Krefeld Nach Komasaufen: Alkoholverbot bei Kinderkarnevalszug?

Krefeld · Sich ins Koma saufende Jugendliche waren nicht mehr in den Griff zu bekommen. Zwei Jahre lang verzichteten die Verberger deshalb auf ihren Karnevalszug. Jetzt unternehmen sie einen neuen Anlauf - mit neuem Konzept.

 Szenarien aus der Vergangenheit: volltrunkene Jugendliche in Verberg.

Szenarien aus der Vergangenheit: volltrunkene Jugendliche in Verberg.

Foto: Thoma s Lammertz

Die Verberger Karnevalisten wagen einen neuen Anlauf: Am kommenden Donnerstag, 12. November, stellen Präsident Ralf Mühlenberg und Kollegen von der KG Verberg ihr Sicherheitskonzept den Behörden vor. Vom Ergebnis dieser Runde wird maßgeblich abhängen, welchen Aufwand der Veranstalter des Verberger Kinderkarnevalszugs im kommenden Jahr betreiben muss, um sich auf "ins Koma saufende Jugendliche"mit allen Konsequenzen einzustellen.

In der Sitzung der Bezirksvertretung Ost warb der Karnevalist jetzt um "moralische Unterstützung aus der Politik". Für den Verein ist die Fortsetzung der Brauchtumstradition eine Mammutaufgabe. Beim Versuch im vergangenen Jahr, auf der Galopprennbahn eine Alternativveranstaltung durchzuführen, habe die KG gleichsam vor den Auflagen kapituliert, berichtete Mühlenberg weiter. Weil zum ersten Mal an der Stelle ein Umzug hätte stattfinden sollen, wären sieben unterschiedliche Behörden zu beteiligen gewesen. Das hätte allein 2500 Euro nur für Gebühren an die Stadt gekostet, sagte der Präsident. "Ferner hätten wir ein Rettungsboot der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft für den Weiher im Stadtwald ordern müssen." Für ihn stelle sich die Frage, ob sein Verein als Organisator des Kinderkarnevalsumzugs in Verberg für die Sicherheit im gesamten Ort garantieren müsse.

Nach zweijähriger Pause hat die Karnevalsgesellschaft im Jahr ihres 60-jährigen Bestehens nun die Hoffnung, dass der Kinderkarnevalszug ohne Zwischenfälle ziehen kann. In der Vergangenheit waren zwischen 1200 und 1300 Jugendliche nach vorheriger Absprache in den sozialen Netzwerken an den Kreisverkehr Haus Ritte gekommen. Dort gab es nur ein Thema: Saufen. Etwa 20 Jungen und Mädchen tranken bis zur Bewusstlosigkeit, mussten notärztlich versorgt werden. Rund weitere 50 Jugendliche waren auffällig und benötigten Hilfe. In zahlreichen Fällen verständigte das Jugendamt die Eltern, damit sie sich um ihre alkoholisierten Kinder kümmern konnten. Die fielen dann aus allen Wolken, obwohl sie zum Teil ihren Nachwuchs selbst mit einem Bollerwagen voll alkoholischer Getränke losgeschickt hatten, berichtete Mühlenberg.

Der Präsident ging in der Sitzung der Bezirksvertretung im Bockumer Rathaus ans Eingemachte der KG Verberg. Er hielt mit keiner Information zurück und schilderte präzise und sachlich die Konsequenzen, die sich aus den Ereignissen der zurückliegenden Jahre ergeben. So müsse die KG rund 13.000 Euro aufwenden, um ihren eineinhalbstündigen Kinderkarnevalszug durchzuführen. Das sei "finanziell kaum noch zu stemmen". Auf eigene Kosten müssten neben Polizei und Kommunalem Ordnungsdienst rund 30 geschulte Sicherheitskräfte eines professionellen Unternehmens, Rettungstransportwagen und Notärzte engagiert werden. Mühlenberg betonte, dass Aggression und Gewalt unter den Zuschauern, die aus weitem Umkreis bis in die Niederlande anreisten, bislang kein Problem darstellten. "Bis heute ist nichts Schlimmes passiert." Allerdings sei er selbst schon Zielscheibe auf der Bühne und im Narrenschiff (Zugwagen) gewesen. Leere Wodkaflaschen und volle Bierpullen seien ihm um die Ohren geflogen, hätten ihn knapp verfehlt. "Sonst hätte es übel ausgesehen", bemerkte er. Enttäuscht bilanzierte Mühlenberg, dass der Verberger Kinderkarnevalszug in der öffentlichen Wahrnehmung und sogar überregional geradezu automatisch mit Komasaufen und Alkoholmissbrauch in Verbindung gebracht werde. Dabei passiere während des gesamten Umzugs nichts Negatives. Der Knackpunkt sei ausschließlich das Zusammentreffen von mehr als 1200 Jungen und Mädchen am Kreisverkehr, die es zu kontrollieren gelte. Die KG Verberg habe schon fast alles versucht, habe zum Beispiel eine Bühne mit Musik und Rahmenprogramm auf dem Parkplatz von Haus Ritte organisiert.

Nach aller Erfahrung sei der bewährte Zugweg ohne Alternative. Für die Rettungsfahrzeuge müssten schnelle An- und Abfahrten eingeplant werden. Im Thomashaus werde eine Rettungsstelle mit einer kleinen Intensivstation eingerichtet. Darüber hinaus wollen die Organisatoren diesmal mit der Barmer GEK zusammenarbeiten. Die Kasse habe beste Kontakte zu Schulen und arbeite präventiv in Sachen Alkoholmissbrauch. Der Jubiläumsumzug solle unter dem Arbeitstitel "Kinderkarneval ohne Alkohol" stattfinden, kündigte Mühlenberg an. Das gelte auch für die Erwachsenen. Die sollten auf ihr Bierchen am Wegesrand verzichten. Für dieses Ansinnen werde die KG in der Nachbarschaft werben.

(RP)
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