Krefeld Holterhöfe: Das vergessene Mahnmal

Krefeld · Hinter einer Hecke in Holterhöfe befindet sich ein fast vergessenes und halb verfallenes Denkmal – dort liegen auch noch die Gebeine von zwei Erschossenen, die in den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges nur Brot holen wollten.

Das vergessene Mahnmal in Holterhöfe
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Das vergessene Mahnmal in Holterhöfe

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Hinter einer Hecke in Holterhöfe befindet sich ein fast vergessenes und halb verfallenes Denkmal — dort liegen auch noch die Gebeine von zwei Erschossenen, die in den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges nur Brot holen wollten.

Wer scharf durch die dichte Eibenhecke an der eingezäunten Ecke Zu den Tannen 31 in Holterhöfe lugt, kann noch das zerbröckelnde dreistufige Fundament eines Denkmals und eine modrige Blumenschale ausmachen.

Die fast vergessene Gedenkstätte erinnert an den Tod zweier Holterhöfer Bürger, Heinz Bläser und Paul Ulbricht, die in den letzten Tagen des 2. Weltkriegs ums Leben kamen, sowie an weitere 23 Holterhöfer Kriegsgefallene und Ziviltote, die eine in einer Kupferkapsel eingeschlossene Pergamentrolle verzeichnet.

Die Siedlung Holterhöfe lag am frühen Morgen des 2. März 1945 unter Beschuss, als die beiden Männer sich auf den Weg zum Kirschenhof machten, um Brot zu besorgen. Auf dem Kirschenhof waren 25000 Wehrmachtsbrote eingelagert, die die Stadt Willich für die Siedlung freigegeben hatte, nachdem die dort einquartierte deutsche Trosseinheit das Weite gesucht hatte.

Als die Bläser und Ulbricht mit ihrer Brotladung zurück wollten, lag die Landstraße unter heftigem Beschuss. Daher suchten sie in den umliegenden Gärten Schutz. Am Nachmittag ließ das Feuer nach, und die Frauen begannen, nach ihren Männern zu suchen. Sie fanden sie mit Schläfendurchschüssen tot neben den Broten liegen.

Ob sie durch Streufeuer oder gezielt getötet wurden, konnte nicht ermittelt werden. Da es wegen der Kriegshandlungen keine andere Möglichkeit gab, mussten die Frauen ihre Männer im Garten des gegenüberliegenden Hauses Zu den Tannen 31 begraben. Dort liegen sie noch heute, die Grabstätte ist mit einem Pavillon aus Holz markiert.

Das Mahnmal wurde am 8. November 1959 in einer feierlichen Zeremonie eingeweiht. Jährlich ehrte in den Jahren danach der Bürgerverein Holterhöfe seine Toten durch eine Kranzniederlegung.

Doch das in schlichten roten Klinkern gehaltene Denkmal hinter der Hecke, das von einer Gruppe Holterhöfer finanziert und in Eigenarbeit gebaut worden war, nachdem die Eigentümerin des Hauses Zu den Tannen 31 ihre Einwilligung gegeben hatte, ist mittlerweile dem Verfall preisgegeben.

Nachdem die beiden Witwen der getöteten Nachbarn Bläser und Ulbricht verstorben waren und die Erben an der Pflege des Denkmals kein Interesse hatten, wurde Ende der 70er Jahre auf Drängen des neuen Grundstücksbesitzers, der in der Installation eher eine Last sah, die den Wert seines Grundstücks minderte, ein neuer Standort für das Denkmal eingetragen.

Die außen am Mahnmal angebrachte Kupferrolle und die Gedenktafel mit der Aufschrift "Euer Opfer - unsere Verpflichtung" kam ins Krefelder Stadtarchiv. Auch die Dokumente über das Schicksal von Heinz Bläser und Paul Ulbricht werden dort aufbewahrt. Doch 68 Jahre nach seinem Ende scheint die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg zu verblassen.

(oes)
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