Krefeld "Hitlerjunge Salomon" spricht über Erlösung

Krefeld · Salomon Perel ist bekanntgeworden mit seiner Autobiografie, die auch unter dem Titel "Hitlerjunge Salomon" verfilmt wurde. Der 90-Jährige ist einer der letzten Holocaust-Überlebenden. Jetzt war er zu Gast im Fabritianum. Ein bewegender Abend.

 Salomon Perel (90) sprach mit Jugendlichen im Gymnasium Fabritianum. "Ihr habt an den Verbrechen von damals keine Schuld. Aber das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung. Es darf kein Vergessen geben, damit es keine Wiederholung gibt", sagte er.

Salomon Perel (90) sprach mit Jugendlichen im Gymnasium Fabritianum. "Ihr habt an den Verbrechen von damals keine Schuld. Aber das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung. Es darf kein Vergessen geben, damit es keine Wiederholung gibt", sagte er.

Foto: Lothar Strücken

Einen der letzten Holocaust-Überlebenden begrüßte das Gymnasium Fabritianum im Rahmen seiner Projekttage "Das Gut Mensch und Auschwitz". Salomon Perel, bekannt geworden als "Hitlerjunge Salomon" und mittlerweile 90 Jahre alt, war extra aus Israel angereist und sprach in der "Uerdinger Halle" des Berufskollegs vor gut 700 Schülern, Eltern und weiteren Gästen.

Perel, 1925 in Peine geboren, geriet in einem schicksalhaften Augenblick während des Krieges vor die Wahl, als Jude auf der Stelle erschossen zu werden oder sich - "Wenn die Wahrheit Dich töten will, dann lüge!" - zu retten in die dreiste Behauptung, er sei "Volksdeutscher". Er folgte dem letzten Auftrag seiner Mutter "Du sollst leben!" und fand sich wenig später, 16 Jahre alt und eingestuft als "klassischer Arier ostbaltischer Rasse", in der Hitlerjugend wieder.

Dass die Juden Ausgeburten des Satans seien, glaubte der Rabbinersohn den Nazis zwar nicht, grundsätzlich aber klang die pseudowissenschaftliche Verbrämung der Rassenlehre auch für ihn so überzeugend, dass er sie weitgehend verinnerlichte und auch im Übrigen deutsch genug zu fühlen begann, um den Untergang der 6. Armee vor Stalingrad zu betrauern. Nach Kriegsende brauchte Salomon Perel vier Jahrzehnte, erzählte er, ehe er sich dem Umstand, dass er mehrere Jahre lang sowohl den Opfern als auch den Tätern angehört hatte, vollumfänglich stellen konnte. Und bis heute, so gestand er offen, sei diese Schizophrenie in ihm wach. So beeindruckend wie seine Biografie waren die Rüstigkeit des Mannes und die Festigkeit seiner Haltung. "Ich komme nicht, um Euch ein schlechtes Gewissen zu machen", sagte er den Jugendlichen. "Ihr habt an den Verbrechen von damals keine Schuld. Aber das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung. Es darf kein Vergessen geben, damit es keine Wiederholung gibt. Und als einer der letzten Zeugen von damals mache ich Euch zu neuen Zeitzeugen, denn Ihr habt jetzt die Wahrheit noch von einem gehört, der sie miterlebt hat."

Und diese Botschaft kam an bei den jungen Leuten, denn Perel erzählte so aufrichtig und plastisch von jenem Moment der rettenden Lüge und von der Formbarkeit und Verführbarkeit, die er als Jugendlicher selbst erlebt hatte, dass ein starkes Gefühl gegenseitigen Angenommenseins entstand. Und genauso offen beantwortete er auch die vielen Fragen, die ihm gestellt wurden.

(RP)
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