Chempark-Leiter Lars Friedrich "Ich bin kein Nostalgiker"

Krefeld · Rheinblick, globaler Wettbewerb, Rückblick auf den Fußball und Bayer Uerdingen: Wir sprachen mit dem neuen Chempark-Leiter Lars Friedrich über Facetten der für Krefeld eminent wichtigen Frage: Wie geht es dem Chempark?

 "Es gibt aber durchaus eine emotionale Lücke": Der neue Chemparkleiter Lars Friedrich im RP-Gespräch zum Thema Traditionsverlust. Der Chempark-Standort Uerdingen steht für gut 7000 Beschäftigte und rund 40 Firmen. Die Kaufkraft, die dort über Löhne und Gehälter ausgezahlt wird, beläuft sich auf 200 Millionen Euro jährlich.

"Es gibt aber durchaus eine emotionale Lücke": Der neue Chemparkleiter Lars Friedrich im RP-Gespräch zum Thema Traditionsverlust. Der Chempark-Standort Uerdingen steht für gut 7000 Beschäftigte und rund 40 Firmen. Die Kaufkraft, die dort über Löhne und Gehälter ausgezahlt wird, beläuft sich auf 200 Millionen Euro jährlich.

Foto: Thomas Lammertz

Es scheint in der Industrie so ungewöhnlich nicht zu sein, dass Eigengewächse in Führungspositionen wachsen. Es gibt ja auch die These, dass Chefs immer von außen kommen müssen, wenn sie etwas bewegen wollen.

Friedrich Bei einem Posten wie dem Chempark-Leiter, der eine stark lokale Aufgabe hat, kann es Vorteile haben, wenn man die Region und die Menschen kennt.

Und wie geht es dem Chempark?

Friedrich Gut. Krefeld hat zwar mit dem Weggang von Bayer samt Bayerkreuz Tradition verloren, aber der Standort ist gesund und so stark wie früher. Er schrumpft nicht, das ist erfreulich und mit Blick auf den globalen Wettbewerb nicht selbstverständlich.

Das ewige Thema Rheinblick - gibt es etwas Neues? Die letzten Nachrichten sprachen von einem Durchbruch.

Friedrich Es gab vernünftige gute Gespräche mit der Stadt. Die Akzeptanz, dass da aus städtischer Sicht etwas passieren muss, ist da. Dass das Gelände nicht so bleiben kann, wie es daliegt, versteht jeder, der dort mal entlanggefahren ist. Nichtsdestotrotz muss man nun den neuen Bebauungsplan abwarten und dann sauber in die Bewertung gehen. Auch Krefeld hat nichts davon, wenn es eine schöne Uerdinger Meile gewinnt, dafür aber einen industriellen Arbeitgeber im Hintergrund hat, der nicht mehr richtig produzieren oder sich entwickeln kann. Es gilt, gemeinsam diesen Widerspruch aufzulösen. Momentan sehen wir es abwartend, denn es sind noch wichtige Punkte ungelöst.

Als Durchbruch gilt, dass ein Hotel quasi als Pufferzone zum Wohnbereich hin installiert werden soll.

Friedrich Darüber kann man in der Tat nachdenken. Dennoch müssen wir den Bebauungsplan abwarten. Ich glaube, die Stadt Krefeld macht ihre Hausaufgaben in der richtigen Reihenfolge. Erst muss der Hochwasserschutz geklärt werden, danach die anderen Dinge.

Gibt es Herausforderungen, die Sie im Auge haben?

Friedrich Wichtig ist, dass der Chempark Freiraum behält, Stichwort Produktion, Hafen und Verlademöglichkeiten. Das ist wichtig für künftige Investitionsentscheidungen. Die Akzeptanz der Industrie in unserer Nachbarschaft ist ein Wert, den wir weiter hochhalten. Auch das ist wichtig, wenn man einen Standort in den nächsten Jahrzehnten sichern will.

Haben Sie das Gefühl, dass die Initiative Zukunft durch Industrie Früchte trägt, was die Akzeptanz der Bevölkerung angeht? Oder muss man weiter dicke Bretter bohren?

