskussionsstoff.

"Rücksicht ist das Zauberwort", betont der Schiedsmann. "Wer Rücksicht nimmt, Respekt vor anderen Menschen hat und Toleranz zeigt, braucht eigentlich keinen Schiedsmann. Dazu kommt die Kommunikation. Das Reden miteinander, wenn doch ein Problem auftauchen sollte, haben aber anscheinend viele Menschen verlernt. Anders ist die Zahl von fast einer Million verfeindeter Nachbarn nicht zu erklären. Denn so viele sind es durchschnittlich, die jährlich bundesweit vor Gericht ziehen."

(RP)
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