Krefeld Integration durch Gartenarbeit

Krefeld · In Hüls arbeiten die Flüchtlinge mit anderen Bürgern gemeinsam in einem Garten, was der Integration sehr hilft. Auch Unternehmen, wie eine Gärtnerei, die Obstbäume spendete, beteiligen sich.

 Direkt an der Haltestelle des Schluffs in Hüls befindet sich das Gelände, das von Alteingesessenen und Neubürgern gemeinsam beackert wird - ein Projekt gelebter Integration.

Direkt an der Haltestelle des Schluffs in Hüls befindet sich das Gelände, das von Alteingesessenen und Neubürgern gemeinsam beackert wird - ein Projekt gelebter Integration.

Foto: Sven Schalljo

Mit Macht sprießen die ersten Knospen. Im Hülser Begegnungsgarten kehrt das Frühjahr ein. Nach den eisigen Temperaturen des langen Winters erwacht die Natur zum Leben. Und mit ihr auch der Garten, den Menschen verschiedener Nationen betreuen. Lange Zeit passierte wenig. Selbst gespendete Obstbäume konnten ob des Frosts nicht gepflanzt werden. Das aber soll sich nun ändern.

Dann kommen die Gärtner zusammen und bauen nicht nur allerlei Dinge an, vor allem knüpfen sie Freundschaften und lernen sich kennen. Diese soziale Einbindung ist der vielleicht wichtigste Faktor zur Integration der Menschen, die neu ins Land kamen. Noch mehr als Sprache, Beruf oder Bildung brauchen die Neuankömmlinge eine soziale Anbindung. Das ist auch die Kernbotschaft, die der ehemalige Flüchtlingskoordinator der Stadt, Hansgeorg Rehbein mit Leidenschaft vertrat. Zumal die enge persönliche Bindung und die folgende Anwendung der Deutschen Sprache auch beim Spracherwerb sehr helfe.

Deshalb entschieden sich vor rund einem Jahr Bürger in Hüls, gemeinsam mit geflüchteten Menschen einen Garten zu bewirtschaften. "Viele dieser Menschen haben in ihrer Heimat Gemüse angebaut und kennen sich gut aus. Ihr Wissen hier anwenden zu können, macht ihnen viel Spaß", sagt Initiatorin Dorothee Engers. Doch sie betont auch: "Es ist kein Flüchtlings-, sondern ein Begegnungsgarten. Jeder ist willkommen, auch wenn er nicht mitarbeiten kann."

Ein von einem Gönner zur Verfügung gestellter Bauwagen bietet Unterschlupf und Raum, Gartengeräte und dergleichen zu lagern. Kürzlich kam auch ein Schuppen hinzu. Im vergangenen Jahr begann das Projekt mitten im Ortskern von Hüls auf einem Gelände der SWK. Dieses wurde nun verkauft, weshalb der Garten umziehen musste. Zwischen Aldi und Wasserturm, direkt an der Haltestelle des Schluffs, fand sich ein neuer Ort. Das große Freigelände soll bald auch eine Kindertagesstätte beherbergen. Ein Teil wird für den Garten vorbehalten. So können die Kinder auch mitgärtnern und lernen, zu pflanzen und zu ernten.

Im Zentrum des Projekts steht aber die Integration von Flüchtlingen in das Leben und die Gemeinschaft der Hülser. Einmal die Woche treffen sich die Gärtner Deutscher Herkunft mit den neuen Bürgern aus Syrien, Albanien oder anderen Nationen. Fünf Familien sind regelmäßig bei den Treffen dabei. Darunter auch die von Reabal Aldib. Der Zahnarzt aus Syrien ist von Anfang an dabei. "Es gefällt mir, im Team zu arbeiten und Menschen kennen zu lernen. Es ist ein Treffpunkt für uns und ich mag es auch, die Natur zu bewahren und finde es schön, wenn es grün ist", sagt er in bereits gutem Deutsch. Auch über das Gärtnern hinaus haben sich Freundschaften entwickelt. Karl Heussen vom Koordinierungskreis Hüls Hilft ist Taufpate eines Iraners und betreut andere Familien. Das aber beruht auf Gegenseitigkeit. "Unlängst wurde meine Frau operiert. Am nächsten Tag stand eine Familie geschlossen vor unserer Tür und hat uns fertiges Essen gebracht. Das war ein sehr schönes Gefühl", erzählt er. Doch er berichtet auch von Problemen, mit denen er konfrontiert wird. Denn oft sind bürokratische Hürden hoch. "Wir haben eine Familie subsidiär Schutzberechtigter. Sie müssen Unterlagen beibringen, die sie nur in der Botschaft in Berlin bekommen. Und alle müssen dort persönlich erscheinen. Die Botschaft hat nur vormittags geöffnet, das heißt mindestens eine Übernachtung ist dabei. Fahrt, Übernachtung und Gebühren für sechs Personen, wie soll das gehen? Wovon soll eine Flüchtlingsfamilie das bezahlen?", fragt er.

Dann packen alle wieder mit an. Büsche müssen beseitigt, Beete angelegt und nun, da es wärmer ist, allerlei Gemüse gepflanzt werden. Die Erträge sollen später verteilt werden. Alle sind mit Feuereifer bei der Sache. Das Projekt ist ein großer Erfolg und gelebte Integration. Und es zeigt: Wenn Menschen zusammenkommen, dann bauen sich Ängste und Vorurteile ab. Negative Erfahrungen mit den Neuankömmlingen hat jedenfalls keiner der Initiatoren zu berichten.

(RP)
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