Friedrich Ich würde sagen: Man muss immer dicke Bretter bohren. Dieser Prozess ist nicht irgendwann abgeschlossen. Wir werden dauerhaft den Dialog suchen und um Zustimmung werben.

Das Thema Sicherheit treibt die Leute um.

Friedrich Ja. Es gab ja auch Ereignisse, aber das Erfreuliche ist, dass die Zahl doch sehr übersichtlich ist. Ich will das nicht kleinreden, aber wenn man schaut, wie oft wirklich etwas Größeres passiert, dann ist das doch selten. Und in einem solchen Fall macht unser gesamter Bereich Sicherheit einen hervorragenden Job. Wir sind gut gerüstet, die Zusammenarbeit mit der Berufsfeuerwehr und der Stadt Krefeld ist hervorragend; wir sind in der Lage, bei solchen Ereignissen angemessen und schnell zu reagieren.

Bei Ihnen siedelt der niederländische Schwerlastlogistiker Mammoet an. Ein Logistiker ist neu im Portfolio von Currenta.

Friedrich Ja, wir haben genügend freie Fläche und wollen sie vermarkten. Und der neue weiße Ritter, der ganz neue Chemiebetrieb, ist zurzeit nicht in Sicht. Wir werben um ihn, aber alle anderen eben auch. Es ist durchaus selten, dass zum Beispiel ein großer asiatischer Konzern nach Deutschland kommt. Warum das so ist, darüber sollte man nachdenken.

Sie spielen auf die Rahmenbedingungen im internationalen Wettbewerb an. Wo steht Currenta im nationalen und internationalen Vergleich?

Friedrich Die Genehmigungslaufzeiten sind in NRW im Vergleich zu anderen Bundesländern länger. Hier sind wir in Gesprächen, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Und Deutschland ist beim Thema Energiepolitik für Investoren nicht berechenbar.

Schon ihr Vorvorgänger Dresely hat diese Unsicherheit beklagt.

Friedrich Ja, da hat sich nichts geändert. Großinvestitionen planen in Zeiträumen von zehn, 15, 20 Jahren; diesen Langfristhorizont haben wir leider verloren. Niemand kann einem Investor heute sagen, wo beispielsweise die Energiekosten hingehen.

Die Industrie protestiert gegen den Zwang des grünen NRW-Umweltministers Remmel, Baupläne ins Internet stellen zu müssen. Wie sehen Sie das?

Friedrich Bei allem berechtigen Interesse von Nachbarn an Transparenz ist doch die Frage, ob man solche Pläne weltweit zugänglich macht oder ob es nicht reicht, Anwohnern saubere Einsichtnahme in Pläne zu ermöglichen, aber mit der Bitte, das nicht zu fotografieren und zu veröffentlichen.

Was treibt Sie dabei mehr um: der Sicherheits- oder der Wettbewerbsaspekt?

Friedrich Beides gleichermaßen. Natürlich offenbaren Sie weltweit Konkurrenten Einsicht in ihre Pläne, und natürlich erhöht eine solche Veröffentlichung ohne Not das Risiko, dass Dritte Schwachstellen suchen könnten, um die Sicherheit zu gefährden. Wir fühlen uns dabei mit unseren Interessen als deutsche Industrie nicht wirklich wahrgenommen.

Welche Rolle spielt für Sie eine gewisse Bayer-Nostalgie; ich denke da an den Fußballverein Bayer Uerdingen. Bayer war ein guter, sicherer Arbeitgeber; über den Fußball war auch eine emotionale Identifikation da. Heute steht der Chempark eher für ein anonymes Konstrukt mit Lanxess und Covestro.

Friedrich Ich bin kein Nostalgiker. Bei den Stichworten Arbeitsplätze, Kaufkraft, Wohlergehen hat sich nichts geändert, der Schritt in die neue Zeit ist gelungen. Es gibt aber durchaus eine emotionale Lücke. Das sehe ich, und es mein Bestreben, sie ein bisschen zu füllen; das ist sicher auch ein Ziel von Covestro und Lanxess. Man darf aber sagen: Auf der reinen Sachebene hat sich nichts Substanzielles geändert.

NORBERT STIRKEN UND JENS VOSS FÜHRTEN DAS GESPRÄCH

(RP)
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