Krefeld Helmuth Macke - das verkannte Genie

Krefeld · Der Krefelder Maler Helmuth Macke genoss schon zu Lebzeiten großes Ansehen seiner später zu Weltruhm gelangenden Künstlerkollegen. Wassily Kandinsky, Franz Marc, Lyonel Feininger, Paul Klee und viele mehr trauten dem großen Talent einiges zu. Der durchaus schwierige Charakter, der immer im Schatten seines Vetters August Macke stand, bekommt jetzt, 80 Jahre nach seinem tragischen Tod durch Ertrinken im Bodensee, eine breite Aufmerksamkeit. Fünf Museen stellen eine große Werkschau von ihm aus.

 Helmuth Mackes Aquarell, Gouache auf Papier, Kommode mit Tulpenstrauß, Handschuh und Bild mit Pierrot und Tänzerin wird auf 1933 bis 1936 datiert.

Helmuth Mackes Aquarell, Gouache auf Papier, Kommode mit Tulpenstrauß, Handschuh und Bild mit Pierrot und Tänzerin wird auf 1933 bis 1936 datiert.

Foto: Katalog Helmuth Macke/Wienand Verlag

Helmuth Macke hat ein intensives, rastloses und kurzes Leben geführt. Einige Eckpunkte seiner Biografie sind dem kunstinteressierten Publikum vor allem wegen der Dramatik bekannt. So ertrank der Krefelder 1936 unter ungeklärten Umständen im Bodensee. Auch seine Rolle als der zeitlebens im Schatten seines Vetters August Macke stehende Maler wird gerne erzählt.

Der Katalog zur Ausstellung "Helmuth Macke im Dialog mit seinen expressionistischen Künstlerfreunden", der anlässlich einer Wanderausstellung durch fünf deutsche Museen erschienen ist, liefert viel Stoff über die anderen Seiten des Krefelders. Er konzentriert den Blick auf die Meinung später weltberühmt werdender Kollegen über den tragischen Helden, der sich im Ersten Weltkrieg aufrieb und den Zweiten Weltkrieg glücklicherweise nicht mehr erleben musste.

 1911 auf Wassily Kandinskys Terrasse: Cuno Amiet, Kandinsky, Helmuth Macke, Campendonk, Moillet, Anna Amiet und August Macke

1911 auf Wassily Kandinskys Terrasse: Cuno Amiet, Kandinsky, Helmuth Macke, Campendonk, Moillet, Anna Amiet und August Macke

Foto: Katalog Helmuth Macke/wienand Verlag

Sensibel wie der galante Frauenheld nun einmal war, hatte er feine Antennen für die unselige Entwicklung, die sich auch in seiner Heimatstadt anbahnte. Helmuth Macke, der zu den Krefeldern Heinrich Campendonk und Heinrich Nauen enge Kontakte pflegte, verschlug es an den Bodensee. Nach einer Ehekrise führte er dort mit seiner Frau eine Pension in einer Alten Mühle, die er selbst auf Vordermann gebracht hatte. Als die Nazis in Düsseldorf an der Kunstakademie ihren Einfluss geltend machten, reisten immer öfter Kollegen und Verantwortliche in den Süden - darunter zum Beispiel Ewald Mataré, der später als Lehrer von Joseph Beuys eine wichtige Rolle spielen sollte, und Karl Schmidt-Rottluff.

Helmuth Macke war aktiv dabei, als Kunstgeschichte geschrieben wurde. Franz Marc - einer der herausragenden Kräfte des Blauen Reiters - war ebenso wie sein Vetter August einer der besten Freunde des Krefelders. Beide starben auf dem Schlachtfeld, auf dem auch Helmuth Macke zweimal verwundet wurde. Er erlebte die Grausamkeiten der menschenverachtenden Kriegsmaschinerie hautnah mit. Den Witwen der beiden Künstlerfreunde blieb er zeitlebens in großer Vertrautheit und Zuneigung verbunden. Helmuth Macke war stets von Geldsorgen geplagt. Gleichwohl redet er niemand nach dem Mund, legt sich mit ihm wohlgesonnenen Künstlern und Mäzenen an. Die aber verloren nie den Glauben an das große Talent. Kuratoren und Verwaltungskräfte organisierten aus Überzeugung Ankäufe unter anderem für das Städel-Museum in Frankfurt am Main.

 Die Geschwister Erich, Mathilde und Helmuth mit den Eltern in den 1920er Jahren in Krefeld.

Die Geschwister Erich, Mathilde und Helmuth mit den Eltern in den 1920er Jahren in Krefeld.

Foto: Katalog Helmuth Macke/Wienand Verlag

Die Stationen aus Mackes Leben aufzuzählen ist mühsam. Er reiste stets hin und her, heute hier und morgen dort. Und immer wieder kam er nach Krefeld zurück, ins Oerbroich in das Atelier von Heinrich Nauen, an die Luisenstraße ins Haus seiner Eltern, an den Ostwall in sein Atelier. München, Berlin, Rom, Bonn, Ascona, Mazedonien, Bodensee, Düsseldorf - Helmuth Macke fühlte sich überall und nirgends heimisch. Er schwankte zwischen Lethargie und Arbeitswut. Meist mit hohem Anspruch an sich selbst. Viele Bilder hielten dem eigenen Urteil nicht stand, wanderten ins Feuer. Andere wurde Opfer der Nazi-Säuberungswelle Entartete Kunst und der Bombenangriffe. Ein großer Teil seines Nachlasses wurde in einer Bombennacht 1943 in Krefeld zerstört. In einem vom Kunstmuseum Ahlen in Westfalen initiierten Kooperationsprojekt erinnern fünf deutsche Museen anlässlich seines 80. Todestages an Helmuth Macke. Die Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz steht am Anfang und legt den inhaltlichen Schwerpunkt ihrer Ausstellung auf die Jahre 1933 bis 1936, in denen der Künstler am Bodensee lebte. Dabei werden nicht nur neue, bisher nicht bekannte Erkenntnisse zu Mackes Leben und Schaffen in jener Zeit präsentiert, sondern auch sein Spätwerk erstmals grundlegend analysiert und gewürdigt.

Die Ausstellung im Museum Wessenberg in Konstanz dauert noch bis zum 15. Januar 2017.

(sti)
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