Krefeld Jung-Autorin zwischen Ehrlichkeit und Banalität

Krefeld · Ronja von Rönne stellte ihren Debütroman in der Mediothek vor - entwaffnend offen, sprachlich präzise, aber ohne Tiefgang.

 Ronja von Rönne zu Gast in der Mediothek.

Ronja von Rönne zu Gast in der Mediothek.

Foto: Mark Mocnik

Das tropische Klima machte auch vor der Mediothek nicht halt, als Ronja von Rönne dort beim Literarischen Sommer aus ihrem Erstling "Wir kommen" las.

Mit einer Frage zum buchstäblich vom Himmel gefallenen Erfolg der 24-jährigen Autorin eröffnete Maren Jungclaus vom Literaturbüro ihre Moderation, und die dreifache Studienabbrecherin von Rönne gestand mit entwaffnender Offenheit, dass der nur einem Riesenglück geschuldet sei. Ihr Tipp "für die drei jungen Leute, die heute da sind", lautete denn auch, nicht auf Ähnliches für sich selbst zu hoffen, sondern bei der Berufswahl realistisch zu bleiben. Während der ersten Passagen ihrer Lesung aus dem "fiktiven Tagebuch" samt ihrer Zwischenbemerkungen sammelte von Rönne denn auch durchaus den einen oder anderen Pluspunkt. Sätze wie "Eigentlich gehören nur Tage aufgeschrieben, an denen so viel passiert, dass man gar keine Zeit findet, sie aufzuschreiben" schienen Zeugnis abzulegen von einer sympathisch-burschikosen Distanz zu allen erdenklichen Torheiten unserer Zeit. Doch diese Täuschung hielt nicht lange vor.

Welches Thema sie auch immer anriss, es blieb beim kurzen Benennen und alsbaldigen Negieren desselben. Nichts schien ihr einer Betrachtung wert, niemals ließ sie Verbindlichkeit zu, jeden Ansatz warf sie sogleich wieder fort wie ein benutztes Tempotaschentuch. Lediglich eine rasselnde Kette nihilistischer Statements war zu hören, teils oberflächlich ironisch, teils nur unfreiwillig witzig. So auch die meisten ihrer späteren Tipps, zum Beispiel gegen Schüchternheit beim ersten Date. In ihrer sprachlichen Präzision und inhaltlichen Absurdität erinnerten sie an die Anweisungen einer großen Softwarefirma an ihre verzweifelten Nutzer vor knapp 20 Jahren. Zwar blieb der Faktor Ehrlichkeit auch in diesem Schwall von Banalitäten präsent, doch was nützt alle Ehrlichkeit, wenn man nichts zu sagen hat?

Dennoch: Mancher Vorwurf, dem die junge Frau zuletzt ausgesetzt war, ist schlicht falsch adressiert, hat sie das Buch - wie sie versicherte - doch vor allem geschrieben, weil sie den Verlagsvorschuss schon verbraten hatte und vertragsgerecht liefern musste. Angebrachter wäre die Frage, ob man den Entscheidungsträgern in den diversen Verlagshäusern, die den Hype um sie losgetreten haben, nicht eine Nachschulung spendieren sollte. Von Rönne selbst, so erzählte sie, hat inzwischen ihren Traumjob gefunden. Sie arbeitet als Kolumnistin für die Frauenzeitschrift "Glamour". Das mache mehr Spaß und werde besser bezahlt als das literarische Schreiben.

(RP)
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