Forschung Restauration beginnt Jüdische Grabsteine nach 80 Jahren zurück in Krefeld

Krefeld · 80 Jahre nach ihrem Verschwinden vom alten jüdischen Friedhof in Hüls kehren die Reste der Grabsteine auf einen jüdischen Friedhof zurück. Sie sollen nun restauriert und erforscht werden.

 Ein Fragment: Was das Blüten-Symbol bedeutet, soll geklärt und dokumentiert werden.

Ein Fragment: Was das Blüten-Symbol bedeutet, soll geklärt und dokumentiert werden.

Foto: gil

Es war kaum zu spüren, dass sich ein weiter geschichtlicher Bogen spannt, der das Böse und das Gute der deutschen Geschichte miteinander verbindet - aber er war da: Gestern wurden Überreste jüdischer Grabsteine, die in Hüls als Bauschutt verwendet und bis 1995 verschollen waren, zurück auf den neuen jüdischen Friedhof an der Straße Am Strathhof geschafft.

Sie stammen vom alten jüdischen Friedhof in Hüls, der bis 1890 von der jüdischen Gemeinde genutzt wurde. 1937 wurde das Grundstück auf Druck der Nazis an Privat verkauft. Die Grabsteine verschwanden und wurden als Bauschutt benutzt. Nun lagern zumindest einige von ihnen auf dem neuen Friedhof. "Unter der Leitung der Unteren Denkmalbehörde werden die Steine nun untersucht, dokumentiert und restauriert", berichtet Michael Gilad, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Krefeld.

 Michael Gilad mit Philip Klug vor den Grabstein-Fragmenten. Klug hat die ganze Geschichte ins Rollen gebracht.

Michael Gilad mit Philip Klug vor den Grabstein-Fragmenten. Klug hat die ganze Geschichte ins Rollen gebracht.

Foto: Jens Voss

Der neue jüdische Friedhof am Strathhof wurde 1891 eingerichtet, war 920 Quadratmeter groß und diente von 1894 bis 1950 als Begräbnisplatz; heute ist er Denkmal. Die Grabsteinreste, die dort gestern gelagert wurden, sind nur ein kleiner Teil der verschwundenen Steine. "Es müssen viel mehr sein, aber sie liegen in einiger Tiefe und müssten fachmännisch ausgegraben werden", sagt Philipp Klug.

Der 34-jährige angehende Architekt hat durch seine Recherchen die Geschichte der Steine wieder ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Anlass waren die Auseinandersetzungen um das Baugebiet Fette Henn - und die Befürchtung, dass der alte jüdische Friedhof überbaut werden soll. Soll er nicht. Klug aber wurde neugierig, begann zu lesen, zu fragen und zu forschen, bis er über einen Bekannten auf die Spur der Steine stieß: auf den Umstand, dass die jüdischen Grabsteine vermutlich noch während der Nazi-Zeit auf einem Privatgrundstück als Bauschutt verwendet wurde.

 Ankunft der Steine auf dem neuen jüdischen Friedhof in Hüls: Links Michael Gilad, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde, mit der Friedhofsleiterin der Stadt, Heike Blondin.

Ankunft der Steine auf dem neuen jüdischen Friedhof in Hüls: Links Michael Gilad, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde, mit der Friedhofsleiterin der Stadt, Heike Blondin.

Foto: T.L.

Die jetzigen Eigentümer dieses Grundstücks sind bereit zu einer Grabungsaktion auf ihrem Grund und Boden. Schon ein flüchtiger Blick auf die Grabsteine am Strathhof wie auf die Fragmente lässt erkennen, wie assimiliert die Juden jener Epoche waren. Jugendstil, Blumenornamentik, wie man sie auch von christlichen Grabsteinen kennt, die ganze Ästhetik dieser Gräberkultur spiegelt sich in den jüdischen Steinen wider. Viele jüdische Grabsteine jener Epoche waren mit einem Eisernen Kreuz versehen - Zeichen dafür, wie stolz sich jüdische Männer als deutsche Patrioten verstanden, die für Kaiser und Vaterland im Ersten Weltkrieg gekämpft haben. Es gibt immer auch Zusätze auf Hebräisch, wobei ein Element stets wiederkehrt, erläutert Gilad. Es ist ein Gebet und dokumentiert die Hoffnung auf Auferstehung, die Juden und Christen teilen: "Möge die Seele eingebunden sein im Bund des Lebens."

Michael Gilad wünscht sich, dass die Grabsteine, wenn sie denn erforscht, gereinigt und dokumentiert sind, auf der Fläche, wo früher der alte jüdische Friedhof war, einen würdigen Gedenkplatz bekommen.

(RP)
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