Krefeld Josefsviertel - Krefelds "Prenzlauer Berg"

Krefeld · Den Stadtspaziergang der Krefelder Grünen führte diesmal Joachim Watzlawik - er führte durch sein Heimatviertel.

Das Josefsviertel in Krefeld
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Warum wohne ich gern hier?" Für die Beantwortung dieser Frage nahm sich der "überzeugte Innenstadtbewohner" Joachim Watzlawik zum Auftakt der Stadtspaziergänge fast drei Stunden Zeit. Es wurde eine Liebeserklärung an Menschen, Kneipen, Kultur und Kirche. Mehr als siebzig Bürger waren der Einladung gefolgt und ließen sich unter der Überschrift "Ein sonniges Leben im Schatten der Josefskirche" durch den 60-jährigen Krefelder vom Charme "seines" Viertels infizieren. "Es ist multikulti. Es ist asi. Es ist akademisch. Es ist künstlerisch", sagt Watzlawik.

1955 an der Königstraße "schräg gegenüber der Königsburg" geboren, lebt der Sozialpädagoge seit einigen Jahren An der Josefkirche. "Hier ist Leben, hier spielen die Kinder noch auf der Straße." Hier sei man sich sehr nahe, und man müsse die Menschen lieben, um das gut zu finden; denn "aneinander vorbei" komme man nicht. Das Leben in dem Viertel sei ein Miteinander, ein "kleines Prenzlauer Berg in Krefeld", von dem man hoffe, dass die Mieten nicht steigen.

Es herrsche eine "gute Mischung von Kneipenwelt, Sozialarbeit, und allem was man braucht". In seiner unmittelbaren Nachbarschaft zur rechten wohne ein namhafter Organist, an dessen wunderbarer Musik er gelegentlich durch ein geöffnetes Fenster teilhabe, und zu seiner linken drei Gemeindeschwestern, die ihn mit der Frage, ob er denn schon etwas gegessen habe, kurzerhand zu sich eingeladen hätten. "Und am Küchentisch mit drei Schwestern, da ist man schon im Himmel", findet Watzlawik.

Weit sind die Wege nicht, die die Stadtspaziergänger an diesem Nachmittag absolvieren. Dicht nebeneinander finden sich die Plätze, an denen sich Watzlawik gerne aufhält. Von der Corneliusstraße geht es zum Buschhüterhaus, Ecke Dreiköniginnen- und Steinstraße, wo seit einem Jahr der Verein "Kunst und Krefeld" seine Bleibe gefunden hat, und dessen Vorsitzender Christoph Tölke die Besucher kurzfristig Willkommen heißt.

Über den "Einzug der bildenden Kunst" seien alle Anlieger glücklich gewesen. Vorbei an einer kleinen Außengastronomie, ("Der Laden ist ein Lokal, das von Lebenskünstlern besucht wird, von denen man sich hin und wieder eine Scheibe davon abschneiden kann, wie man das Leben auch sehen kann") führt Watzlawik zur Tannenstraße. Hier wirbt er für sein seit dreißig Jahren bestehendes Stammlokal, ("Das Cafe", in dem schon Katja Riemann, Winnetous Schwester Nscho-tschi und Krefelds bekannter Kunstfälscher saßen").

Dann geht es ins Altenheim St. Josef: Zügig wird der Eingangsbereich durchquert. "Gehen Sie rein, die Tür steht immer offen", fordert Watzlawik seine Begleiter auf und führt sie unverhofft in eine Kapelle. Für Watzlawik nicht nur ein Ort der Besinnung, auch "kleine , feine Kulturveranstaltungen" könne er sich hier vorstellen. So lebendig der Stadtteil, so zügig geht es zurück zur Corneliusstraße in die Räume der "Bürgerinitiative rund um Sankt Josef". 1974 gegründet und, wie Watzlawik deutlich betont, unabhängig von der Kirche Sankt Josef.

Eine Zusammenarbeit habe die Kirche einfach versäumt. Aber die erfolgreichen Aktivitäten seien auch Beweis dafür "Vieles geht einfacher, wenn man autark bleibt". Neu gestalten, Visionen haben, Menschen mit Ideen, die gebe es hier. Ein "wichtiger Mann, ein Motor dieses Stadtteils" sei Jürgen Schram, Professor an der Hochschule Niederrhein und Aktivist der Bürgerinitiative. Und weil man gerade zufällig unter dessen mit ausgeblichener Greenpeace Fahne beflaggten Balkon steht, stimmt Watzlawik spontan mit seinen Begleitern (im Kanon) das Lied "Froh zu sein bedarf es wenig" an; und tatsächlich gelingt es, Schram mit einem "Bruder Jakob, schläfst du noch" schließlich auf den Balkon zu locken.

Vorletzte Etappe des Rundgangs ist die Josefkirche, laut Watzlawik ein Ort mit "enormer Bedeutung". Eine Kirche, in die nicht mehr investiert werde (zuletzt 2004), die aber über eine sehr gute Bausubstanz verfüge. Hier sehe er Möglichkeiten, "diesen spirituellen Raum" anders zu nutzen. "Damals hat man es versäumt, Viertel und Kirche zusammenzubringen", heute habe er an dieser Stelle das Bild eines "religions- und parteiübergreifenden Raumes vor sich, in dem Seelsorge bei täglich geöffneter Kirche erfolgt." Dass Watzlawik seinen Stadtteil liebt, ist offensichtlich. Er träumt davon, "dass wir mal mit einer Postkarte aufwarten können, auf der steht "Viele Grüße aus der Südstadt". Während die Karte noch Traum ist, ist die Gemeinschaft bei Watzlawik bereits gelebte Realität.

Woran man das merkt? Zum Abschluss des Rundganges durften sich siebzig Spaziergänger in seinem Haus bei Kaffee und Kuchen davon überzeugen, dass sein Leben neben der St. Josefkirche alles andere als schattig ist.

(RP)
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