Krefeld Haushalt - die Stunde der Opposition

Krefeld · Einigkeit bei den Großen, Protest bei den Kleinen: Der Haushalt für 2016 ist gestern im Rat erwartungsgemäß von SPD, CDU und Grünen verabschiedet worden. Vor allem die FDP übernahm die Rolle der Opposition

 Stadtkämmerer Ulrich Cyprian

Stadtkämmerer Ulrich Cyprian

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Wo sonst verbissene Reden gehalten wurden, herrschte gestern eine Knappheit bei den Wortbeiträgen, die CDU-Fraktionschef Philibert Reuters lobend an die Adresse von SPD-Fraktionschef Benedikt Winzen sagen ließ: "Das war erfrischend kurz; die SPD hat sonst die dreifache Zeit gebraucht." Das war's auch schon an Zwietracht; ansonsten wurde zwischen den drei den Haushalt tragenden Fraktionen SPD, CDU und Grüne so viel gelobt und für gute Gespräche gedankt, dass Spötter bei den Zuschauern irgendwann raunten: "Im Krefelder Rat ist der Weltfrieden ausgebrochen."

Im Ernst: Der neue Frieden markiert im Vergleich zu vergangenen Haushaltsschlachten einen Wandel in der Gesprächskultur im Rat. Dass diese Zusammenarbeit mindestens in der CDU zu Spannungen geführt hat, machte Reuters deutlich: Es habe Stimmen gegeben, die für eine Fundamentalopposition gegen SPD und Grüne waren - die Wunden des Wahlkampfes sind eben noch nicht verheilt. Er sei froh, dass es anders gekommen sei, betonte Reuters, "es ist wichtig, dass wir an die Bürger denken und nicht an die eigenen Emotionen".

 Planungsdezernent Martin Linne

Planungsdezernent Martin Linne

Foto: Königs, Bastian (bkö)

Auffällig war auch die neue Bescheidenheit der Haushaltsfraktionen: Keine vollmundigen Versprechen, Krefeld in eine glänzende Zukunft zu führen. Betont wurde, dass man realistisch bleibe und ständig nachbessern müsse. Winzen sprach von einem guten Tag für die Stadt und dem Ziel, nicht mehr in den Nothaushalt zu rutschen. Reuters sagte, der Haushalt sei nicht der große Wurf, bringe aber die Stadt "wieder ein Stück weiter"; Grünen-Sprecherin Heidi Matthias nannte den Haushalt "solide". Auch die Aufstockung der Stellen im Baubereich rechtfertige Reuters behutsam im Ton: Ziel sei es, die Zahl der entwickelten Bebauungspläne von sieben auf zehn bis zwölf pro Jahr anzuheben und die Rechnungslegung zu beschleunigen - heute seien die Schlussabrechnungen teils sieben Jahr hinter Plan. Damit fehlt der Stadt Geld, das ihr zusteht.

Naturgemäß schalteten die Gruppen im Rat auf Attacke, die nicht zur Haushaltskoalition gehören. Die längste, ambitionierteste Rede hielt FDP-Fraktionschef Joachim Heitmann. Seine Skepsis in den "Haushalt der Hintertürchen", wie er ihn nannte, garnierte er mit Angriffen: Planungsdezernent Martin Linne nannte er "selbstherrlich," Kämmerer Ulrich Cyprian warf er vor, "eine von Detailinformationen ungetrübte Fröhlichkeit" über den Haushalt zu verbreiten, und Oberbürgermeister Frank Meyer bescheinigte der FDP-Mann, durch ein "Machtvakuum" an der Spitze Rahmen und Raum für die Selbstherrlichkeit von Dezernenten zu schaffen.

 Oberbürgermeister Frank Meyer

Oberbürgermeister Frank Meyer

Foto: ""

Die zuvor zelebrierte Zurückhaltung der Großen bei den Zukunftserwartungen münzte Heitmann in einen massiven Angriff auf Meyer um: Der habe früher als schulpolitischer Sprecher der SPD keine Gelegenheit versäumt, den riesigen Investitionsbedarf an Krefelds Schulen anzuprangern - davon sei im ersten Haushalt, den Meyer als Oberbürgermeister zu verantworten habe, nichts mehr übriggeblieben. Stattdessen lasse sich Meyer nun für Leuchtturmprojekte wie das für knapp 20 Millionen Euro sanierte Kaiser-Wilhelm-Museum feiern.

Skeptisch zeigte Heitmann sich über den Plan, Aufgaben der Stadtverwaltung in einer neuen Anstalt des öffentlichen Rechts zu bündeln und so effizienter zu machen. Jeder Ansatz in diese Richtung sei in der Vergangenheit vor allem am Widerstand von SPD und Grünen gescheitert, betonte er. Man spürte: Heitmann glaubt nicht, dass Verwaltung und Haushaltsmehrheit auf dem Weg zu einem - auch von der FDP gewollten - schlanken "Konzern Stadt" auch nur einen Millimeter weiterkommen.

Für die Fraktion "Die Linke" nannte Stephan Hagemes den Haushalt unsozial; für die UWG beklagte Andreas Drabben, dass die UWG-Angebote zur Zusammenarbeit unbeantwortet blieben - und Ratsherr Claus-Dieter Preuß nannte es eine "Frechheit", den Haushaltsentwurf der Großen erst 24 Stunden vor der Sitzung erhalten zu haben.

(RP)
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