Krefeld Jan Josef Liefers als nonchalanter Erzähler

Krefeld · Schlaksig, jungenhaft, aufrichtig: So erlebte das Publikum den Schauspieler in der Kulturfabrik. Als Sänger, Musiker und Geschichtenerzähler beeindruckte er das Publikum.

 Ganz in seinem Element und mit entwaffnender Aufrichtigkeit stellte sich Jan Josef Liefers in der Kufa als Musiker vor.

Ganz in seinem Element und mit entwaffnender Aufrichtigkeit stellte sich Jan Josef Liefers in der Kufa als Musiker vor.

Foto: Lothar strücken

Nein, das war ganz bestimmt nicht Karl-Friedrich Boerne, der da am Montag die Kufa rockte. Zwar freute sich Jan Josef Liefers über den Zuschauerrekord seines neusten Tatorts vom Vorabend, aber als Frontmann seiner Band "Radio Doria" erinnerte er mit seiner schlaksigen Körperhaltung eher an Udo Lindenberg, der einst die "Andrea Doria" besang.

"Die Freie Stimme der Schlaflosigkeit" heißt das neue Album, das Liefers präsentierte, und der Titelsong kam als stur durchgeschlagener Hau-drauf-Rock im Stile der frühen Rolling Stones. Doch schon der dritte Song klang ganz anders. "Wir sind Diebesgut, hab'n uns davongestohlen, hab'n unser Leben geplündert, wir sind verlor'ne Kinder" machte unverkennbare Anleihen bei Tina Turners Mega-Hit "Private Dancer". Der kuschelrockartige "Rückenwind" bot das einzige richtige Gitarren-Solo des Abends und naschte ein bisschen an "With A Little Help From My Friends", und auch Bob Marleys "No Woman No Cry" musste kurz vor Schluss eine Melodiezeile ausleihen. Die Band spielte solide aber unspektakulär, ihr Chef leistete als Sänger ordentliche Arbeit. Eine eigene musikalische Handschrift scheint Liefers bislang nicht entwickelt zu haben, aber Geschichten erzählen kann er - in seinen Liedern und wenn er mit dem Publikum spricht. Die Mathe-Textaufgabe von dem sterbenden Beduinen mit den drei Söhnen und den 17 Kamelen, die in der Schule anscheinend nicht mehr vorkommt, erfreute die Fans ebenso wie die Anekdote, dass er seine Sänger-Karriere in einem kleinen Vorort von Krefeld namens Bochum gestartet habe. Ganz nonchalant hielt er sein Publikum wie an Fäden in der Hand und missbrauchte diese Gabe nicht. Er hatte auch Ernsthaftes zu sagen und brachte es mit jungenhaft entwaffnender Aufrichtigkeit rüber.

Gitarrengott wäre sein erster Berufswunsch gewesen, gestand er, und dann stand er plötzlich ganz allein mit einem Five-string-Banjo in den Händen da und erzählte von den Eltern eines palästinensischen Selbstmordattentäters, die sich mit den jüdischen Eltern eines seiner jungen Opfer trafen, um gemeinsam zu ergründen, ob sie irgendeinen Sinn im Tod ihrer Kinder finden könnten.

Und dann sang Liefers mit seinem Banjo zu einer äußert passend gewählten und ganz unverändert gelassenen Melodie des amerikanischen Singer-Songwriters John Prine das Lied von den angebrachten Zweifeln an den hergebrachten Dogmen, die oftmals hilfreicher sein können als das sture Festhalten an dem, was man gelernt zu haben glaubt. Auch dafür erhielt er großen Beifall.

(RP)
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