Krefeld Heimliche Kapelle auf der Burg

Krefeld · Historiker haben den Verdacht bestätigt: Die Linner Burg hat zwei Kapellen. Im 12. Jahrhundert war ein Raum neben dem oberen Rittersaal der sakrale Ort. Die heutige Kapelle ist erst nach 1300 entstanden.

 Blick in die ehemalige Kapelle neben dem oberen Rittersaal – aufgenommen mit spezieller

Blick in die ehemalige Kapelle neben dem oberen Rittersaal – aufgenommen mit spezieller

Foto: Dort, wo sich jetzt der zugemauerte Kamin befindet, gab es im 12. Jahrhundert ein weiteres Spitzbogenfenster. Für die Historiker ein Indiz, dass der Raum sakral genutzt wurde. RP-FOTOS (2): Bastian Königs

Die Burg Linn birgt noch Geheimnisse. Das jüngste, das sie preisgegeben hat: Die Kapelle neben dem unteren Rittersaal war nicht immer der Ort für die religiösen Angelegenheiten der Burgherren. Es hat eine zweite gegeben. Bis zum 14. Jahrhundert war die Kapelle genau über der bisher bekannten.

"Die Vermutung hegten wir schon lange", sagt Museumsleiter Christoph Reichmann. Als die internationale Burgenvereinigung Chateau Gaillard im vergangenen Jahr zur Tagung auf Burg Linn residierte, haben die Experten Reichmanns Verdacht bestätigt.

Das Zimmerchen neben dem oberen Saal kennen die Krefelder als "Kemenate", als Kaminzimmer und Wohnraum. "Aus museumspädagogischer Sicht war es naheliegend: Denn der Raum liegt direkt neben dem Rittersaal. Allerdings hat Albert Steeger niemals von einer Kemenate geredet", sagt Reichmann.

Steeger (1885-1958), der 1934 die systematischen Grabungen auf dem römischen Gräberfeld in Gellep begann, hat von 1945 an das Museum geleitet. Dafür, dass dieser Raum einmal eine andere Funktion gehabt haben muss, spricht der Kamin. "Der ist in späteren Jahrhunderten eingebaut worden, der Raum war also ursprünglich unbeheizt", sagt Reichmann. Dahinter verbarg sich ein zugemauertes Spitzbogenfenster.

Mit der Zeit summierten sich die Indizien: Spitzbögige Fenster sind für Wehrbauten des 13. Jahrhunderts ungewöhnlich. Das zweite Fenster im Westturm hat ebenfalls einen Spitzbogen, das dritte ist zerstört gewesen. Beim Wiederaufbau hat es eine rechteckige Form erhalten.

An der Wand befindet sich eine Piscina, ein kleines Wasserbecken mit Abfluss, wie es die Kirchen des Mittelalters hatten. Außerdem hat die Untersuchung der äußeren Ringmauer gezeigt, dass hier im unteren Bereich Tuffstein verarbeitet worden ist. "Der Bereich ist beim 1. Bauabschnitt entstanden", erklärt der Museumschef. Um 1195 war zuerst der Westturm entstanden.

Damals war das Bauen mit Backstein noch so neu, dass hier die gebrannten Lehmsteine gemischt wurden mit Natursteinen wie Tuff und Flussgerölle. "Daraus schließen wir, dass dort auch das Tor gewesen muss. Und eine Kapelle war immer in der Nähe des Burgtors", sagt Reichmann.

Den Beweis können Experten nur mit umfangreichen Grabungen liefern. "Ohne Not wird man das sicher nicht tun", meint Reichmann — auch mit Blick auf die Kosten. "Aber von kleineren Arbeiten wissen wir, dass der Boden dort im 17. Jahrhundert stark aufgeschüttet worden ist." Das versteckte Tor ist noch ein Geheimnis, das zumindest vorerst nicht gelüftet wird.

(RP)
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