Krefeld Gisela Langen - mit 85 Europameisterin

Krefeld · Die Gartenstädterin hat die ganze Welt bereist und bei internationalen Meisterschaften Titel und Medaillen eingeheimst. Die Mutter von drei Söhnen siegte gerade im finnischen Tampere bei den Europameisterschaften im Tischtennis.

 Gisela Langen vor ihren zahlreichen Auszeichnungen. In der Hand hält sie ihre beiden aktuell erworbenen Medaillen aus Finnland.

Gisela Langen vor ihren zahlreichen Auszeichnungen. In der Hand hält sie ihre beiden aktuell erworbenen Medaillen aus Finnland.

Foto: Thomas Lammertz

Gisela Langen ist die vermutlich erfolgreichste Krefelder Sportlerin aller Zeiten. Zumindest ist sie mit 85 Jahren die älteste Athletin, die sich Weltmeisterin, dreifache Europameisterin und zigfache Deutsche Meisterin nennen darf. Die Inhaberin von Dutzenden Medaillen aus dem In -und Ausland ist in dieser Konstellation wahrscheinlich auch weit über die Stadtgrenzen hinaus einzigartig.

"Durch den Sport habe ich die ganze Welt bereist. Ich war in China, Brasilien, Japan, Kanada, Neuseeland, Australien, Skandinavien und in den meisten Ländern Europas", berichtet die gebürtige Sächsin. Gerade erst ist sie aus Tampere in Finnland mit Edelmetall im Gepäck zurückgekehrt. Bei den Europameisterschaften dort gewann sie mit ihrer Partnerin aus Belgien im Doppel und unterlag im Finale des Einzelwettbewerbs.

Der sportliche Ehrgeiz treibt die kleine und schlanke Frau immer noch an. Darüber hinaus legt sie großen Wert auf die persönlichen Kontakte mit den Kontrahentinnen aus aller Herren Länder und die geselligen Runden nach den Wettkämpfen. In Tampere hat es ihr besonders die Wertschätzung der Veranstalter angetan. "Das war die schönste Siegerehrung, die ich je erlebt habe", erzählt sie. Zur Nationalhymne holten Hostessen in Landestracht die siegreichen Sportler aus den Stuhlreihen auf die Bühne, um ihnen in einem festlichen Akt die Medaillen um den Hals zu hängen. "Das war toll", sagt die im Januar 85 Jahre alt gewordene Gartenstädterin, die ein Loblied auf ihre drei Söhne Klaus, Frank und Dietmar singt. Nachdem ihr Mann schon früh gestorben war, kümmerte sie sich um die drei alleine. Die danken es ihr heute und reisen mit ihr zu den internationalen Titelkämpfen in zum Teil ferne Länder. "Ohne deren Hilfe ging das gar nicht", erklärt sie.

Dabei verfügt die zierliche Person über eine enorme Energie, die selbst die Krefelder Ärzteschaft in Erstaunen versetzt. Nur wenige Tage nach einer Meniskusoperation stand sie an der Tischtennisplatte und dominierte bei den Deutschen Meisterschaften ihre Gegnerinnen. Am Ende holte sie die Goldmedaille und verblüffte damit ihren Operateur. "Der hat mich herzlich umarmt und gesagt, ,das haben wir beide ja toll hinbekommen'."

Kraft und Durchhaltevermögen haben sie schon im jugendlichen Alter ausgezeichnet. 1948 verließ sie ihre sächsische Heimat und reiste unter abenteuerlichen Bedingungen nach München, wo ihr Bruder in Kriegsgefangenschaft war. Der arbeitete unter anderem bei einem Bauern und vermittelte ihr dort eine Unterkunft. Sie half in einem Lebensmittelgeschäft mit Familienanschluss jeden Tag bis spät in den Abend. Nachdem der Bruder aus der Gefangenschaft entlassen war, fand er Arbeit in Homberg in einer Zeche. Gisela Langen wechselte mit an den Rhein, fand schnell eine Beschäftigung und entdeckte einen Aushang in einer Gaststätte: Tischtennisspieler gesucht.

Für die damals 21-Jährige war dies ein Schlüsselerlebnis. Sie ging zum Training, das in einem Tanzsaal stattfand und begeisterte sich immer mehr für den schnellen Sport mit dem kleinen weißen Zelluloidball. Ihre erste Urkunde weist sie als Stadtmeisterin von Homberg aus. Dort lernte sie auch ihren Mann, den Vater ihrer Kinder, kennen. Der Chemielaborant wechselte von der Zeche zu den Bayer-Werken in Uerdingen.

Seitdem wohnt Gisela Langen in Krefeld und spielt Tischtennis für den SC Bayer Uerdingen, für den sie im Alter von 78 Jahren noch ein Spiel in der Zweiten Bundesliga bestritten hat. "Ich gehe noch regelmäßig zum Training. Ich spiele auch mit den Männern von der Betriebsmannschaft der Stadtwerke Krefeld", berichtet sie und hofft, noch lange gesund und fit zu bleiben, um weiterhin den Sport betreiben zu dürfen, dem sie so viele tolle Erlebnisse zu verdanken hat.

(RP)
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